Ein Baby auf Abwegen

4. Januar 2022
2 Minuten Lesezeit

Ein Storch bringt die Babys, das ist ja klar und weiß schließlich jeder. Dies nahm sich Benjamin Renner zum Anlass, eine verrückte Geschichte um drei außergewöhnliche Freunde und ein Baby zu erzählen. Sie ist gefüllt mit Slapstick, emotionalen Momenten, witzigen Wortgefechten und viel Unsinn. Wer das ebenfalls von Renner beim avant-verlag erschienene Werk „Der große böse Fuchs“ kennt und mag, wird diese Geschichte lieben.

Drei Freunde und ein Baby

Hase und Ente gehen so ihres Weges, als plötzlich ein Storch aus einem Baum auf sie niederrauscht. Er erklärt, dass er der Bote für die Familie Duchamel sei, denn sie erwarten ein Baby. Leider habe der Storch sich seinen Flügel verknackst und kann daher den Rest der Strecke nicht mehr fliegen. Aus Einfältigkeit übernehmen Ente und Hase diese Aufgabe und machen sich auf den Weg nach Avignon.

Kurze Zeit später stellt sich heraus, dass die zwei Freunde mehr als unfähig sind, zielgerichtete Diskussionen zu führen, sich gegenseitig zuzuhören und vor allem ein Menschenbaby zu hüten. Daher greift Schwein ein und übernimmt fortan die Stimme der Vernunft und des logischen Denkens. Gemeinsam versuchen sie ihrem Ziel näher zu kommen. Dies gestaltet sich zunehmend kompliziert, denn sie geraten an eine Bande hungriger Füchse, verlieren das Baby fast bei dem Versuch, auf dem Laster eines Fleischers in ein Dorf zu gelangen, und treffen schon bald eine entflohene Gruppe Koboldmakis, die ihren Weg in die philippinische Heimat suchen. Man merkt schon, dass das Werk ein buntes Fest der absurden Begegnungen und witzigsten Ereignisse mit sich bringt. Es wird im Laufe der Geschichte noch absurder, ohne dabei jemals zu ernst oder schwer zu wirken.

Das Schöne an dieser Graphic Novel sind die herrlich dummen Dialoge zwischen Hase, Schwein und Ente, die – fantastisch von Lilian Pithan übersetzt – nahezu immer einen zündenden Witz mit sich bringen. Die visuelle Komik ist dabei ebenso elementar und birgt einen ganz eigenen Charme, der dieses Werk zu einer „Feel-Good“Komödie macht. Das Trio ist so spannend und witzig, dass es tatsächlich Lust macht, mehr von den drei Freunden zu lesen.

Der Stil

Wer „Der große böse Fuchs“ kennt, weiß, wie Benjamin Renner zeichnet. Seine Figuren sehen aus wie Karikaturen aus einem Sonntags-Comic-Strip, die manchmal aufwendig mit Aquarellfarben koloriert wurden. Der Großteil der Bilder ist jedoch schlicht, einfach und nahezu schemenhaft. Mit vielen großen Gesten und Soundwords, die jeder kleinen Szene eine eigene Dynamik geben, wirken die Dialoge über jedes Panel hinaus.

Ein weiteres Merkmal von Renners Arbeiten ist, dass sich keine Panelstruktur finden lässt. Seine Bilder sind rahmenlos auf einer Seite platziert. Manchmal finden sich nur drei Bildausschnitte auf einer Seite. Ein anderes Mal sind sechs oder sieben Bildchen lose auf einer Seite angeordnet. Dabei fällt es zu keinem Zeitpunkt schwer, dem Lesefluss zu folgen, da Renner den Blick geschickt mithilfe der Anordnung leitet.

Seine Zeichnungen, die oftmals nur angedeutete Formen sind oder Figuren, deren Köpfe zu schweben scheinen, hat der Künstler in heiter leichten Farben koloriert. Häufig ist diese Koloration auch unsauber, sodass die Outlines nicht zwingend die Koloration eingrenzen. Einige Bilder sehen daher auch in Eile gemalt aus, da auch die Farbgebung auf einer Seite einige Male stark variiert.

Fazit
„Ein Baby auf Abwegen“ ist ein weiteres urkomisches Werk des Franzosen Benjamin Renner. Die herrlich tumben Figuren zaubern einem ein Grinsen ins Gesicht. An so mancher Stelle kann man sich das Lachen einfach nicht verkneifen, sei es auch ein noch so blödelnder Humor. Diese Graphic Novel bietet sich fantastisch als Geschenk für werdende Eltern oder Leute an, denen ein Lächeln mal wieder gut stehen würde.
Pro
Skurrile und humorvolle Geschichte mit absurden Begegnungen; entzückende, dumme Dialoge zwischen den Charakteren; visuelle Komödie mit charmantem, cartoonartigem Kunststil.
Kontra
Keine.
9.2

Lars Hünerfürst

Minimalistisch und musikalischer Comic Enthusiast - lief zu Fuß von Berlin nach Paris.

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