„An diesem Tag erhielt er den einzigen und letzten Brief von seinem Vater, der die Familie seit langem verlassen hatte… und eine Schwester.“
Das steht auf dem Cover dieses Comics direkt unter den chinesischen Zeichen, die den Namen des Friseursalons repräsentieren. Der Künstler Ruan Guangmin erzählt auch genau das in seinem fünf Kapitel starken Comic, der beim Chinabooks Verlag in gewohnter zweisprachiger Ausführung erschien. Der Originaltitel weist zudem darauf hin, dass es noch einen weiteren Teil geben könnte, der bisher nicht auf Deutsch erschienen ist.
Die Handlung
Die ersten Seiten dieses Manhua sind farbig und wir sehen einen ganz gewöhnlichen Morgen im Friseursalon DongHuaChun: ein gemeinsames Frühstück, aufgelegte Schlagermusik auf Vinyl und Gespräche, die erst nach dem Lesen dieses ganzen Comics ihre wirkliche Tiefe erhalten.
Doch die Reise beginnt ein Jahr vorher, Anfang 2008, für ein junges Mädchen, das nach der Beerdigung von ihrem Vater nur eine Adresse erhalten hat, zu der sie sich begeben soll. Sie kommt in dem kleinen Ort an und trifft prompt auf zwei weitere im Verlauf der Handlung wichtig werdende Figuren, den ortsansässigen Polizisten und ihren zukünftigen Kollegen A-Dun.
Denn was sie noch nicht weiß ist, dass die Adresse der ehemalige Salon ihres Vaters ist, den mittlerweile ihr Halbbruder erfolgreich führt. Da sie keinerlei Alternativen für ihre Zukunft hat und auch als unselbstständig und einfältig eingeführt wird, bleibt sie vorerst im Salon und beginnt dort ihre Ausbildung zur Friseurin unter der Anleitung des A-Dun. Dieser wird als Figur eingeführt, die eine gewisse kriminelle Hintergrundgeschichte haben muss. Geklärt werden diese Vorgeschichte und die Beziehung zum jetzigen Geschäftsführer des etwas jüngeren A-Dun erst im Verlauf der nächsten Kapitel und den kurzen Episoden zwischen den Kapiteln.
Nachdem die Exposition die Charakterzüge der Hauptfiguren und die Beziehung des A-Hua zu seinem verstorbenen Vater geschildert hat, vertieft sich die Erzählung zum Höhepunkt dieses Comics. Bezeichnend für diese Art des Genres, wohl dem „Slice-of-Life“ zuzuordnen, ist ein Höhepunkt, der sich in zwischenmenschlichen Tragödien, Entwicklungen und Schicksalen finden lässt. So viel sei verraten, es endet auf einer versöhnlichen Note und zeigt einem ganz beiläufig, wie fähig Menschen zu Veränderung und Wandel sind. Darunter liegend bewältigt A-Hua seinen inneren Konflikt mit seinem verschwundenen Vater.
Der Stil
Ruan Guangmin hat für die Erzählung seiner Geschichte einen eher konventionellen Stil gewählt. Eine ganz angenehme Linienführung der Figuren vor schlichten Hintergründen, wenig Einsatz von Rasterfolie und mehr vollflächige Abstufungen von Grau schaffen Kontraste. Das wohl auffälligste ist der Einsatz von Schraffuren auf den vollflächigen Teilen und an den Figuren. Damit kreiert Ruan Guangmin zusätzliche Tiefe, Struktur und Schatteneffekte.
Die kleinen Episoden zwischen den Kapiteln sind auf schwarzem Papier gedruckt, kontrastieren daher stark mit den weißen Panels, die wiederum ausschließlich mit Bleistift oder Tuschestift gemalt sind. Deswegen sind sie jedoch nicht weniger ausdrucksstark.
Allgemein kann man über dieses Werk sagen, dass es mit Ausnahme einiger Szenen, in denen A-Hua mangatypische Grimassen zieht, sehr bodenständig und ansehnlich illustriert ist. Die Zeichnung spiegelt die unaufgeregte Grundstimmung, die – wenn es zur Klimax der Handlung kommt – auch diese in ihren Bildern dramatisiert zum Ausdruck bringt.
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