Der wohl berühmteste Orca

5. Februar 2025
4 Minuten Lesezeit

Ich bin wahrscheinlich nicht die Einzige, die Orcas toll findet oder gar eine kleine Obsession hat. Was für faszinierende Tiere! Viele Kinder der 90er haben wahrscheinlich irgendwann ihre Orca-Zeit erlebt, spätestens mit den Filmen Free Willy eins und zwei. Was uns damals als bester Freund und ach so wunderbare Beziehung zwischen Kind und Wal dargestellt wurde hat leider eine sehr dunkle Geschichte dahinter. Heute mögen viele Menschen wissen, dass Orcas und auch andere Tiere nicht in Becken gehalten werden sollten. Damals war mir das nicht bewusst. Und nach den Besucherzahlen der vielen Sea Worlds zu urteilen war ich damit nicht alleine. Heute gibt es zum Glück viele Dokus die Aufklären und auch Organisationen, die man unterstützen kann.

Alles fing damit an…

In meinem Fall fing alles erst kürzlich an, als wir im letzten Sommer in Washington State ganz oben im Norden eine Tour mit einem Boot gemacht haben, bei der wir Orcas in freier Natur bewundern konnten. Ich wollte eigentlich große Wale sehen, Buckelwale oder was auch immer grade so saisonal im Pazifik unterwegs ist. Die Orcas waren dann aber die einzigen Wale die wir gesehen haben. Nicht so schlimm, ich war direkt hin- und weg. Kurz darauf, als wir wieder zu Hause waren habe ich mir den Film Free Willy noch mal angeschaut. Unter anderem aber auch, weil wir in dem Ort Astoria, Oregon, wo vieles gedreht wurde, waren. Wer den Film nicht kennt, es handelt sich um ein obdachloses Kind, was von der Polizei geschnappt wird und die begangenen Taten, wie Grafitti im örtlichen Aquarium, wieder gut machen muss. Dabei freundet er sich mit einem Orca an, der dort im Pool lebt und zur Unterhaltung trainiert wird. Ruck zuck entsteht eine enge Freundschaft, es gibt Bösewichte, deren Ziel es ist viel Geld zu machen, am besten über Versicherungsbetrug, das Wohlbefinden des Tieres ist egal. Ein klassischer Spielfilm eben. Nachdem aber dieser Film durch die Kinos und zu Hause auf VHS lief, gab es die ersten Gegenstimmen zum Thema SeaWorld und der Haltung von Orcas und auch Delfinen in Pools zur reinen Unterhaltung der Menschen.

Keiko – The Untold Story

Was also ist passiert, als Free Willy abgedreht war? Diese Geschichte wird in der Doku Keiko – The untold Story erzählt. Keiko ist der Wal, der Willy im Film gespielt hat. Denn ganz im Gegensatz zum zweiten Teil des Filmes wurde im ersten noch ein echter Wal benutzt. Kein anderer Wal hat je solche Aufmerksamkeit erhalten wie Keiko zu seiner Zeit. Mit nur zwei Jahren wurde Keiko gefangen, um für die Unterhaltung der Menschen zu dienen. Ganze 14 Jahre war dieser Wal in Gefangenschaft. Nachdem dann Free Willy in den Kinos diese äußerst wichtige Frage aufgeworfen hat, warum lassen wir ihn nicht frei, gab es eine der größten Bewegungen zu damaliger Zeit, um diesen Wal wieder ins Freie zu bekommen. Denn besonders unter Kindern kam die Story, dass Willy ja gar nicht in Echt befreit wurde, gar nicht gut an. Menschen haben Geld eingesendet, es wurde protestiert, boykottiert und letztendlich gab es eine Organisation, die sich der Aufgabe angenommen hat.

Die Free Willy – Keiko Foundation wurde gegründet. Die Warner Brothers Studios haben nach unendlich vielen Anrufen und Briefen letztendlich die IMMP (International Marine Mammal Project) um Hilfe gebeten und diese Organisation hat dann wiederum die Foundation ins Leben gerufen. Mit Hilfe von Spenden aus ganz Amerika, überwiedeng über Schulkinder, wurde mit 7 Millionen Dollar eine Einrichtung im Meer gebaut, die Keiko erstmal für die nächsten zwei Jahre beherbergen sollte um wieder zur Gesunheit zu kommen. Damals war Keiko Eigentum des Vergnügungsparks Adventure Kingdom, wurde aber wegen viel Druck von der Öffentlichkeit an die Organisation gespendet. Am 8. Januar 1996 wurde dann Keiko, nach einem lezten Auftritt in Mexicos Sea World, mit einer weiteren großzügigen Spende von UPS (United Parcel Service) in Form eines Cargo Flugzeuges, nach Oregon geflogen. Am 9. September 1998 wurde Keiko dann, nachdem er an Gewicht zugenommen hat und seine Gesundheit sich deutlich verbessert hat, wieder mit Hilfe von einem gespendeten Cargo Flug von UPS ersteinmal nach Newport geflogen, von wo aus es in einem extra angefertigtem Tank mit Meerwasser und Eiswürfeln in einem Flugzeug der U.S. Air Force nach Island ging.

