Berliner Teesalon – ein spezieller Teeladen

12. Juli 2022
5 Minuten Lesezeit
Melancholic Berlin

„Tee ist ein wunderbarer Weg mit Menschen in Kontakt zu treten.“ klingt es noch in meinen Ohren nach einem interessanten und belebenden Abend im Berliner Teesalon. Wie ich dazu kam dieses Teegeschäft für Spezialitäten feinster Auswahl zu betreten und ein Gespräch zu führen, werde ich im Folgenden schildern.

Wenn die Stimmung kippt

„Teetrinker sind offene Leute!“

(Kristine Maerz, 24.06.2022)

Gerade am Anfang kann das in Kontakt treten mit neuen Kollegen etwas holprig werden. Zum Glück fand ich schnell eine Kollegin mit einem ähnlichen Interesse für Tee. Weitere Themen folgten und man freundete sich recht schnell an. Dem vorigen Zitat wurden wir beide gerecht, wir öffneten uns einander ein Stück weit und tauschten uns über Erlebnisse aus. Dann irgendwann kam das Thema Tee noch einmal zur Sprache, denn die Cousine besagter Kollegin führt einen Teesalon in Berlin. Meine Interesse war geweckt und wir machten im Laufe der Monate einen Termin aus.

Doch dann kam der Tag, an dem ich zu besagtem Interview fahren wollte. Dieser begann mit aufgequollenen und blutunterlaufenen Augen. Die durchdringende, bleibende Müdigkeit und massive Unlust den Termin spät am Nachmittag wahrzunehmen machten es nicht leichter. Auf dem Weg dorthin, der sich stressiger als gedacht gestaltete, ließ mich dieses Gefühl nicht los, dass ich einfach nur nach Hause wollte. Und dann betrat ich das Geschäft.

Seicht gedimmtes Licht beleuchtete den hinteren Teil des Ladens, die Wände waren entweder mit großen silbrigen Teedosen oder Teekeramik, Schalen und Kännchen eindekoriert. Direkt links vom Eingang des Salons saßen, um einen Tisch mit vier kleinen Schalen und mehreren Gaiwanen bestückt, bereits meine Kollegin, ihr Lebenspartner und die Geschäftsführerin Frau Maerz. Der Stuck in dem Charlottenburger Teeladen wird von Mosaik-Glaslampen in warmem Gelb ausgeleuchtet, überall findet sich Holz in verschiedener Form und Farbe. Ein angenehmer Geruch bestehend aus Dutzenden Teesorten und den am Eingang liegenden Räucherstäbchen formt eine wohlige Melange der Ruhe. Es läuft keine Musik und mein Stress weicht mit jedem folgenden Schälchen Tee.

Begeisterung steckt an

Ich begann sofort nach der Eröffnung und der Geschichte des Teesalons zu fragen, um dann beim Schreiben dieses Artikels festzustellen, dass all dies bereits auf der Website steht. Schnell merke ich, dass die Geschäftsführerin Frau Maerz eine wache Person mit viel Freude für ihre Arbeit ist. Auf die Frage, welche Art von Kunden in den Laden am Stuttgarter Platz 15 gehen, antwortete sie mir, dass es ein gemischtes Publikum, wenn auch zunehmend jüngere Kunden seien. Allerdings macht sie auch schnell klar, dass dies ein Fachgeschäft ist, welches man nicht betritt, wenn man ein besonders billiges beziehungsweise beliebiges Schnäppchen haben möchte. Sicher, man kann dort auch den günstigen Gebrauchstee/Alltagstee bekommen, jedoch sind die Stammkunden hauptsächlich wegen der sonst nirgendwo verfügbaren Spezialitäten dort.

Als Geschäft haben sie sich auf die asiatischen und vornehmlich unaromatisierten Teesorten fokussiert. Darunter zählen solche Sorten wie Jasmine Dragon Pearl oder Earl Grey, trotz ihrer Aromatisierung nicht. Natürlich ist die Vielfalt und Auswahl der Teesorten im Laden überwältigend. Es reicht von einfachen und günstigen Teesorten, bis zu Premium-Tees, die schon bei 100g stolze 60€ kosten. Einige dieser bald zu besprechenden Tees sind die chinesischen „Da Hong Pao“ (ein auf Felsen gewachsener Tee), „Rougui“, „White Buds Gushu“ (Knospen von alten Teebäumen), „Bai Hao Yin Zhen“, „Kuding Cha“ (ein zu einem Stift gerolltes Blatt einer Stechpalme) und einen taiwanesischen „Gaba Oolong“ (sehr hoher Aminosäurenanteil).

