
Der Splitter Verlag hat dieses Jahr eine neue 16-teilige Reihe zu veröffentlichen begonnen. Diese Werke wurden auf Grundlage des mehrfach preisgekrönten Science-Fiction Autors Cixin Liu zu eindrucksvollen Comics aufgearbeitet. Der Autor Christophe Bec und der Illustrator Stefano Raffaele haben die Kurzgeschichte „Die Wandernde Erde“ adaptiert und gestaltet. Sogar eine filmische Adaption hat dieses Werk bereits erhalten, zu sehen auf dem bekannten Streaminganbieter in Rot.
Die Handlung
Die Sonne wird explodieren und dabei alles im Umkreis von mehreren Millionen Kilometern zerstören. Die Menschheit will sich diesem Schicksal entziehen und entschloss, sich mithilfe von gigantischen Plasmaantrieben zu retten. Auf dem Cover dieses Hardcovers lässt sich so ein Antrieb bereits bewundern.
Man folgt einem Jungen, der sich, während er aufwächst, mit dem Schicksal der Erde mehr und mehr arrangieren muss. Er bereist gemeinsam mit seiner Klasse die verschiedensten Teile der Erde. So erfährt man als Leser:in ganz natürlich, was passieren soll und wie lange dieser Plan bereits besteht.
Innerhalb dieses Comics werden mehrere Jahrzehnte in einigen Zeitsprüngen erzählt. Dies immer sehr organisch und klar erkennbar anhand der physischen Entwicklung des Protagonisten.
Eine gute Geschichte kann nur selten ohne zwischenmenschliche Konflikte funktionieren. So finden sich auch in diesem Comic einige extrem spannende Beziehungen zum Protagonisten. Es scheint allerdings so, dass die Menschheit mit jedem Meter und jedem Jahr auf der Flucht vor der Sonne ebenso erkaltet.
Der Autor schafft es extrem eindrucksvoll, einen Spiegel der Gesellschaft zu präsentieren, der unter beschriebenen Bedingungen absolut logisch erscheint. Die Erde ist (mit nur sehr wenigen Ausnahmen) ein ausschließlich lebensfeindlicher Planet geworden. Riesige Wellen zerstören alles, Vulkane vernichten selbst die sich in Sicherheit wähnenden unterirdischen Städte und die Reise durch das All hält zudem noch weitere Katastrophen bereit.
Dies in Betracht gezogen, scheint die Art und Weise des Miteinanders nicht verwunderlich.
„Alte Bücher und Filme waren erstaunlich. Wie konnten die Menschen so viele Emotionen auf Dinge verwenden, die nicht überlebensnotwendig waren? Es ist schwer zu beschreiben, wie seltsam es ist, die Figuren aus Liebeskummer leiden zu sehen. Die Todesgefahr und der Fluchtinstinkt überschatten alles andere.“
„Die Wandernde Erde“; Splitter Verlag
Nebst solcher sagenhaft guten Erzählerboxen und Dialoge, ist dieses Buch reich an physikalischen Phänomenen. Diese werden allesamt im Glossar am Ende des Buchs in knappen Worten erklärt. Es wirkt dadurch faktisch fundiert und auf seine eigene Weise im Rahmen des Menschenmöglichen.
Der Stil
Die Illustrationen sind fantastisch! So wie das Setting dieser Geschichte nehmen die Zeichnungen Raffaeles einem ab und zu das Gefühl von Fiktion. Sie scheinen so ähnlich der bekannten Aufnahmen des Kosmos, dass es mehr wie eine in den Comic transformierte Abbildung der Realität scheint. Die Zeichnungen der Welt und ihrer Katastrophen fangen zudem eine fantastische Atmosphäre ein.
Die häufig doppelseitigen Panorama-Panels und Splashpages wirken in ihrer Perspektive, der Kolorierung und dem Grad an Details allesamt der Geschichte angebracht. Die darunter und draufliegenden Panels geben dem ganzen Comic einen interessanten Lesefluss, der durch die oftmals kreuzenden Sprechblasen eine fantastische Dynamik entwickelt.
Der Stil an sich ist ganz klar in seinen Outlines. Schraffuren und Oberflächenstrukturen finden sich seltener. Dafür wirken die Farben umso effektvoller. Umso detailreicher sind die zerstörten Städte, Landschaften und Maschinen, mit denen die Menschen leben müssen.
Ein definitiv nennenswertes Detail dieses Buches sind die zwei ausklappbaren Doppelseiten. Bei diesem bereits recht großen standardmäßigen Hardcover-Albumformat des Splitter Verlags wirken die Zeichnungen einfach bombastisch.