Nusantara – traditionelle indonesische Küche in Berlin

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Wie schön ist es doch die einmal gemachten Erfahrungen und Geschmäcker aus einem vergangenen Urlaub noch einmal zu erfahren. Häufig sucht man sich dann in seiner Umgebung ein vermeintlich traditionelles Restaurant der jeweiligen Küche. Noch viel häufiger erlebt man jedoch eine kleine bis mittelschwere Enttäuschung. Es schmeckt einfach nicht, wie damals im Urlaub.

Dies hat vielerlei Gründe: die Verfügbarkeit von regionalen Zutaten in guter Qualität, die klimatischen Gegebenheiten, die einen Einfluss auf den Geruchs- und Geschmackssinn haben und ganz einfach die Einstellung zum zelebrierten Essen gehen. Vieles davon lässt sich einem oft von Terminen und zeitlich begrenzten Aktivitäten nicht wiederfinden. Umso schöner ist es, wann man ein Restaurant empfohlen bekommt, das so nah wie möglich an der „echten Küche“ dran ist. In meinem Fall war es wieder einmal ein Hinweis von jemandem aus dem Kollegium.

Kulturaustausch durch Essen

Es dauerte ein wenig bis ein geeigneter Termin gefunden war, um das indonesische Restaurant „Nusantara“ gemeinsam zu besuchen. Besagte Person stammt selber von der indonesischen Insel Java (gesprochen: Dschava) und zog erst mit 7 nach Deutschland. Wie sich in den Gesprächen während der traditionellen Gerichten und Getränke zeigen sollte, war der Kulturschock, der Wurf ins kalte Wasser des deutschen Schulwesens und die vielen kleinen ganz alltäglichen Unterschiede zu ihrer gebürtigen Heimat immens. Zu Hause wurde natürlich jahrelang weiterhin die Kultur weitergelebt, was das Essen unbedingt miteinschließt. Ich war also in bester und kulinarisch kundiger Begleitung und genoß es sehr.

Das Ziel: Nusantara in der Turmstraße 18 in Berlin Moabit. Es war der bisher heißeste Tag in Berlin mit knackigen 38°C, was sogar die für Indonesien gewöhnlichen 30-32° Celsius heftig überstieg. Angekommen am Restaurant fiel die Wahl auf den schattigen Sitzplatz vor dem Restaurant daher nicht sehr schwer. Das Restaurant folgt keinem aktuellen Designverständnis oder versucht besonders Hipster zu wirken. Die ausgeblichenen Bildern und handgeschriebenen Preiszetteln neben dem Eingang, die rustikale und luftig freie Einrichtung, sowie die überall zu findenden Farben Rot und Weiß (Nationalfarben) seien laut Aussage meiner Begleitung jedoch absolut typisch für Restaurants Indonesiens.

Meine Vorfreude und Spannung war hoch. Das Nusantara gibt es seit 11 Jahren in Berlin und wurde ursprünglich aus der Motivation gegründet den Berlinern ein Stück fremde Esskultur zu zeigen. Eines kann man den Restaurantleitern lassen, sie haben eine Karte, die gefüllt ist mit ganz traditionellen Gerichten der Straßenküchen und Hausmannskost der Region.

Zum Start

Wegen der hohen Temperaturen gönnte sich jeder von uns ein kaltes Getränk. Zwar kamen diese später als die warmen Vorspeisen, fantastisch geschmeckt haben sie trotzdem. Zweierlei kalte „Shakes“ fanden sich auf unserem Tisch. Zum einen ein mit Palmzuckersirup gesüßter Avocado-Shake (Es Alpukat) und zum anderen ein ebenso mit Palmzuckersirup gesüßter, auf Jackfruit basierter und einem Hauch Kokoswasser abgerundetes Getränk, welches zudem noch mit Es Cendol (grünes Reismehlgelee) farblich aufgewertet wurde. Für mich gab es außerdem einen schwarzen indonesischen Kaffee (Kopi) dazu, der mich sehr an vietnamesischen Kaffee erinnerte, allerdings komplett ungesüßt.

Die Vorspeisen waren zahlreich und vielfältig. Es gab zwei Suppen und eine bunte vegetarische Mischung frittierter Köstlichkeiten (Gorengan Mix=gebratener Mix), die mit extrem leckerer Erdnusssauce, sowie einem Dip aus süßer Sojasauce mit Chili verfeinert, absolut überzeugt haben. Wie auch in anderen tropischen und subtropischen Gebieten ist das Frittieren nicht nur sehr beliebt, weil es einfach unfassbar lecker schmeckt, sondern einen Bakterien tötenden und somit konservierenden Charakter mit sich bringt.

