Miles Morales ist erst seit knapp 13 Jahren als eigenständige Figur im Marvel-Kosmos unterwegs. In „Miles Morales: Spider-Man 1 – Im Visier“ begeben sich Cody Ziglar und Federico Vincentini auf Spurensuche klassischer Motive. Nun ist Miles bereits überaus populär in der realen Popkultur, durfte in bisher zwei großartigen Animationsfilmen glänzen und ist gefeierter Charakter in so manchem Spider-Man-Game. Ob dieser bei Panini erscheinende Neustart seiner Figur etwas hinzufügen kann, lässt sich herausfinden.
Miles, ein Neustart gefällig?
Wir starten diese Nummer 1 mit Erzähler-Boxen, die über denn Sinn von Selbstlosigkeit und Hilfsbereitschaft sinniert. Gezeigt wird eine junge Frau, die einer Obdachlosen wohl bereits mehrfach etwas zu Essen gab. Sie scheint keine Familie zu haben, wirkt wie eine starke Einzelgängerin. Ein harter Schnitt in Miles Leben folgt, der wieder einmal damit beschäftigt ist Schurken das Handwerk zu legen. Dieses Mal ist der Scorpion auf der Mission höchst sensible Technik zu stehlen. Noch lässt sich nicht viel vermuten.
Miles schulische Laufbahn rückt mehr ins Zentrum und seine Präsenz und Leistung ist nicht den Anforderungen entsprechend. Er wird gemaßregelt, seines Glücks bei der Verlosung für seinen Platz gewonnen zu haben, erinnert und gerät in einen Disput mit dem übergriffigen Lehrer. Die Folge: Suspension.
Raus in die Stadt zu schwingen und seine Freundin Tiana Toomes (Tochter von Vulture) kontaktieren, wollte er machen. Doch trifft er auf einen viel zu stark ausgerüsteten Anfänger im Schurke sein. Die Quelle für die Technik hängt wohl mit den Machenschaften Scorpions zusammen. Um gemeinsam zu investigieren, geht er in Team-Up mit Misty Knight ein. Zusammen gehen sie auf Spurensuche und treffen schnell auf die Urheberin dieses ganzen Unwesens: Rabble.
Verzeihen, vergessen, verdrängen
Eines der häufigsten Motive in der Welt der Spider-Wesen ist das Verarbeiten der eigenen Fehlbarkeiten. Peter Parker kämpft sein Leben lang mit den vielen verpassten Chancen Leben zu retten, seine Mary Jane zu heiraten (sind sie derzeit wieder) oder integre Entscheidungen zu treffen für die eigenen Bedürfnisse und nicht das große Ganze. Miles darf nun ein ähnliches Problem lösen. Seine neue Kontrahentin Rabble hat gleich mehrere Themen und Motive in sich verkörpert. Sie ist eine aus Jordanien stammende, äußerst intelligente Erfinderin und Ingenieurin, die ihre Mutter früh verlor und ihre Heimat hinter sich lassen musste.
Beim Versuch ihren Talenten auf legalem Weg Förderung zu versehen, geriet sie an Grenzen des Systems. Miles war es, der ihr den Platz, den sie sich an der Schule erhoffte, „wegnahm“. Nun ist Miles also das Ziel Nummer eins. Man kann sich nun fragen, ob dieser Comic die Vereinfachung von komplexen Problemen und die damit einhergehende Projektion eines von vielen Menschen verantworteten Problems auf Miles befeuert. Rabble als Antagonisten kommt ihrerseits jedoch nicht gut dabei weg. Zwar kann man ihre Probleme nachvollziehen, doch unterm Strich wird sie von Seite zu Seite unsympathischer, manischer und bietet viel Arbeitsfläche für die Psychologin des Marvel-Kosmos.
Miles hingegen kämpft mit vollstem Einsatz in dramatischer, von Regen getränkter Szenerie, gegen Rabble. Sein bester Freund Ganke wurde entführt, seine Freundin Tania kann dem Kampfanzug Rabble nichts entgegenbringen und auch Misty Knight ist nicht da, wenn man sie braucht. So schlagen die Zwei, Rabble und Miles, mit voller Wucht in einem Sturm aus Fäusten aufeinander.
Wuchtiger Auftakt
Nicht nur die doch recht facettenreichen Figuren, auch die visuelle Umsetzung durch Vincentini liefern ab. Der Zeichenstil und die Kolorierung von Bryan Valenza sind eine Bombe. Der schnittige Stil des Italieners Vincentini gehört mittlerweile zu einigen meiner Lieblingsstilistiken, da sie scharfe Konturen, eine hohe Dynamik und ästhetische Posen mit einer ausgewogenen Detaildichte und überzeugenden Expressionen zu verbinden weiß. Immer wieder überrascht eine Doppelseite, eine Flashpage, die gegen die gewohnte Orientierung gedreht ist, also Stadt oben, Himmel unten, während Miles hinabstürzt. Solche vielen kleinen Spielereien machen dieses Comic zu einem sehr überzeugenden Start in eine hoffentlich ebenso vielversprechende Reihe.