Von hier an gab es eine Tag zu Tag Mission, Keiko wieder an die Wildniss zu gewöhnen. Dazu gehörten Training und beaufsichtigte Schwimmsessions im offenen Meer und das Erlernen Fische zu jagen. Im Jahr 2002 wurde Keiko als frei erklärt, er hat die Bucht im August verlassen und ist einem Orca Pod gefolgt, wenn auch nicht integriert. Seine Reise wurde mit einem Tracker verfolgt und einen Monat später erreichte er die Küsten von Norwegen. Was dann aber passierte sorgte dafür, dass das isländische Team der Free Willy – Keiko Foundation nach Norwegen umsiedelte, denn Keiko suchte nach der Nähe von Menschen und hat sogar Kinder auf seinem Rücken reiten lassen. In den nächsten 15 Monaten ist das Team regelmäßig in einem Boot mit Keiko aufs Meer hinaus geschwommen um sein Verhalten zu untersuchen.

Das Ende der Geschichte

Keiko ist am 12. Dezember 2003 im Alter von 27 Jahren gestorben. In den letzten Wochen hat er sich überwiegend in einer Bucht in Norwegen aufgehalten, wo seine Versorger noch immer waren, war aber frei jederzeit raus zu schwimmen. Orcas werden in freier Wildbahn 50-60 Jahre alt, in Gefangenschaft aber nur maximal 30 Jahre alt. Grund für seinen Tod war eine Pneumonie, in seinen letzten Tagen hat er sogar Antibiotika erhalten, was aber leider nicht mehr ausgereicht hat.

Wenn man über das Projekt und die Erfolgsquote der Mission nachliest, findet man ein überwiegend negatives Ergebnis. Für viele scheint die Mission nicht gelungen zu sein, da sich Keiko nie an einen wilden Orca Pod angeschlossen hat, in seinen letzten Wochen nur noch spazieren geführt wurde und nicht mehr gejagt hat, sondern gefüttert wurde. Es wurde sehr viel Geld investiert, die ganze Akzion war super aufwendig und lang. Wahrscheinlich nutzen viele die ‚misslungene‘ Mission um heute noch Orcas in Gefangenschaft zu rechtfertigen. Keiko war sozusagen ein Pilotprojekt für alle in Gefangenschaft lebenden Orcas und ein Beweis, das Reintegration für nie wild gewesene Orcas nicht funktioniert.

Es werden zwar keine Orcas mehr in der Wildniss gefangen genommen (seit 1960), um zur menschlichen Unterhaltung in chlorierten Pools zu leben dafür aber werden sie aus der Gefangenschaft heraus gezüchtet. Noch heute leben mindestens 55 Orcas in Gefangenschaft, die meisten sind in den Betonbecken geboren worden, haben nie echtes Meerwasser gefühlt. Die meisten dieser Orcas leben in China, hier gab es einen Boom im Interesse an Orcas in Wassershows, bekanntlich ist es in China hinter einer Firewall schwer, echte Tatsachen zu lernen. Vielleicht ist die chinesische Population nicht im Klaren darüber, was hier eigentlich vor sich geht. Die bekanntesten Parks, SeaWorld, beherbergen ca. 18 Wale und trotz Geschehnissen, bei denen Trainer ums Leben gekommen sind, gehen noch heute Menschen zu diesen Shows. Ob wir jemals ein Ende sehen, in zur Unterhaltung stattfindender Tierquälerei, weiß leider keiner. Es hilft nur, diese Shows zu boykottieren und Wege zu finden, dem ganzen ein Ende zu setzten, zu spenden wenn man kann und das Wort zu verbreiten.

Annegret Hünerfürst

Geboren in der selben Woche, in der die erste Website online kam - gelernte Diätassistentin und Mutter von zwei Kindern

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Über Hünerfürst.de

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