Ängste einer Mutter #Elternalltag

Mit der Geburt des eigenen Kindes ändert sich so viel! Das ganze Leben krempelt sich um, die Prioritäten ändern sich und vor allem man selber ändert sich. Vielleicht nicht von heute auf morgen, aber über die ersten Monate oder Jahre definitiv. Ob es so wie ich jeder selber merkt? Und woran merkt man das? Und wenn das Muttersein mit so vielen Ängsten und Veränderungen verbunden ist, warum dann überhaupt Kinder haben? Diese Existenzkrise hatte ich im Jahr 2022 schon zwei Mal. Angefangen mit dem Krieg in Europa. Die Bilder von Flüchtlingen, Müttern mit Kindern, die sich vor Bomben schützen müssen, während die Väter/Männer in den Krieg ziehen? In was für einer Welt leben wir? Der kürzlich vorgefallene schreckliche Amoklauf eines Jugendlichen in einer Grundschule in Texas hat mir für kurze Zeit den Boden unter den Füßen weggerissen. In was für einer Welt leben wir? Ich habe das Gefühl, als Mutter noch heftiger auf solche Nachrichten zu reagieren. Und das hat nicht mit der Nähe zum Geschehen zu tun. Ich habe nach diesen Vorfällen in Frage gestellt, ob ich denn überhaupt noch mehr Kinder haben möchte? Ob ich jemals meine Kinder ohne Angst in den USA in der Schule abgeben kann? In Deutschland sahen die Ängste noch anders aus, sie waren aber da. Ob das jemals aufhört?

Meine Mama sagt…

…nein. Meine Mama sagt, das hört niemals auf. Ich bin 31 Jahre alt, trotzdem war es für meine Mama bzw. für meine Eltern schwer, mich in die USA gehen zu sehen, Abschied zu nehmen und nicht zu wissen, wann man sich wieder sieht. Manchmal, wenn ich bei meinem wöchentlichen Telefonat mit meiner Mama darüber spreche, wie ich versuche, die Tage rum zu kriegen, wie ich mich an vielen Abenden nicht gut genug für meine Kinder fühle, wie schwer es ist, alleine hier zu sein, erzählt sie ähnliche Geschichten über ihre Zeit, als sie als junge Mutter in eine fremde Gegend gezogen ist und niemanden kannte, die Familie weit weg. Ich bin also nicht alleine. Aber ist es nicht erstaunlich, dass die Ängste nie verschwinden sonder sich nur ändern? Meine Kids sind 2 und 4 Jahre alt. Bisher bestehen die Sorgen noch aus Unachtsamkeit der Kinder, plötzlich über die Straße laufen, sich auf dem Spielplatz verletzen usw. Ich kann mir nicht vorstellen, wie schwer es sein wird, los zu lassen, irgendwann den Weg zur Schule nicht mehr mit zu gehen oder gar, so wie meine Mama es erlebt hat, Tschüss zu sagen und das eigene Kind ins Flugzeug steigen zu sehen. Irgendwann muss ich aber auch da durch.

Druck als Eltern

Neben den offensichtlichen Ängsten vor Verletzungen und solcher Dinge gibt es aber immer auch die unterschwelligen Sorgen. Mache ich alles richtig? Fördere ich mein Kind genug? Was wird aus meinem Kind? Wie erziehe ich es so, dass aus meinem Kind ein guter Mensch wird? Wird mein Kind mir erzählen, wenn es Probleme in der Schule gibt, wenn es vielleicht sogar gemobbt wird? Oder mindestens genauso schlimm, mobbt es andere Kinder? Wie gehe ich da vor? Man könnte natürlich alle möglichen Ratgeber lesen, sich ganz besondere Einrichtungen aussuchen, viel Geld zahlen, was weiß ich. Am Ende denke ich zählt es am meisten, ob wir unseren Kindern gerechte Eltern sind. Ein offenes Ohr, Stärken und Schwächen erkennen, fördern, helfen, wo wir aber wieder beim Thema wären, mache ich als Mutter alles richtig? Nils sagt immer, er ist der böse Cop, ich der gute. Aber sollen die Kinder einen bösen Cop als Vater haben? Erfahren die Kinder genug Liebe? Es ist oft schwierig, zu bedenken, auf welchem Entwicklungsstand die Kinder sind und ihnen Dinge nicht übel zu nehmen, die wir als selbstverständlich hin nehmen. Wenn man das aber immer im Hinterkopf behält und sich hinterfragt, ob das jetzt Absicht oder Unerfahrenheit war, kann man Situationen besser händeln. Aber bevor das jetzt hier zu einem Ratgeber wird, zumal ich mich absolut nicht in dieser Position sehe, komme ich noch ein leztztes Mal auf die großen Ängste zu sprechen, die mir hier in Amerika über den Weg laufen.

