Lange warteten die Fans und Einsteiger auf „Die Bestie 2“. Endlich ist die Fortsetzung des von Zidrou verfassten und zeichnerisch umwerfend illustriert von Frank Pé erschienen. Wie auch beim vorigen Teil hat sich der Verlag Carlsen für diese Reihe ein Sonderformat und eine Hardcoverausgabe gegönnt. Dies schlägt sich im Preis nieder, sollte aber nicht davon abhalten dieses fantastische Werk zu komplettieren. Mit diesem Werk gelingt es spielerisch in die Welt des wahrhaftigen Marsupilamis einzutauchen.
Kryptozoologie und Diskriminierung
Dieser zweite Teil beginnt in grauen Farben. Nur wenige kolorierte Highlights lassen sich in den Panels entdecken, während man erfährt wie es dem Protagonisten Francois ergeht. Er ist deprimiert darüber, dass ihm seine tierischen Freunde und der eigenartige Gelbschwanz von den Behörden genommen und in ein Tierheim gesteckt wurden. Die Frustration über die eigene Ohnmacht möchte der kleine Junge in etwas produktives Umwandeln und beschließt daher auf eigene Faust einen Bruch durchzuführen, er will seine Freunde befreien.
Im zweiten Handlungsstrang erfahren wir, dass der renommierteste Kryptozoologe auf der krampfhaften Suche nach dem Beweis für seine Forschungen. Er und sein dooftreuer Assistent stolpern zufällig darüber, dass dieses eigensinnige gelbe Affenwesen vor Kurzem in einem Tierheim gemeldet wurde. Die Chance liegt nah nun endlich belegen zu können, dass die jahrelangen Mühen und, wie man später erfährt, aufwendigen Fälschungen von Beweisen sich auszahlen. Sie stürmen auf, um das langschwänzige, gelbe Tier abzuholen.
Ein dritter Handlungsbogen spannt sich über die Beziehung zwischen einen Klassenkameraden Francois auf. Im vorigen Teil verriet Alain, dessen Vater von den Nazis getötet wurde, Francois und seine illegale Ansammlung der vielen kranken Tiere. Wir erinnern uns: Francois Vater war Nazi. Allein dieser Konflikt der nächsten Generation jener schrecklichen Zeit, birgt eine große Menge Potential, die auch teilweise von Zidrou ausgespielt wird. Alain ist als Außenseiter und gemobbter schon in einer schwierigen sozialen Position. Doch glücklicherweise versöhnt er sich mit seinen Peinigern, die zur Raison gerufen wurden und wollen nun ihre Missetaten sühnen. Sie eilen auf, um Francois beizustehen und Gelbschwanz zu retten.
Viele Wege führen zum Marsupilami
Diese Akkumulation und zunehmende Verdichtung der Handlungen wird begleitet von einer unglücklichen Liebesgeschichte, die ausgehend vom anfangs noch zugewandten, verständnisvollen und liberaleren Lehrer des Protagonisten Francois. Mit jener Nebengeschichte, die seltsam konstruiert und nebenläufig wirkt, zeigt Zidrou die Verhärtung des Geistes und Herzens initiiert durch Verletzungen. Ein Thema, das in diesem zweiteiligen Werk essenziell und wiederkehrend behandelt wird. Die Vergebung, das Verzeihen und das Mitgefühl für den Anderen und sich selbst aufzubringen und somit nicht zu verbittern und zu erkalten, sind zentrale Motive dieser Graphic-Novel.
So entspinnt sich diese spannende Jagd und führt durch mehrere große Städte. In einer der Szenen nutzt der Autor Zidrou und Zeichner Frank Pé ganz bewusst Anspielungen auf den franco-belgischen Comic. Ein Cameo von Tintin wird so selbstverständlich eingearbeitet, dass es einem fast nicht auffällt, während man der spannenden Handlung folgt.
Auch zum Ende, als das Gelbschwanz seinen echten Namen Marsupilami erhält, lässt sich die Hommage an die Anfänge dieser Figur nicht verleugnen. Ein Reporter der Zeitung Spirou fragt den kleinen Francois wie denn nun dieses seltsame Wesen hieße. Ein schöner kleiner Rückgriff auf die Tradition dieser Figur und eine gelungener Abschluss dieser Geschichte.