God Country – Eine Vater-Sohn Geschichte

13. Februar 2024
3 Minuten Lesezeit
God Country Cover Cross Cult

Der epische Titel dieses Comics wirft einen großen Schatten. Vor dem realen Hintergrund des Autoren Donny Cates wirkt „God Country“ auf eine ganze andere Art und Weise. Dieser Titel war einer der ersten Creator-owned Comics von Cates, die sich mit seiner eigenen Lebensrealität auseinandersetzten. In God Country verarbeitet der Autor die Gedanken und Gefühle, die ihm bei seinem ersten längeren Krankenhausaufenthalt aufkamen. Damit hat Cates, der bekannt ist für seine Neuinterpretation von anscheinend ausrangierten Superhelden, etwas begonnen, das in einigen weiteren Titeln fortgesetzt werden soll. Das Cates-Versum wurde begründet. Die großartigen Illustrationen und Farben steuerten Geoff Shaw und Jason Wordie bei. Endlich ist dieser Comic in deutscher Sprache verfügbar und kommt dank der Mühe vom Verleger Cross Cult auch noch mit einigen Skizzen und Konzeptzeichnungen im Anhang daher.

Für Dad

Copyright: Cross Cult

Dies steht in großen Lettern als Widmung am Anfang dieser Geschichte. Tatsächlich ist es eine, die sich an alle Söhne und Väter richtet. Mehr noch ist es ein Comic, der in all seiner Kürze von nur sechs Heften, wirklich etwas zu sagen hat. Cates spricht über Vergebung, Versöhnung, Akzeptanz und davon nicht zu vergessen wie viel Eltern für das eigene Wohl in die Waagschale legten.

Der Protagonist Roy ist selber Familienvater einer kleinen Tochter. Er nimmt seine kleine Familie mit auf einen Trip zum mittlerweile von Demenz geplagten Vater Emmett Quinlan. Der in Texas lebende Rentner lebt allein in seinem Haus. Der örtliche Polizeiinspektor ermahnt Roy zum letzten Mal, dass er sich um seinen die Gemeinde verstörenden und mit auffälligem Verhalten die Ordnung zerstörenden Rentner lieber in ein Seniorenheim stecken solle. Würde er es nicht tun, müssten es wegen anhaltender Probleme mit ihm schlussendlich irgendwann die Polizisten übernehmen.

Die Konfrontation mit seinem fluchenden, verwahrlosten und antisozialen Vater verläuft ganz wie es Roys Frau Jane erwartet, katastrophal. Emmett droht alle umzubringen, Jane schnappt sich die gemeinsame Tochter Deena und lässt den hoffenden Roy mit seinem Vater zurück. Als das am Horizon aufziehende Gewitter plötzlich einen Tornado durch das Haus jagen lässt, scheint alles verloren. Doch ist etwas passiert, womit keiner rechnete. Das Schwert aller Schwerter, die einzigartige, göttliche Klinge Valofax kam auf die Erde und suchte seinen neuen Träger, Emmett Quinlan. Prompt besiegt er einen Dämonen, der versuchte die Enkelin Dee, die wegen der Sorge um ihren Vater mit Jane umkehrte, zu entführen. Emmett ist nun der Halter und der Erbe der göttlichen Kräfte. Damit einhergehend, erlangt er wieder volles Bewusstsein, er ist geheilt und wieder der liebevolle Mann, von dem Roy seine Frau Jane überzeugen wollte.