Die Suppen waren für mich eine Bakso, eine sehr traditionelle klare Brühe mit Mie-Nudeln, Glasnudeln und Fleischklößchen als Einlage, abgerundet mit Sojasprossen und frischem Pak-Choi, Frühlingszwiebeln und ein paar Kräutern. Meine Begleitung genoß die Jackfruit-Suppe (Lontong Sayur), die mit gekochten Jackfruitstückchen und formfestem gepresstem Reis (Longton) gefüllt waren. Der klebrige und schon vorgegarte Reis wird unter Druck in Bananenblättern eingewickelt und somit zu einem schnittfesten Reiserlebnis.

Der zweite Akt

Und dann kamen die Hauptspeisen. Wir beide waren schon mehr oder minder voll, die Sonne brannte immer noch unbarmherzig vom Himmel herab. Die wohligen Aromen und überraschenden Geschmäcker füllten unsere Bäuche. Es schien mir bis dahin, hingegen meiner Erwartung, alles sehr mild und keines Wegs scharf oder würzig. Mit dem Hauptgang sollte sich mein Eindruck ändern.

Schon füllte sich der Tisch mit Pempek Lenjer, was auf den ersten Blick aussieht wie Wurst. Die in Form gepressten „Würste“ bestehen allerdings aus Fischpuree, welches mit Chili und Frühlingszwiebeln vermengt eine sehr interessante Darreichungsform von Fisch ergeben. Dazu wurden ebenfalls die in vielen indonesischen Gerichten zu findenden Mie-Nudeln gereicht. Dies zwei Komponenten schwammen in einer dünnflüssigen, dennoch geschmacksintensiven, Sauce aus Chilli, Essig und Asam Jawa (Tamarindenpaste). Die ungewohnte Konsistenz der Würste ist auf den ersten Moment seltsam. Allerdings überzeugten die sehr gut abgestimmten Aromen des Fischpurees, welches auch in der Fritteuse zubereitet wird.

Meine bestellte Hauptspeise ist ein absoluter Klassiker der indonesischen Küche, wie ich mir sagen ließ. Ich hatte eine Nasi Padang, welches in Bananenblättern eingewickelt mit allen einzelnen Komponenten gegart wird. Nasi Goreng ist übrigens eines der typischsten Gerichten der Region, was nichts anderes bedeutet als „Reis gebraten“. Padang bedeutet aber nicht „in Bananen gewickelt“, es ist die Hauptstadt der westlichsten Hauptinsel Sumatra. In diesem in Backpapier gewickeltem Paket entdeckte ich allerlei leckere Zutaten. Sie waren ebenso stimmig in ihren Aromen ausgewogen. Sehr würziges und butterweiches Rindfleisch, dazu mit Chili gewürzter Grünkohl, neutralisiert von einem Kartoffelbällchen, was sich mit hier und da versteckten Jackfruits süß abrunden lies. Überall drumherum befand sich Reis, der auch scheinbar mit einer Kurkuma-Kokos-Sauce vor dem Garvorgang beträufelt war. All diese Aromen und Farben zogen in den Reis ein und gaben dem Gericht eine gaumenfüllende Würze und Feuchte. Es bedurfte also keines zusätzlichen Salzes oder Sauce.

Der Epilog

Kugelrund und glücklich unterhielten wir uns über den harten Kulturwechsel von Java nach Deutschland zu kommen, die einhergehenden Impressionen, die Herausforderungen, den bis heute geführten Lebensstil und natürlich über solch Themen wie Familie, Freunde und Gefühle. Dies sind einfach Thematiken, wenn auch nicht immer einfache Themen, zu denen man häufig ausführliche Gespräche führen kann. Also genossen wir den fühlbar kühler werdenden Abend und übersprangen das Dessert, denn es hätte nichts mehr reingepasst. Jedoch ließen wir uns noch ein kaltes Getränk, einen indonesischen Eistee (gesüßter schwarzer Tee mit Jasmin) und einer Ingwer-Minz-Limetten-Limonade bringen. Ein idealer Abschluss eines kulinarisch sehr erhellenden Abends.

Die Preise der Hauptgerichte liegen so um die 10€, die Vorspeisen bei ungefähr der Hälfte. Wo das Restaurant viel fordert sind natürlich die Getränke, wie es jede gut kalkulierende Gastronomie eben macht. In der Summe haben wir zu zweit 3 Vorspeisen, 2 Hauptgerichte und insgesamt 5 Getränke gegessen und getrunken. Alles zusammen sind wir mit einer sehr passablen Rechnung von knapp 65€ (ausschließlich Barzahlung!) aus dem Laden gekugelt. Sollte man also mal ein paar spannende, sehr traditionelle und regionale Gerichte Indonesiens probieren wollen und etwas Urlaubsflair für den Gaumen erleben wollen, dann lohnt sich der Besuch im Nusantara in Berlin-Moabit.

Lars Hünerfürst

Minimalistisch und musikalischer Comic Enthusiast - lief zu Fuß von Berlin nach Paris

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