Es ist mal wieder so weit, mich über Kleinigkeiten auszulassen, die ich einfach nicht verstehe oder derer ich mich anpassen kann. Ich habe schon mehrmals über Sachen geschrieben, die ich in den USA komisch finde, wie in diesem Artikel. Mittlerweile habe ich mich an Dinge wie Eiswürfel und festgeschraubte Duschköpfe gewöhnt. Aber es gibt dennoch Dinge, die ich nicht umsetzen kann bzw. will und einfach nur ungewöhnlich bleiben.
Straßenverkehr
Der Straßenverkehr ist für mich auf Platz 1 der Dinge, die ich wirklich hasse. Ich habe zwar keine Angst, zu fahren und auch keine Probleme, in unbekannten Gegenden zu fahren aber was mir Sorge bereitet, ist die schiere Missachtung jeglicher Verkehrsteilnehmer und das absolut rücksichtslose Fahren. Ich mag mich jetzt sehr deutsch Anhören aber wenn es um die Sicherheit meiner Kinder geht, egal ob im Auto oder zu Fuß, hört für mich der Spaß auf. Washington D.C. und das nähere Umland, bestehend aus dem nördlichen Virginia und Maryland, sind unter Amerikanern die schlimmsten Autofahrer. Danach kommt wahrscheinlich Kalifornien. Ich war mittlerweile in über 50% der Staaten mit dem Auto unterwegs, ich kann leider nur zustimmen. Für Amerikaner sind Verkehrszeichen keine Pflicht sondern reine missachtbare Empfehlungen, wer sich aber dran hält, ist eine reine Last. Somit wurde ich für das Anhalten an Stoppschildern, die hier an jeder Kreuzung stehen, zu Hauf schon angehupt oder beleidigt. Gefährliche Überholmanöver weil ich 30mph in einer 25mph Zone fahre, die Kinder in letzter Sekunde vom Zebrastreifen zurückreißen, weil diese nicht ernst genommen werden, all das ist fast schon Alltag. Von den Tänzen mit dreifachem Spurwechsel auf der Autobahn und links und rechts überholen oder gar in jeder Spur Bummeln weil man eine Nachricht auf dem Phone tippt, darüber könnte ich Bücher ohne Ende schreiben. Es gibt hier und da Geschwindigkeits-Blitzer und Stoppschild-Blitzer, aber leider sind sogenannte Out-of-State Nummernschilder, die Unsummen in Tickets angehäuft haben, nicht verurteilbar, diese auch zu zahlen, es fehlt einfach an Gesetzen. Somit ist es für mich, als Halter eines D.C. Kennzeichens, der reinste Horror auf den Straßen. Wer hätte gedacht, dass ich mal den deutschen Verkehr vermisse?
Schulferien und Sommer-Camps
Die Schulferien betragen hier ganze 10-11 Wochen, je nach Staat. Auch der Zeitraum ist immer der gleiche. Mitte Juni bis Ende August. Das macht das planen von Urlaub natürlich leicht. An die 10 Wochen Schulfrei kann ich mich gewöhnen, ich genieße es sogar sehr, die Kinder zu Hause zu haben und regelmäßig Dinge zu unternehmen, vor allem unter der Woche wenn es so schön leer ist. Das habe ich aber auch nur meinem Job zu verdanken, den ich easy von zu Hause aus erledigen kann. Dafür reichen bei mir auch schon 2-3 Stunden am Tag, die ich schon früh beginnen kann, während die Kinder, noch ganz getreu dem Ferienmotto, ausschlafen. Das ist aber ein Privileg, was nicht jeder hat. Somit müssen sich Eltern, die auch in diesen 10 Wochen arbeiten müssen, eine Lösung suchen. Dafür gibt es dann die gefühlt tausenden Sommercaps. Dabei handelt es sich um einfache Tagesbetreuung und nicht das, was man aus Filmen kennt, Hütten im Wald am See, Lagerfeuer, Girls- and Boysscouts usw. Es beginnt schon im Januar, das sich Eltern in den What’s App Gruppen erkundigen, welche Sommercamps letztes Jahr gut waren. Im März geht es dann richtig rund, dann öffnen die Sign-Ups und man muss schnell sein, um zu bekommen was man möchte. Es gibt jegliche Sport-Camps, Kunst-Camps, Wissenschaft-Camps, alles was der Geldbeutel eben schafft, zu bezahlen. Die meisten Camps kosten um die $400 pro Woche pro Kind. Die meisten mehr, wenige auch weniger. Der Preis ist aber nicht, was mich am meisten abschreckt. Die Vorstellung, jede Woche jemandem Fremdes die absolute Betreuung meiner Kinder zu überlassen, geschult und ungeschult, schreckt mich am meisten ab. Ich habe einige Sommer-Camp-Gruppen schon auf Spielplätzen oder am Strand angetroffen und kann mit gutem Gewissen sagen, meine Kinder verpassen nichts wenn ich sie zu Hause behalte! Unbeaufsichtgt, ohne Wasser mittags auf dem Spielpatz bei über 33°C, das muss nicht sein. Ich bleibe bei regelmäßigen Play-Dates mit Freunden und gut ist.
