China gehört zu einer der ältesten Kulturen dieser Erde. Aufgrund vieler verschiedener Einflüsse, die durch Migration und Eroberung in die Geschichten dieses diversen Landes eingebracht wurden, sind auch die Legenden und Sagen sehr vielfältig. In diesem Manhua von Xia Da mit dem Titel „Die Ballade von den Himmelsstürmern“ kann man sich von ebendiesen vielen Mythen verzaubern lassen.
Diese Geschichte erscheint in farbigem Druck beim Verlag Chinabooks im Softcover mit schützendem Kunststoffeinschlag. Am Ende dieses ersten Bandes sind zahlreiche äußerst interessante Charakterisierungen, Figurenstudien und Skizzen enthalten.
Das Glück der Geburt
Es beginnt mit der Geburt zweieiiger Zwillinge. Sie sind besondere Kinder, denn der Junge wird mit einem roten Mal auf der Stirn geboren, was von schwerer Bedeutung ist, sowie das Mädchen mit einem sechsten Finger. Ungewöhnlicher könnten deren erste Momente des Lebens nicht sein. Der höchste Meister der gottähnlichen Menschen landet in Begleitung zweier weiterer Meister ihrer Künste auf dem Hof des Kaisers und Vaters der Kinder. Das Schicksal fordere es, dass er mit sagenumwobenen Gegenständen ob der Geburt seiner Kinder beschenkt würde. Doch ist der Preis dafür höher als eingangs erwartet. Sein Sohn hätte magisches Potenzial von größter und die Zukunft entscheidender Qualität. So wird er in die Obhut des Meisters gegeben, um fortan in den Künsten der Magie unterrichtet zu werden. Die Tochter hingegen hat das Schicksal weniger auserwählt. Ihre Mutter trennt den sechsten Finger von der Hand und lässt dafür sorgen, dass sie vom Hof verschwindet. Sie umzubringen ist keiner der Dienstleute fähig, und so kommt es zum altbekannten Motiv des Findelkindes, das fernab von Reichtum und Status bei einem alten Mann aufwachsen soll.
Die Jahre verstreichen und die Kinder entwickeln sich prächtig. Der Sohn Quchen ist enorm begabt und sorgt schon in jungen Jahren für reichlich Aufsehen auf dem heiligen Berg der Insel Penglai, dem Ort seiner Ausbildung. Früher als alle bisher dagewesenen Lehrlinge stürzt er sich in die Bibliothek, meistert nahezu jede ihm bis dahin verfügbare Form der daoistischen Magie und übersteigt schon bald die Fähigkeiten seiner Aufsichtspersonen. Das daoistische Konzept von Magie wird glücklicherweise für die Leser:innen in Fußnoten ausreichend erklärt.
Die kleine Schwester Ating wächst hingegen bei einem Wanderer und kampfkunsterprobten gütigen Herrn auf. Zusammen streifen sie durch das Land. Sie lernt sich zu verteidigen und entwickelt einen großen Beschützerinstinkt. Doch erst als sie sich in einem Dorf niederlassen, kann sie sich auch in Schrift und Manieren üben.
Dieses mystische und magische Szenario bedarf natürlich einer Bedrohung, die näher ist, als man anfangs glauben mag. Eine Figur von unscheinbarer Natur entpuppt sich als durchtriebenes und magisch fähiges Wesen, das Vergeltung sucht. Auch diese Figur sehnt sich nach der Gesellschaft des lang verlorenen Geschwisters wie auch die Protagonistinnen dieser Geschichte. Allerdings haben Quchen und Ating die Fähigkeit erlangt, miteinander in einer Art Zwischenwelt in Kontakt zu treten. Wird ihnen diese Kommunikation helfen können, das Übel dieser Welt zu besiegen? Werden sich ihre biologisch determinierten Rollenzuweisungen vielleicht sogar ändern?
Magischer Inhalt und verzaubernde Form
Die Bilder dieses Werks sind von allerfeinster Machart. Es ist ein kolorierter Comic, der mit so unfassbar vielen wundervollen Panels wie ein sequenzieller Film wirkt. Der Facettenreichtum, die Farbpalette, die filigranen Linien und der lebhafte Umgang mit der Kolorierung machen dieses Werk zu etwas sehr Besonderem. Selten sieht man solch komplexe Bilder, die zudem auch noch treffend inszeniert und in ihrer Panelstruktur arrangiert sind.
Zeitraffer werden sehr intelligent gelöst, ohne den gewöhnlichen „ein Jahr später“-Text in einer Off-Sprecher-Box lesen müssen.
Mit viel Liebe zum Detail, teilweise eingesetzten Blurr-Effekten, dynamischen Bildwechseln und einer spannenden Erzählstruktur reißt einen diese Geschichte einfach mit.
Zudem gelingt es Xia Da, die Charaktere mit nur wenigen Gestiken umfassend zu charakterisieren. Es ist wirklich umwerfend schön und einzigartig in seinem gesamten Look und sollte allein deshalb nicht verpasst werden.