Die Intention Gutes zu tun liegt so gut wie jedem Inne. Doch was ist „das Gute“? Was passiert, wenn die eigentliche Absicht und die daraus resultierenden Taten sich gegen einen wenden?
Es ist wie immer viel komplizierter, als man es so Anfang vermuten würde. Der Manga „Monster“ befasst sich eben genau damit: Was ist gut oder böse?
Geschrieben und gezeichnet hat diese Kriminalgeschichte der japanische Künstler Naoki Urasawa. Eine Animeadaption, schwer im Stil der ausgehenden 90er Jahre, dazu gibt es auch. Der Carlsen Verlag hat diesen Klassiker der japanischen neunten Kunst in Perfect Edition neu auf den Markt gebracht. Die gesamte Geschichte kann man nun in neun dicken klappenbroschierten Bänden erhalten.
Die Handlung
Wir befinden uns in Deutschland in den 80er Jahren. Ein junger und extrem talentierter Neurochirurg aus Japan arbeitet eifrig für den Direktor der Klinik und Schwiegervater in spe. Kenzo Tenma ist selber noch jung und fügt sich in der Regel den Anweisungen der Obrigkeiten. Doch an diesem einen schicksalshaften Tag entscheidet er sich nicht das Leben eines alten und wohlhabenden Mannes zu retten, sondern das eines Kindes mit einer Schusswunde im Kopf. Die Verlobung zur Direktorentochter Eva Heinemann wird daraufhin aufgelöst. Ihm wird außerdem nahegebracht, dass er sich eine große Karriere vom Lebensplan streichen kann.
Am Bett des noch bewusstlosen Kindes Johan wünscht er sich, dass die selbstgefälligen Männer für ihre Ignoranz bezahlen würden. Schon wenige Tage später verschwinden Johan und seine Schwester Anna aus dem Klinikum. Nahezu zeitgleich findet man die vergifteten Leichen des Klinikleiters und eines Oberarztes.
Es tritt der scharfsinnige Kommissar Runge auf. Dieser ist ein kaltschnäuziger Mann mit Kalkül und einer Besessenheit für seinen Beruf. Seine scharfen Züge unterstreichen die rücksichtslosen, doch immer legalen, Methoden die sich Kommissar Runge zu eigen macht. Tenma gerät ins Visier des ermittelnden Kommissars, denn ein Alibi fehlt und ein Motiv ist vorhanden. Jedoch kann nichts nachgewiesen werden und Tenma wird entlastet.
Jahre später, Tenma ist bereits Chefarzt der Neurochirurgie, gerät die heile Welt gravierend aus den Fugen. Berichte zu ermordeten Paaren mittleren Alters häufen sich. Sie wären Adoptiveltern eines blonden Jungen gewesen. So beginnt die Jagd nach Johan quer durch Deutschland, mit dem Ziel das einst Gute, das zu dem Bösen wurde, rückgängig zu machen. Bis in die Untiefen radikaler Organisationen und geheimer Forschungseinrichtungen taucht Tenma auf seiner Suche ein.
Fragen darüber, wer das Monster wirklich ist, Tenma oder Johan, Hintergründe zu Johan und Anna und ein großer Kanon an Figuren, die die Protagonisten auf ihrem Weg begleiten machen dieses Werk so interessant und absolut spannend.
Der Stil
Der Zeichenstil Naoki Urasawas ist sehr klar und klassisch. Seine Zeichnungen haben einen immens hohen Wiedererkennungswert und inszenieren die Geschehnisse teilweise erheblich besser, als mancher Kriminalfilm. Einige male finden sich farbige erste Seiten eines neuen Kapitels in den Mangas. Ein kleines nettes Detail und Hilfestellung für die Vorstellung der farblichen Stimmung dieses Werks.
Die Szenerie versprüht sie viel Liebe fürs Detail und zeigt eindrucksvoll exakte Abbildungen verschiedener baulicher Werke, dass es einem nicht schwer fällt in die aufgebaute Atmosphäre gänzlich einzutauchen. Immer wieder nutzt der Künstler unterschiedliche Mittel um Dimension in seine Bilder zu zaubern, mal sind es getuschte schwarze Flächen, die Schattenwürfe erzeugen, mal sind es sich kreuzende Linien und ein anderes Mal ist es die Verwendung von Rasterfolie, mit denen interessante Farbgradienten entworfen wurden.
Das Figurendesign und die Gesichtszüge im allgemeinen sind sehr wenig „mangaesk“. Verhältnismäßig kleine Augen, rundliche Gesichter mit wulstigen Augenpartien und großen „europäischen“ Nasen gehören in diesem Werk zum gewöhnlichen Bild. Ebenso überzeugend passend wie die Gesichter sind die dargestellten Ausdrücke der selben. Von tiefster Melancholie und gebrochenem Lebenswillen bis zu ekstatischer Euphorie und kindlicher Freude gelingt dem Künstler jede Facette der menschlichen Emotionen bravourös.
Fazit
Die Reihe „Monster“ ist ein wahnsinnig spannender Kriminalmanga, der in dieser Art sicherlich schwer woanders zu finden ist. Die Komplexität der Figuren, die entstehenden Beziehungen und daraus folgenden Entwicklungen der Charaktere ist gnadenlos und meisterhaft. Im Zentrum steht die Frage: „Was macht einen Menschen zum Bösen?“ und es ist eine Frage, die gerade mehr an Aktualität gewinnt. Was lässt einen Menschen gegen jedweder Ethik und Moral handeln und damit anderen Menschen Leid zufügen? In „Monster“ werden Lösungen gesucht, aber werden sie gefunden? Wird Dr. Tenma seine Missetat wieder umkehren können und Johans bösartiges Wesen bremsen?
[…] japanische Studio war „Madhouse“, welche auch „Trigun“ und die Anime-Serie zum Manga „Monster“ […]