My Broken Mariko

26. März 2022
2 Minuten Lesezeit
Copyright: Egmont Manga

DISCLAIMER: Der folgende Text kann verstörende Inhalte beinhalten. Von der Thematik „Suizid“ betroffene Angehörige und ernsthaft darüber nachdenkenden Personen ist geraten professionelle Hilfe aufzusuchen, sich einer Therapie zu benützen oder in akuten Situationen die Telefonseelsorge (0800-1110111) anzurufen.

Jedes Jahr sterben mehr als 9000 Menschen allein in Deutschland durch den gewählten Freitod, den Suizid. In Japan, dem Herkunftsland dieses hier zu besprechenden Mangas, steigen die Zahlen auch unter Jugendlichen jährlich an. Allein 2019 beendeten rund 660 Teenager freiwillig ihr Leben. Japan ist zudem weltweit das einzige Land, in dem laut WHO Suizid die zahlenschwerste Todesursache für Menschen zwischen 15 und 39 ist.

Es gibt sicherlich wenige Themen, die so stigmatisiert und tabuisiert sind wie dieses. Dabei sollte erheblich mehr darüber in der breiten Öffentlichkeit geredet werden. Mittels sensibler und einfühlsamer Kommunikation nach Ursachen für solch Bestreben einer Person zu suchen, als zu stigmatisieren. Allein die Tatsache, dass der Freitod strafbar war und in vielen Religionen als sündig angesehen wird, stellt schnell heraus, wie wenig Offenheit in einer gesellschaftlichen Diskussion lange Zeit herrschte. Dass dieses Thema viel diskutiert wurde und wird, lässt sich bei einem kurzen Blick auf die Wikipedia-Seite zum Thema erkennen. Es ist eine wirklich ernst zu diskutierende Thematik.

Der Manga One-Shot „My Broken Mariko“ von Waka Hirako widmet sich diesem Thema aus der Perspektive einer Hinterbliebenen. Mit jedem Kauf unterstützt der Verlag Egmont-Manga die Suizidprävention mit 50 Cent.

Die Handlung

Shiino ist eine im Berufsleben angekommene junge Frau, die über die Fernsehbachrichten von etwas Schrecklichem erfährt. Ihre beste Freundin aus der Schulzeit hat sich das Leben genommen. Völlig perplex und überfordert nimmt sie sich Urlaub und beginnt eine umwälzende Trauerphase. So schmiedet sie einen Plan.

Sie wird die Asche ihrer besten Freundin Mariko an den Ort ihrer Sehnsucht bringen, das Meer. So begibt sich Shiino auf zum Haus des Vaters der Verstorbenen. Dieser ist ein Trinker, gewalttätig und vergewaltigte seine Tochter. Kurzerhand klaut Shiino die Urne und macht sich auf den Weg.

Dieser Manga lebt davon, dass die Protagonistin in ihrem Trauerprozess nach Gründen und Hinweisen für den Suizid sucht. Über Rückblenden erfahren wir Leser in welchem katastrophalen Umfeld Mariko groß geworden ist, wie sehr sie darunter litt und wie wenig Perspektive auf Besserung bestand. Die Beziehung der besten Freundinnen war lange Zeit das Einzige, was einen noch früheren Austritt aus dem Leben verhinderte.

Die Autorin nimmt den Leser mit auf eine Reise, örtlich und seelisch. Trauer und Verlust sind alltägliche Themen, die unter solch speziellen Umständen allerdings viele Fragen und auch verzweifelte Schuldgefühle zurücklassen.

Vielleicht hätte man doch dieses und jenes tun können, bevor es zu spät war? Vielleicht hätte man helfen können? Warum hat sie/er nichts gesagt? Diese und hunderte weitere Fragen stellen sich dann einem. Davon werden einige in diesem Manga angefasst und versucht aus der Perspektive der Hinterbliebenen zu beantworten.

Der Stil

My Broken Mariko Leseprobe

Die Zeichnungen sind rotzig, kantig, expressiv und wild. Shiinos Gestik erinnert an einige Shonen-Charaktere und erzeugt viele Humor und Leid. Der Balanceakt zwischen Trauer und Situationskomik, die Shiino in ihrer Art und Weise Dinge zu erledigen, erzeugt eine ausgeglichene Lesart. Einige Szenen sind von expressiven Handlungen bestimmt und werden mit laut und groß geschriebenen Lettern unterstützt. Hierin explodiert die Protagonistin förmlich. Gleichzeitig zeigt Waka Hirako die sensiblen und zarten Seiten ihrer Figur Shiino und einer jeden anderen Figur in wundervollen ganzseitigen Panels.

Ganz allgemein gesprochen ist dieser Mangastil relativ unkonventionell, frisch und dynamisch. Eine den Manga bestimmende Tonalität helle Panels und expressive Linien zur Verstärkung der Atmosphäre zu nutzen, macht bei diesem eh schon bedrückenden Thema einen wundervollen Effekt beim Leser.

Fazit

„My Broken Mariko“ ist ein eindrucksvoller, emotionaler und tiefgreifend beschäftigender Manga. Die Thematik ist nicht leicht und auch nicht unbedingt für einen eh schon melancholischen Nachmittag geeignet. Die Autorin schafft es auf nur wenigen Seiten den Trauerprozess und die Verarbeitung des Unglaublichen sensibel und taktvoll zu erzählen.
Zum Ende dieses Mangas sind noch zwei weitere Kurzgeschichten angehängt, die es meiner Meinung nach nicht gebraucht hätte. Als kleines Extra, erhält man zum Kauf dieses Werks eine schön illustrierte Postkarte.

Lars Hünerfürst

Minimalistisch und musikalischer Comic Enthusiast - lief zu Fuß von Berlin nach Paris.

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