
Ich hatte kürzlich wieder das Vergnügen, ins Kino gehen zu können. Das kommt nicht allzu oft vor, zum einen wegen der Kinder, zum anderen laufen einfach auch nicht viele gute Filme. Es ist zwar schon eine Weile her, dass ich in Deutschland im Kino war, ich glaube Tenet im Jahr 2020 war mein letzter Film, natürlich der Pandemie zu verdanken, trotzdem sind mir meine Kinoerlebnisse im Gedächtnis geblieben und mir sind doch ein paar Unterschiede aufgefallen. Ich kann zwar nicht im Allgemeinen über die Kinos in den USA urteilen, da ich bisher nur in einer Filiale einer besonderen Kinokette war, aber ich würde mich wagen zu behaupten, dass es dieses Prinzip des Kinoerlebnisses nicht oft in Deutschland gibt. Und mit Beginn der Sommersaison beginnt auch die Zeit der Freiluftkinos. Somit können wir bald einfach alle zusammen den ein oder anderen Film gucken.
Alamo Drafthouse Cinema

Die Alamo Drafthouse Kinokette kommt ursprünglich aus Austin, Texas und gibt es mittlerweile schon 36 mal in den USA. Gegründet wurde die Kinokette 1997, im März 2021 gab es dann aber einen Antrag auf Insolvenz, danke Corona!, wovon sich die Kinokette zum Glück doch noch selbstständig erholt hat. Es sind weitere Eröffnungen geplant, was ein gutes Zeichen ist, dass sich auch die Kinos von der Pandemie erholen. Was die Alamo Drafthouse Kinokette besonders macht, ist der Service im Kinosaal. Während man sich in den anderen Kinos vor der Vorstellung an eine Schlange anstellt, um Snacks zu kaufen, setzt man sich im Drafthouse einfach auf seinen sehr gemütlichen, verstellbaren Sitz und kann sich seine Snacks und Getränke oder auch ganze Menüs einfach aus einer Menükarte aussuchen. Das Prinzip ist einfach, wenn man sich für seinen Snack entschieden hat, schreibt man diesen einfach auf einen kleinen Zettel (Block und Stift gibt es an jedem Sitz), steckt ihn in eine kleine Schiene am Tisch und drückt einen Knopf. Anschließend kommt jemand und holt diesen Zettel ab, kurze Zeit später wird das gewünschte Essen/Trinken an den Platz gebracht. Abgerechnet wird über Kreditkarte, die vor dem Film von einer Servicekraft eingelesen wird, natürlich auch am Sitzplatz.
Was macht das Drafthouse noch besonders?

Wie schon gesagt, die Auswahl an Snacks geht über die bekannte Auswahl an Eis, Popcorn, Nachos und Softdrinks hinaus. Es gibt Burger, Pizza, Milchshakes, Salat, Kaffee und noch so vieles mehr. Da ich selber nicht Fan davon bin, im dunklen Kinosaal mit Burgersoße zu kleckern, habe ich mich bisher auf handliche Snacks beschränkt. Mozzarellasticks und Popcorn, dazu einen Milchshake, bottomless Kaffee tut bei einer frühabendlichen Vorstellung auch ganz gut.
Ein weiteres Charakteristika im Drafthouse ist die Keep-Quiet-Policy. Es wird zwischen den Trailern und dem Film um absolute Ruhe gebeten. Das ist mal ein einfach illustrierter Text, manchmal aber auch eine Szene mit bekannten Figuren aus Filmen (Arnold Schwarzenegger als Mr. Freeze aus James Bond war es bei der Batman Vorstellung), die extra für die Drafthouses gedreht wurden. Dabei ist natürlich gemeint, nicht zu sprechen, das Handy lautlos zu machen und es wird nicht geduldet, wenn Smartphone-Displays stören. Man wird dazu ermutigt, Störenfriede zu melden und wer nach einer ersten Ermahnung nochmals stört, der wird umgehend aus dem Saal gebeten. Ich selber habe es noch nicht erlebt, dass jemand den Film verlassen musste, ich vermute aber auch, wer sich für das Drafthouse entscheidet, legt eben wert auf dieses Feature.
Mitsing-Parties und Brunch-Vorstellungen

