„So ein glücklicher Teufel.“ hört man in manchen Situationen jemanden über eine Person sagen, die in sich moralisch fragwürdig ist, aber einfach Glück hatte nicht davon Schaden zu nehmen. Dieser Prämisse nahmen sich „Lucky Devil“ von Autor Cullen Bunn und Zeichner Fran Galán an. Es ist eine Geschichte der Abgründe, des Fanatismus, der Reue und der Angst. In gewohnt hoher Druckqualität und in einer Hardcover-Ausgabe brachte Splitter diesen One-Shot auf den Markt. So viel sei Vorweg gesagt: es wird brachial und brutal.
Vom Loser zum Messias
Wir werden direkt hineingeworfen und stehen kurz so ratlos und fragend herum, wie der inmitten der zahlreicher Leichen mit aufgerissenen Augen stehende Stanley. Er berichtet in einer Selbsthilfegruppe, dass ihm unmenschliches Geschehen sei, als einziger Überlebender eines Massakers in einem Diner. Stanley nimmt uns mit in sein derzeitiges Leben, das gelinde gesagt durchschnittlich langweilig ist. Im Job ist er der Typ, der für die Belegschaft des Büros das Essen holt und keinen Extrawunsch vergisst, ihm jedoch nicht gedankt wird. Natürlich will es die Exposition dieser Figur so, dass er von einem vorbei fahrenden Auto mit Wasser eingedeckt wird und ihm das Essen zu Boden fällt. Hinzuzufügen, dass seine Freundin ihn betrügt, muss man fast nicht, um sich ein Bild von Stanley zu machen. Er hat gelernt der hilflose, machtlose und immer unterwürfige Verlierer der modernen Ellenbogengesellschaft zu sein.
Am Höhepunkt seiner Wut und Verzweiflung durchströmt ihn der Dämon Zedirex der Qäuler, kurz Zed. Seine Macht, die eiskalte Abrechnung mit allen in diesem Büro, die Stanley und der Welt schlechtes angetan haben, verläuft apokalyptisch brutal. Mit Gedankenkontrolle, herbeiführen von Feuer, Krankheit und Wahnsinn nimmt Zed das Büro auseinander. Doch damit nicht genug, denn dem Dämon gefällt jene Rache an der Menschheit im Namen Stanleys. Dieser ist hingegen weiterhin durchdrungen von Moral und Ethik, er befindet sich also in einem unausweichlichen Dilemma mit einem Dämon und seinen Dämonen. Erst die Zuwendung zu einem Schamen, der auf flehendes Bitten Stanleys diesen Dämon aus seinem Körper verbannen soll, gewinnt Stan wieder an Autonomie. Zed ist aber nicht, nur noch schwächer und fortan dem Willen Stans ausgesetzt, nicht mehr andersrum. Nun zeigt sich wer das wirklich dämonische Wesen ist, wenn politischer Einfluss, soziale Anerkennung und weltliche Macht in die Waagschale gelegt werden.
Schonungslose Bilder
Die Zeichnungen von Fran Galán, die man sicherlich aus einigen Marvel oder DC Comics kennt, zeichnen sich durch einen einzigartigen Stil aus. Die kantige Formgebungen von Gesichtern, die feinen Details in dessen Hintergründen und die Wahl der Perspektiven beziehungsweise Bildkomposition ist schlichtweg fantastisch. Ins Besondere die Wechsel von Close-Ups zu Totalen, die einzelne Figuren über den Panelrand hinaus einfangen und so nahezu jede Seite sehr lebendig wirken lassen. Dazu muss gesagt sein, dass die Kolorierung durch den spanischen Künstler Juan Antonio Torres, meistens El Torres genannt, eine perfekte Symbiose mit dem Script und den Panels Galáns eingeht.
Dieses Gespann aus hochklassigen Künstlern liefert nun also diese skurrile, teilweise abscheulich explizite, sehr sarkastische und höchst kritische Geschichte ab. Dass sich dabei vor allem die Leistungsgesellschaft und religiöser Fanatismus warm anziehen müssen, braucht wohl kaum noch erwähnen. Zwischen den vielen Seitenhieben auf die Gesellschaft liegt jedoch auch immer ein Quäntchen Tragik in der Figur Stanley. Das macht diese Geschichte zu mehr als nur einer zynischen Abhandlung von leicht zu kritisierenden Eigenschaften der westlichen Gesellschaft.