Massenkonsum
„Massenkonsum ist der Konsum von Massen von Waren durch Massen von Menschen.“ (Def. Lexikon) Viel gibt es dazu eigentlich nicht zu sagen, außer, dass es in den Staaten so viel extremer ist, als ich je gedacht hätte. Ich kann zu jeder Tageszeit an jedem Wochentag in den Supermarkt gehen, es ist immer jemand einkaufen. Und wenn ich dann die Einkaufswagen sehe, die eh schon größer sind als in Deutschland, bis zum Rand gefüllt, oft auch mit Plastikbesteck, Plastikbecher und Pappteller, scheinbar besitzen nicht viele Leute abwaschbares Geschirr, bin ich jedes Mal aufs neue schockiert. Dazu dann auch die Masse an Geschäften, die Strip-Malls, eine nach der anderen, mit überfüllten Parkplätzen, wo man tatsächlich mit dem Auto von Parkplatz zu Parkplatz färhrt um ein anderes Geschäft nebenan zu besuchen. Kein Wunder, dass es Leute gibt, die denken, wir leben in einer Simulation. Besonders, wenn man sich weiter entfernt von Großstädten umschaut, findet man die immer gleich aussehenden typischen Wohngegenden mit ihren Strip-Malls. Besonders hier frage ich mich, wie sich all diese Geschäfte überhaupt halten können. Aber die Kurzlebigkeit und schlechte Qualität von Produkten und der nicht bewusste Sinn für unsere Umwelt zieht die Leute immer und immer wieder in die Geschäfte. Auch in unserer Nachbarschaft bekommt man den Massenkonsum vor die Füße geworfen. Der Sommer ist Hauptsaison für das Umziehen aus einer Wohnung in die andere. Was dabei verkauft, verschenkt oder gar weggeschmissen wird ist mir unerklärlich. Oft werden ganze Wohnungseinrichtungen, Betten, Couches, Tische, Stühle, Fernseher, Küchenutensilien online angeboten, die innerhalb von wenigen Tagen weg müssen, da frage ich mich oft, wohin diese Leute ziehen? Kaufen die das alles neu? Ich selber komme nicht ganz um den Massenkonsum drum rum. Viel zu oft muss ich Lebensmittel entsorgen, weil sie entweder schlecht geworden sind bevor ich sie essen konnte, oder weil die Kids es unbedingt haben müssen aber dann gar nicht mögen. Dafür kann ich mit Stolz sagen, viele unserer Möbel stammen noch aus unserer ersten gemeinsamen Wohnung in Berlin, die wir 2015 eingerichtet haben.
Hallo Annegret,
ich habe gerade beide Artikel zu diesem Thema gelesen und kann nur zustimmen.
In diesen Dingen ist und bleibt das Land speziell.
Sehr schön geschrieben, kurz und knackig auf den Punkt gebracht!
Bravo, mehr davon….
Danke! Du hast ja den Alltag hier miterlebt und weißt wovon ich spreche!