Die Tagebücher der Apothekerin – Geheimnisse am Kaiserhof 2

12. Januar 2022
2 Minuten Lesezeit

Höfische Gesellschaft, feinste Speisen, noble Damen und keine Sorgen darüber, von wem man womöglich überfallen werden könnte. All dies klingt wie eine hervorragende Lebenssituation in einem fiktiven Setting des feudalen Japans. Wären da nicht Intrigen, Machtstreben und Anschläge auf die Leben der kaiserlichen Gemahlinnen.

Das Künstlerkollektiv um Autorin Itsuki Nanao, Zeichner:in Nekokurage und Touco Shino haben die bereits recht erfolgreiche „Light Novel“ von Natsu Hyuuga in diesem Manga adaptiert. Die sechsteilige Reihe erscheint bei Manga Cult für die deutschsprachigen Leser:innen.

Aus dem Bordell an den Hof

Die einst durch Menschenfänger verschleppte Hauptfigur Maomao befindet sich nun im inneren Palast. Nachdem sie ihre Qualitäten als Apothekerin, Heilerin und Vorkosterin unter Beweis stellte, genießt sie zusehends mehr Vertrauen. Ihre dadurch gewonnene Sicherheit nutzt sie vermehrt, um Anweisungen oder gar Bestrafungen an andere Zofen zu verteilen. Dabei helfen ihr die scheinbar prägenden Erfahrungen des Bordells, die sie zu einer knallharten Verhandlungspartnerin und noch viel einschüchternderen Vorgesetzten gemacht hat. Ihr zweites Gesicht zeigt sich eindrucksvoll, als es um das Leben einer Gemahlin des Kaisers geht. Gegen die Anweisungen hinweg nutzte eine Zofe das im vorigen Band als giftig eingestufte Pulver, um die Dame zu schminken. Nach einer einschüchternden Rede an die Zofe, einigen Forderungen an die Küche des Palasts und vielen Wochen intensiver Pflege ist die Gemahlin jedoch wieder auf dem Weg der Besserung.

Doch Großes steht an. Ein Festtag sondergleichen ist in Planung und die Vorbereitungen laufen bereits heiß an. Ein Gartenfest im späten Winter wird abgehalten, wobei alle des Hofes sowie Beamte und Militärs anwesend sein werden. Erneut zeigt sich, wie prägend die Zeit des Bordells für Maomao wohl gewesen sein muss. Mit einem kleinen Trick, der ein paar heiße Steine und eine zusätzliche eingenähte Tasche im Gewand benötigt, wird sie sich vor der klirrenden Kälte bewahren wollen. Die ihr nahestehenden Zofen ihrer Herrin und einige weitere bekommen davon Wind und so wird Maomao für alle Angestellte Taschen nähen.

Am Tag des Festes wird sie ihre eigentliche Rolle wieder ausfüllen. Sie ist die Vorkosterin für ihre Herrin. Durch die vielen Jahre der Selbstexperimente in der Apotheke, in der sie vieles lernte, sind ihre Geschmacksknospen auf eine Vielzahl von Giften trainiert. Außerdem wird ihre eigenartige Neigung zu leichten Vergiftungen und den körperlichen Effekten klar. Sie scheint daran gefallen zu finden. Doch wer hat den Giftanschlag verübt? Wer ist dieser neue und junge Beamte, der Maomao ein Geschenk gemacht hat? Warum verhält sich der von Maomao ungemochte Eunuch seit einiger Zeit so seltsam? Und was hat dies mit der Vorliebe des vorigen Kaisers für viel zu junge Frauen zu tun? Viele Fragen und eine sich entfaltende Spannung, die wohl in den kommenden Bänden reiche Handlungsbögen ermöglichen.

Der Stil

Wie man bereits auf dem Cover erkennen kann, ist dieser Manga-Stil einer, der große Augen favorisiert. Spitze Gesichter, große schillernde Pupillen und aufwendige Kleidung machen die Figuren zu einem Blickfang für die geneigten Mangaleser:innen.

Ebenso charakteristisch für diese Reihe sind die vielen Soundwords, kleinen Gesten und expressiven Zusätze wie Sternchen für Begeisterung oder besonders edle Objekte.

Die Szenerie wird liebevoll detailreich mit Abbildungen zeitgenössischer Architektur, Kunst und Kleidung aller Figuren dargestellt.

In diesem zweiten Band wird, wie bereits angedeutet, die „dunkle Seite“ Maomaos deutlicher hervorgehoben. Den Künstler:innen gelingt es großartig, diese extrem bedrohliche und angsteinflößende Seite der Protagonistin darzustellen.
Schwarze Sprechblasen, tief dunkle Schatten im Gesicht und tödliche Blicke komplementieren diese Szenen mehr als adäquat. Im Allgemeinen ist der Stil jedoch recht ansprechend konventionell.
Rasterfolien schattieren im gewohnten Grauton, es lässt sich sonst viel weiß in den Hintergründen finden und das eine oder andere Mal werden getuschte Linien zur Intensivierung eines Schattenschlags genutzt.

Fazit
Im zweiten Band von „Die Tagebücher der Apothekerin“ tauchen wir noch tiefer in die höfischen Strukturen, Gewohnheiten und Bräuche ein. Zudem erfahren wir auf eindrückliche Art und Weise, wie viel Maomao imstande ist zu leisten, und dass sie sich selber hinter einer Maske versteckt hält. Die scheinbar noble und heile Welt aus Sicherheiten und feinsten Speisen ist jedoch getrübt und es offenbaren sich Fragen über Fragen. Es bleibt also spannend in dieser unterhaltsam menschlichen Welt des japanischen Kaisers.
Pro
Spannende Erkundung des höfischen Lebens mit gut entwickelten Charakteren.
Kontra
Stilistische Vorlieben können variieren, gelegentlich Probleme mit der Klarheit.
9.8

Lars Hünerfürst

Minimalistisch und musikalischer Comic Enthusiast - lief zu Fuß von Berlin nach Paris.

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