Nichtsdestotrotz saß ich dann also am Tisch mit den Dreien. Immer wieder gab sie etwas Wasser in den kleinen goldverzierten Gaiwan und schenkte uns einen besonderen und erwähnenswerten Tee ein. Das Gespräch floß so dahin und ich merkte nicht, wie aufgehellt meine Stimmung auf einmal war. Mag es der belebende Tee gewesen sein. Vielleicht einfach die lebhafte Begeisterung der Geschäftsführerin Frau Maerz, die sie für ihre Arbeit und das Thema Tee austrahlte. Ich spürte, wie sich meine Lebensgeister wieder quicklebendig in mir regten.

Der Alltag eines Teehändlers

Vor einigen Jahren servierten Frau Maerz, ihre eine Mitarbeiterin und mit Hilfe ihres Mannes, noch Tee im Salon. Dies wirre Treiben im Geschäft schreckte aber wirkliche Kunden ab. Mittlerweile findet sich nur die beschriebene kleine Sitzgruppe in einer Ecke des Ladens und ein paar Stühle vor dem Eingang. Abgesehen davon, dass die Geschäftsführerin eh ständig auf ihrem Tresen einen neuen Tee auf- und abgießt, wird man auch in den Genuss einer Probe kommen können. Sie erzählte mir, dass im Geschäft auch wieder Verkostungen und Seminare zu Tee stattfänden.

Nun sind es tagein, tagaus nicht sehr viele Kunden, die den Laden betreten. Dennoch ist ein Trend zu erkennen, der das Klientel der Teetrinker verändern könnte. Tee gewinnt an Stellenwert in Deutschland, ja teilweise zu einer quasi-Religion überspitzt. Vor allem grüne und schwarze Sorten wachsen in ihren jährlichen Absätzen. 2019 trank „der Deutsche“ rund 68 Liter Tee (davon 40 Liter Kräuteraufgüsse und Monosorten-Tee), Tendenz steigend. Das Verhältnis von Schwarz zu Grün hat sich jedoch nicht geändert. Es ist und bleibt Schwarztee, im Besonderen die Sorte „Earl Grey“, die sich auch im Berliner Teesalon am häufigsten verkauft.

Gaiwan Tee Verkostung

Zwischen den Bestellungen und intensiven Kundenberatungen, findet Frau Maerz zudem auch ein wenig Zeit ihr Gitarrenspiel zu fördern. Sie bestellt ihre Tees übrigens bei über als 30 Großhändlern aller Regionen dieser Welt. Sie ließ verlauten, dass die verschiedenen Wege den Tee zuzubereiten in Fachkreisen geografische Zuschreibungen erfahren. Gießt man also eher häufig und heiß auf, so könnte man sich der „chinesischen Art“ nahe fühlen. Japanische Teezeremonien sind hingegen sehr viel dezidierter und minutiöser in ihrer Dosierung und der Beachtung von Temperatur und Ziehzeit. Ich für meinen Teil achte zumeist auf die Temperatur und die Menge des Tees. Bei den Zeiten geht mir manchmal etwas durch.

„Hätte ich nur mehr Geld, Platz und Zeit“

So eröffnete ich den Versuch, mich dafür zu rechtfertigen, warum ich mittlerweile vier Kyusu Teekannen aus Japan und einen Gaiwan aus China im Schrank stehen habe. Außerdem ist mein Teeschrank, mit teils noch vakuumverschweißten Bestellungen, mehr als voll. Ich bräuchte mich nicht beunruhigen, denn mit der Zeit kommen die Lieblingsstücke von ganz allein, versicherte mir die sympathische Geschäftsführerin.

Yixing Teekannen Berliner Teesalon

Und doch konnte ich meine Neugier nicht zügeln und nahm einige der Probiergrößen mit. Darunter sind nur zwei taiwanesische und ganze sechs chinesische Teesorten, die teilweise mehr als zehn Mal aufgegossen werden können. Einige dieser Proben sollen bald hier im Rahmen des Tee des Monats ihren Raum finden.

Der Besuch im Teesalon Berlin, inmitten eines kulinarisch lebendigen Viertels und direkt gegenüber des S-Bahnhofs Charlottenburg, lohnt sich auf jeden Fall. Sollte man sich mal begeistern lassen wollen, dann muss man mal zu Frau Maerz ins Geschäft. Dort lassen sich noch wahrhaftige Seltenheiten und Schätze aus der Welt des Tees kennenlernen. Der Berliner Teesalon bietet nebst der für vollzeit Arbeitende offen gesagt schwierigen Öffnungszeiten einen Onlineshop, in dem sich das Sortiment und einige detaillierte Beschreibung einer jeden Sorte finden lassen.

Doch am Ende bleibt nur eins zu sagen, dass sich in seinem Kern auf so viele Aspekte des Lebens übertragen lassen kann:

„Glaube nicht dem Teehändler, glaube dem Tee.“

(Kristine Maerz, 24.06.22)

Lars Hünerfürst

Minimalistisch und musikalischer Comic Enthusiast - lief zu Fuß von Berlin nach Paris.

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