Waffen, Überfälle und Ignoranz

Massshootings2022

Ich habe in Deutschland nie über dieses Thema nachdenken müssen. Nie! Seit wir hier wohnen, lese ich wöchentlich über Schießereien in der Stadt. Und über all die Schießereien außerhalb der Stadt hört man schon gar nicht mehr. Das sind local news, mehr nicht. Nur über die Großen ist es wert, zu berichten. Es ist, glaube ich, wenigen bewusst, wie viele Schießereien in den USA wirklich stattfinden. Und seit Nils nun im ganzen Land unterwegs ist, um über aktuelle Dinge zu bereichten, eröffnet sich einem ein ganz neues Bild davon, wie wichtig dem durchschnittlichen Amerikaner seine Waffe ist. Und schon triggert eine neue Angst, dass Nils auf einer seiner Dienstreisen irgendwas passiert, und die Kinder ohne ihren Papa aufwachsen müssen, wir in einem fremden Land plötzlich alleine da stehen. Oder eben die aktuell größte aller Ängste, das eigene Kind in einer Schießerei zu verlieren. Ich denke nicht, dass das Land jemals aus diesen Ereignissen lernt und endlich neue Gesetze verfasst, die uns und unsere Kinder schützen. Dafür ist die Waffenlobby zu groß und mächtig und die Liebe zu Waffen und dem dahinter gedachten Schutz zu groß, auch wenn die Bewegungen gegen Waffen von Ereignis zu Ereignis größer wird und der Druck durch die sozialen Medien größer wird. Aber wenn selbst ein Ereignis wie das in Uvalde, Texas nicht zu einer Änderung führt, was dann?

Motivation

Bei all den genannten Ängsten kommt natürlich die Frage auf: Wozu denn das alles? Warum nicht wieder zurück nach Deutschland, eine große Sorge weniger? Tja, das kann man nicht ganz simpel zusammenfassen. Zum einen hat sich unser Lebensstandard erhöht. Nils verdient hier alleine mehr als wir zusammen in Deutschland verdient haben. Der Reiz des Neuen und Unbekannten spielt auch eine Rolle. Das Schulsystem ist definitiv anders, aber wie ich finde, etwas besser. Während man in Deutschland wenig variieren konnte innerhalb der Unterrichtsfächer, gibt es hier eine ganze Palette an Fächern, die es in Deutschland nicht gibt. Im Großen und Ganzen könnte man sagen, mit einem Leben hier in den USA können wir unseren Kindern mehr im Leben bieten als in Deutschland. Und das ist für uns ein ausschlag gebender Punkt. Ob diese Motivation irgendwann die Ängste in den Hintergrund drängt und man mit diesen Schlagzeilen in der Zeitung irgendwann leben kann, wer weiß. Viele andere Leute haben es ja bisher auch geschafft.

Annegret Hünerfürst

Geboren in der selben Woche, in der die erste Website online kam - gelernte Diätassistentin und Mutter von zwei Kindern

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Über Hünerfürst.de

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Geboren in der selben Woche, in der die erste Website online kam - gelernte Diätassistentin und Mutter von zwei Kindern

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