Götter und Klingen

Natürlich kommt diese Gabe nicht ohne eine Preis. Das sprechende Schwert, das nebenbei bemerkt einen Hang zum Sarkasmus beweist, floh in diese Welt. Denn kurz darauf folgt der Gott Aristus, der Valofax für seinen Vater wieder ins Königreich der Götter „Immermehr“ zurückbringen soll. Doch die einzige Nachricht, die Aristus überbringen kann ist: „Komm und hol’s dir.“ Diese Aufforderung lässt sich der Götterkönig Attüm nicht zweimal sagen und sendet alle Scherge und unmöglichsten Wesen auf das Anwesen nach Texas. Valofax unterstützt Emmett im Kampf gegen die Götter, die mit der Rückgewinnung des Schwerts auch zur Folge haben, dass er wieder alles vergessen würde. Jeder schöne Moment seines Lebens, Erinnerungen an seine verstorbene Frau, seinen Sohn und sein eigener Name würden dann wieder im Nebel der Alzheimer verschwinden.

Copyright: Cross Cult

So macht sich Emmett auf in den Kampf gegen die Götter, denn diese haben es schlussendlich geschafft seine Enkelin zu entführen, um sie gegen Valofax zu tauschen. Doch Emmett ist ein harter Hund, der in seiner texanischen Derbheit so manchen Sittenwächter vor den Kopf stoßen würde. Ein großes Finale, das nahezu jeden noch so harten Hund erweichen lassen kann, schließt diese Handlung. Ein wirklich großartiges Spektakel voller interessanter Gedanken und viel Herz.

Visuell ein zweischneidiges Schwert

Der Stil von Geoff Shaw, dessen Schaffen schon häufig die Wege mit Donny Cates kreuzte und es auch weiterhin wird, ist für dieses Werk schlicht fantastisch. Es gelingt ihm die Härte des Schicksals Alzheimer zu verdeutlichen, mittels schwerer Linien, reicher Schraffur und harter Konturen, sowohl auch die feinen Momente charakterlicher Entwicklung nicht zu überzeichnen und dadurch subtil kitschig werden zu lassen. Die Formgebung und der Bildaufbau wirken synästhetisch mit dem Inhalt und natürlich vor Allem der großartigen Kolorierung. Ein großer Teil der Lebendigkeit der Panels wird durch die Vermischung von Hash-Schraffur, also sich kreuzenden Linien, und einer Art Tuschesprenkeln, die manchmal übereinander liegen oder einzelne Partien des Bildes hervorheben. So kann man sich, dank des wunderbar gewählten schwarz-weiß Covers, schon beim Blick auf dieses schmucke Hardcover einen umfangreichen Eindruck verschaffen.

Doch muss man auch dazu sagen dürfen, dass so manches Gesicht oder Expression einer Figur ein wenig ab vom Mainstream und seinen expressiven Grenzen liegt. Einige der Figuren tragen daher Gesichtsausdrücke, die als unproportional oder vielleicht auch hässlich empfunden werden können. Dies fällt ins Besondere ganz zu Anfang auf, da man sich noch nicht mit dem Stil vertraut gemacht haben könnte. In einigen weiteren Werken des Teams Cates und Shaw wird sich allerdings zeigen, dass diese Art der Gestaltung explizit für God Country gewählt zu sein schien.

God Country Cover Cross Cult
Ein ergreifender Comic
„God Country“ ist ein grandioser Comic, der einem alles gibt! Ein perfekter Einstieg für alle Neulinge und Wiederentdecker der 9. Kunstform. Donny Cates Figuren sind, bis auf einige Abstriche, allesamt wundervoll geschrieben, die Illustrationen und Farben fahren ein Feuerwerk der Atmosphären auf und man wird zu guter Letzt auch noch in eine Achterbahnfahrt der Gefühle geworfen, bei der wenige Augen trocken bleiben. Es ist ein wirklich zu empfehlendes Werk, das sehr viel Lust auf weitere Comics von Donny Cates macht.
Pro
Emotionaler Höhepunkt
großartige Zeichnungen
fantastische Figurenen
Druck und Zusatzmaterialien
Kontra
manche Zeichnungen der Gesichter ein wenig "off"
10
Lars Hünerfürst

Lars Hünerfürst

Minimalistisch und musikalischer Comic Enthusiast - lief zu Fuß von Berlin nach Paris.

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