Die Vunderwollen

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Copyright: Reprodukt

2019 bereits erschien diese ganz besondere Graphic-Novel beziehungsweise Kinder-Comic. Die Welt in „Die Vunderwollen“ ist bunt, süß und sprüht vor kindlicher Leichtigkeit. Die französische Künstlerin Camille Jourdy schreib und gestaltete dieses Werk, für das sie 2020 den Prestigereichen „Angoulême International Comics Festival Prix Jeunesse 9–12 ans“ erhielt. So lässt sich bereits jetzt festellen, dass diese Geschichte schlichtweg ideal ist für junge Lesende. Das Lesealter liegt bei über 8 Jahren.

Der Berliner Verlag Reprodukt hat diese vunderwolle Geschichte in einem hochwertigen Hardcover-Format auf den deutschen Markt gebracht. Die Übersetzung aus dem Französischen hat Annette von der Weppen angefertigt. Das händisch geletterte Layout hat Olav Korth gesetzt.

Nur noch ganz kurz?!

Eine Patchwork-Familie macht einen Ausflug im Grünen. Die jüngste Tochter Jo hat bereits einige Sachen gepackt, um dem Familienurlaub kurzweilig zu entkommen. Plötzlich hört sie Stimmen und entdeckt zwei sehr kleine Menschen auf noch viel kleineren Pferden. Anscheinend sind die beiden König und Königin. Widerwillig nehmen sie Jo mit in ihre Welt und es beginnt eine großes Abenteuer für das neugierige Mädchen. Sie treffen auf ein Dorf, wo kleine Menschen mit Zwergenhütchen und tierartigen Wesen wohnen.

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Schnell wird klar, dass das unbekannte Land von einem Kater tyrannisiert wird. Immer wieder lässt er die Bewohner der Gemeinschaft entführen und einkerkern. Ein glücklicher Umstand, dass dieser Tyrannen-Kater gerade einen Maskenball anlässlich seines Geburtstages gibt. Die Gemeinschaft schmiedet einen Plan, um ihre Freunde zu befreien. Der Fuchs Maurice ist ganz dem Stereotyp entsprechend sehr schlau und führt die kleine Gruppe an.

Knapp entkommen

Am Schloss angekommen scheitert dieser Plan leider kläglich. Jo und ihre gerade gemachte Freundin Nouk konnten ihre Rollen nicht aushalten und wurden so entdeckt. Kurzum wird fast die ganze Gemeinde eingekerkert. Nur Jo und Maurice konnten entkommen. Die zwei treffen sich unabsichtlich beim sechsbeinigen Hund Pompon wieder. Zusammen machen sich die drei auf und wollen einen Weg finden die Waldgemeinde zu befreien.

Auf dem Weg treffen sie einige tückische und feindselige Wesen, aber auch die titelgebenden Vunderwollen. Dies sind verschiedenfarbige Ponys, die am liebsten zuckerhaltige Dinge verspeisen und in bunten Herden durch die Lande streifen. Sie sind sehr freundliche und mystische Wesen. Wohl auch ein Grund, warum der gierige Despot Kater diese fangen lässt und sie auf seinem Hof hält. Dort verlieren sie allerdings ihre schöne Farbe und müssen, um dies zu verdecken, von den Bediensteten angemalt werden. Jo, Maurice und Pompon machen sich auf durch das Land, um den Kater zu stellen, ihre Freunde und die Vunderwollen zu retten.

Kindgerechte Aquarellmalereien

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Wie man es bereits auf dem Hardcover Einschlag sehen kann, ist die Welt dieses Comics sehr farbenfroh. Die klar gestalteten Zeichnungen der Figuren lassen sich ganz der „Ligne-Claire“ zuzuschreiben. Liebevoll und aufwendig gestaltete Umgebungen können in diesem Comic bestaunt werden. Die Farbpalette ist eher stark von Pastelltönen geprägt, an vielen Stellen aber auch quietschig bunt. Die Kolorierung hat Jourdy, wie bei vielen Kinderbüchern üblich, in weichem Aquarell umgesetzt. So lassen sich die dafür typischen harten Konturen und voneinander zu trennende Farbflächen erkennen. Die Sprechblasen sind nur lockere Linien, die ein Stück kontrastierend gefärbten Text andeuten einzurahmen. Meist kann man nur den kleinen Haken erkennen, der die jeweilige sprechende Figur markiert.

Die Figuren an sich sind sehr schön gestaltet, in ihren Mimiken und Gestiken charmant, witzig und einfach irgendwie süß. Der Simplizität geschuldet sind nicht alle Panels in perfekter Perspektive oder proportional korrekt. Dies fällt allerdings in keiner Weise negativ auf und ist für diese Welt auch nicht zwingend notwendig. Es scheint einfach eine Menge möglich zu sein.

Die Geschichte ist nicht ausschließlich für Kinder gedacht. Einige der Anspielungen und auch szenischen Witze versteht man erst nach einigen Jahren popkulturellem Hintergrundwissen.

Träumerisch und voller Herz
„Die Vunderwollen“ ist ein wirklich schönes Comic, das man in mehreren „Lesungen“ verteilt mit Kindern genießen kann. Auch erwachsene Leser können daran einen großen Spaß haben. Der die Geschichte definierende Konflikt mit dem Kater wird dann fast enttäuschend unspektakulär gelöst, aber man nimmt es der liebevollen Geschichte einfach nicht krumm. Diese farbenfrohe, unverfängliche und selten bedrohliche Welt entführt einen und lässt ein wohlig warmes Lächeln zurück. Es ist ein fantastischer Comic, den man des Öfteren lesen kann, eben so wie es die letzten Zeilen beschreiben: „Und packt dich irgendwann wieder das Streben… …echte Wunder und Abenteuer zu erleben… …Gefahren zu trotzen und durch Wälder zu tollen… …dann komm in den Wald der Vunderwollen…“
Pro
süße Illustrationen
witizge Dialoge
Kontra
eine fast schon zu einfache Konfliktlösung - aber innerhalb der kindlichen Logik schlüssig

Lars Hünerfürst

Minimalistisch und musikalischer Comic Enthusiast - lief zu Fuß von Berlin nach Paris

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