Marvel Must-Have: Deadpool – Weiber, Wummen und Wade Wilson

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Er ist laut, er ist schrill, er ist gewalttätig und rot. Natürlich ist damit nicht ein Weihnachtsmann auf Metamphytaminen im Urlaub gemeint. Na Klar, wir reden von Wade Wilson, dem degenerierten Regenerierenden, dem Söldner mit der großen Klappe, dem einzig wahren Deadpool. Im Rahmen der Marvel Must-Have Reihe hat Panini Comics den für die Figur recht exemplarischen und äußerst skurrilen Hardcoverband „Deadpool: Weiber, Wummen und Wade Wilson“ herausgebracht.
Der Autor Duane Swierczynski ist Kriminal- und Comicautor, der vorher bereits über die Figuren Moon Knight, Punisher und Iron Fist schrieb. Der in dieser Mini-Serie zeichnende Künstler ist Jason Pearson, der seit den frühen Neunzigern umtriebig für viele eigene „Creator-owned“ Titel und Vertragsarbeiten für Marvel und DC zeichnete und schrieb. Diese Mini-Serie ist im von der Kontinuität losgelösten Marvel Knights Universum angesiedelt, die sich explizit an Erwachsene richtet. Es knallt also ordentlich in dieser Geschichte.

Wade Wilson’s War

Ja, die Assoziation zu Charlie Wilson’s War ist mehr als zufällig. Kurz erklärt: Charlie Wilson, ehemaliger texanischer Kongressabgeordneter war zur Zeit des kalten Krieges einer der Hauptverantwortlichen für die Militarisierung und Ausbildung ultrareligiöser und radikaler Gruppierungen im Nahen Osten in den 70er Jahren. Diese historische Vorlage nutzte der Autor Swierczynski, um den durchgedrehten Söldner Wade Wilson vor dem Senat eine alternative Realität zu erzählen.

In der wirren und überaus häufig die vierte Wand brechenden Art und Weise nimmt uns Deadpool mit auf eine Reise in die Vergangenheit. Es werden Schauplätze vergangener Kriegsverbrechen und Massaker infiltriert, Milizen getötet, Kartellbosse abgeschlachtet und ganze Innenstädte verwüstet. Deadpool ist dabei jedoch nicht allein, denn das Team mit dem Namen „X“ ist schließlich Teil der geheimen Operation der Regierung. Die Mitglieder dieses Teams sind der immer treffende Bullseye, die Nahkämpferin Silver Sable und die vom Glück geküsste Domino. Mit diesen drei „Superhelden“ macht sich Wade Wilson alias Deadpool also auf in der Geschichte der US-Geheimdienste herum zu meucheln. Ihr Ziel ist die Freiheit, ihre Methoden allerdings nichts anderes als fragwürdig.

Es ist natürlich wenig Konventionelles oder Berechenbares an dieser Geschichte, die daher auch nicht weiter ausgeführt werden kann, ohne zu Spoilern. Einige grundlegende Eigenschaften sind allerdings die zahlreichen Hommagen an Popkultur, die direkte Rede an den Leser, der gewisse Meta-Humor für den Deadpool so bekannt ist und eine gehörige Menge Gewalt. Es wird wirklich an keinem Ende mit absurden Witzen und konterkarierender Gewalt gespart. Für Fans oder zumindest Interessierte der Figur Deadpool, sollte man sich diese Episode definitiv nicht entgehen lassen.

Die Form gewahrt

Copyright: Panini Comics

Da diese Mini-Serie im Knights-Universum angesiedelt ist, präsentiert sich Deadpool in einem sehr viel dreckigeren Look. Jason Pearsons Stil bewegt sich irgendwo zwischen schroffen Formen, extremen Expressionen, immer vorhandenen Schraffuren und Cross-Hatches, teils reduzierten Designs und jeder Zeit bereit für eine absolut coole Splashpage. Die von Paul Mounts beigesteuerten Farben sind zudem vielseitig und geben dem Gezeichneten die gewisse Note. Seine digitale Koloration sieht man an Farbgradienten und den klaren voneinander gelösten Farbflächen, die wie ein Mosaik zusammengefügt Dimensionalität im Bild erschaffen. Es sind zumeist drei bis vier Abstufungen eines Farbtons in den Panels zu sehen.

Es ist zugegebener Maßen ein anfänglich gewöhnungsbedürftiger Anblick des großteilig glatten und mainstreamigen Deadpools. Die absurden Figuren, die noch verrücktere Geschichte und die ständig mit der Form gebrochenen Szenen, lassen einen dann allerdings schnell reinfinden. Es ist zum Ende dieser Ausgabe tatsächlich so, dass diese Geschichte in genau dieser Form bestimmt nur so gut funktioniert gerade weil sie diesen Look hat. Pearson und Swierczynski haben damit ein Paradebeispiel für die Verbindung aus Form und Inhalt in nur vier Kapiteln vollbracht.

Deadpool...aber mit Geschichte
Das Marvel Must-Have „Deadpool: Weiber, Wummen und Wade Wilson“ ist alles, was man sich von Deadpool wünschen kann. Es ist extrem, laut, frech, albern und viel zu drüber, als dass man irgend etwas davon wirklich ernst nehmen kann. Doch gerade das macht den Reiz an dieser Figur aus und hat in den letzten Jahren die Deadpool-Mania befeuert. Der historische Kontext, den der Redakteur Thomas Witzler im Vorwort erläutert, gibt dieser Mini-Serie seine spannenden und pointierten gesellschaftskritischen Aspekte. Es macht genau das, was man von Deadpool erwarten kann und um in den Worten des in diesem Comic zitierten Pablo Picassos zu bleiben: „Kunst ist die Lüge, die uns die Wahrheit sehen lässt.“
Pro
skurriler und alberner Humor
Meta-Ebene wird intelligent durchbrochen
historischer Bezug und Kritik daran
Kontra
Zeichnungen sind anfänglich gewöhnungsbedürftig
9

Lars Hünerfürst

Minimalistisch und musikalischer Comic Enthusiast - lief zu Fuß von Berlin nach Paris

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