Im Drafthouse laufen nicht nur die herkömmlichen Neuerscheinungen bis zum Abwinken. Hier findet man für jedes Fandom einen oder mehrere Filme. Vor allem wenn es um ältere Filme geht, die Jubiläum feiern, packt das Drafthouse so richtig aus. Aktuell laufen zum Beispiel alle Studio Ghibli Filme zur Mittagszeit und es wird ein Brunch dazu angeboten. Oder kürzlich erst lief zum 15-jährigen Jubiläum Hot Fuzz. Hin und wieder gibt es Mitsing- oder Mitsprech-Party’s, erst kürzlich war ich bei einer Movie-Party, wo Dirty Dancing gespielt wurde. Es gab themed Props, in diesem Fall einen Schlüsselanhänger für ein Zimmer in den Catskills, einen Wassermelonenball und eine Knicklicht-Halskette. Es wurde regelmäßig laut gejubelt, gebuht, geklatscht, mitgesungen und die berühmtesten Sätze mitgesprochen. Die Atmosphäre war herrlich. Auch wenn ich alleine in der Vorstellung war, es hat deutlich mehr Spaß gemacht, als in einem Saal zu sitzen, in dem totenstille herrscht. Und wie schon erwähnt, es ist toll, einfach mal alte, bekannte Filme auf der großen Leinwand zu sehen und sich das Erlebnis mit anderen zu teilen. Demnächst beginnt das Alamo mit Movie-Partys zu den Back to the Future Filmen. Und ganz sicher, entweder Nils oder ich, einer von uns wird hin gehen.
Der große Nachteil
Da kommt doch jetzt die Frage auf, was es denn für einen Nachteil geben kann? Mir ist ganz extrem aufgefallen, wie sehr es doch stört, abgelenkt zu werden, als ich Everything, Everywhere, All at Once gesehen habe. Meine Snacks konnte ich mir vor Beginn der Vorführung in Ruhe bestellen. Jedoch kam kurz vor Ende des Films der Kellner an meinen Platz um mich zu fragen, welches Getränk ich denn nochmal hatte. Bei der üblichen Lautstärke und der minimalen Sprachbarriere habe ich ihn erstmal nicht verstanden. Bis dann aber alles geklärt war, sind vielleicht 20 Sekunden vergangen. Bei dem genannten Film aber genug, um aus dem Kontext geworfen zu werden. Auch die Rechnung erhält man während des Films. Das sind also hier und da ein paar kleine Störungen, die mir persönlich das Filmerlebnis etwas schlechter machen. Ich muss aber sagen, die Servicekräfte geben sich unheimlich viel Mühe, nicht zu stören. Sie laufen geduckt durch die Reihen, gesprochen werden muss eigentlich nicht, alles lässt sich über die Zettelchen erledigen. Dieses eine Erlebnis war vermutlich eine Ausnahme. Wer weiß, vielleicht war der eine Kellner ja neu, jedenfalls war nur eine weitere Person im Kinosaal, es gab also so gut wie keine weiteren Störungen.
Ansonsten, wenn man das Prinzip kennt, macht das Filme gucken im Alamo Drafthouse wirklich viel Spaß. Besonders die alten, bekannten Filme mal im Kino zu sehen macht wirklich Spaß. Und ein großer Vorteil für Nils und mich, die wir schon seit jahren Filme nur im O-Ton gucken, fast alles ist auf englisch. Endlich!

Freiluftkino bis zum Abwinken
Nicht nur die Kinokultur in den klassischen Sälen ist abwechslungsreich und ansprechend. Wem die 17$ pro Film zu viel sind, der kann sich in eines der vielen Freiluftkinos setzen und dort ganz umsonst einen Film anschauen. Ganze 13 Freiluftkinos stehen einem mit freiem Eintritt zur Verfügung. Zwar muss man gucken, was halt grad läuft, aber die Auswahl ist nicht schlecht. Von alten Klassikern über Disney bis zu beliebten 90er Filmen findet man sicherlich für jeden etwas. E.T., Jurassic Park, Ferris Bueller’s Day Off, Encanto, die Liste guter Filme ist wirklich lang. Also Decken eingepackt, Snacks zubereitet und das Mückenspray nicht vergessen. Selbstverständlich ist auch für das Wohl gesorgt und irgendeiner der vielen hier ansässigen Foodtrucks steht bereit.