Es ist bereits die 7. Auflage, die im Jahr 2021 von „Persepolis“ auf dem deutschen Markt beim Verlag Edition Moderne erschien.
Wer diese Graphic Novel nicht kennt, ist selbst schuld, gehört sich doch wohl zu den „Klassikern“ der modernen und selbstbewussten Comic-Literatur.
Geschrieben hat dieses einst in zwei Teilen veröffentlichte Werk die Autorin und Künstlerin Marjane Satrapi. Als geborene Iranerin erzählt sie in ihrer autobiografischen Hommage an das Leben im Iran, wie sie die Gesellschaft, die Kultur und ihre eigenen Entscheidungen wahrgenommen hat.
Die Handlung
Die Geschichte der Marjane beginnt in der Schulzeit, kurz nachdem die Kopftücher im Iran zur Pflicht wurden. Schon innerhalb weniger Seiten vermittelt die Künstlerin Satrapi sehr subtil und mit wenig Aufwand, wie viel gesellschaftliche und politische Änderungen innerhalb weniger Jahre durchgeführt wurden. Das Leben im Iran wurde fortan von konservativen Kräften bestimmt. Die Regeln des öffentlichen Lebens schienen fundamentalistischer und vor allem religionsgeprägter zu werden.
Marjane berichtet in diesem ersten Teil viel über das Familienleben, die Dynamiken im Privaten, die Veränderungen der Menschen und Gespräche an der Schule und auch, wie sehr sie anfänglich darunter litt. Die Hochschule und das Erwachsenenleben rücken näher, Partys, erste Freunde und ein Nachtleben sind in der Öffentlichkeit in diesen Jahren nicht gern gesehen. Die Restriktionen zu Kunst, Kultur und Musik lebt die Protagonistin im Privaten aus, feiert Kim Wilde und trägt angesagte Mode der 80er Jahre. Ständige Begleiter sind Episoden über Märtyrer, die politische und gesellschaftliche Entwicklung des Landes. Sie fühlt sich zunehmend eingesperrt, gehindert und möchte sich dieses Käfigs entledigen.
Eine lebensverändernde Entscheidung
So entschließt sie, für ihr anstehendes Studium nach Wien, Österreich, zu gehen. Anfangs ist die Begeisterung groß. Die gelebte Offenheit, die egalitäre Einstellung der Studenten und all die Möglichkeiten sind für Marjane reizvoll. Doch zunehmend wird ihr klar, dass sie auch dort nicht das findet, was sie braucht. Ihr wird vermehrt mit rassistischen Bemerkungen und abschätzigen Kommentaren begegnet, was die Freiheit im Geiste ebenso beeinträchtigt und nur schlechte Gefühle befördert.
Sie wird zurückkehren und im Rahmen ihres Studiums ihre eigenen Gefechte bestreiten, gegen die Obrigkeit, gegen das System. Dank ihrer Debattierfähigkeit und der selbstbewussten Art gelingen ihr einige Erfolge, jedoch stellt sie auch dort fest, dass die Indoktrination der Kommilitonen weiter fortgeschritten ist als gedacht.
Marjane Satrapi zeigt die Dualität des iranischen Lebens auf, die zwei Welten, die gelebt werden. Der öffentliche Konsens aus Anstand und Sittenhaftigkeit wird unterwandert und im privaten Kontext auf unterschiedliche Art freiheitlich ausgelebt. Nicht immer nehmen diese Geschichten ein gutes Ende. Ihr gelingt es allerdings – und dies mag auch ein Grund sein, warum dieses Werk noch immer so gefragt ist -, einen Zeitgeist, eine Perspektive auf die Gesellschaft so greifbar und gleichzeitig historisch-kulturell dicht eingewoben zu beschreiben. Es ist mehr als eine Biografie. Sie gibt uns einen Einblick in die Gefühle, Gedanken und Lebensweise einer ganzen Generation, die größtenteils unfreiwillig zu ihrem aktuellen Lebensstil genötigt wurde.
Der Stil
Die Graphic Novel ist eines der eindrucksvollsten Beispiele für einen modernen Scherenschnitt-Stil.
Ganz in Schwarz und Weiß gehalten, mit kräftigen Linien, meist weichen Formen und ausdrucksstarken Gesichtern zeigt Marjane Satrapi, wie wenig es benötigt, um große Gefühle und Schicksalsschläge mitreißend zu erzählen.
Ihre Hintergründe sind häufig ganzflächig schwarz oder weiß. Sie benutzt wenige szenische Details, da es um die Gedanken und Gespräche ihrer Figuren, der Menschen ihres Lebens geht. Diese reduzierte Art zu gestalten führt dazu, dass die Dialoge noch immersiver und wichtiger werden. Es lenkt einfach nichts anderes von den Hauptfiguren ab.
Erstaunlich ist, dass sie es geschafft hat, diesen Stil nahezu kompromisslos im Animationsfilm zu „Persepolis“ umzusetzen. Die Simplizität ihrer Zeichnungen begrenzt allerdings auch darin, perspektivisch zu arbeiten. Häufig sind die Figuren im Profil oder in der Frontalsicht zu den Lesenden zu sehen. Doch auch in diesen Momenten tritt wieder die Illustration in den Hintergrund; die Dialoge und Monologe machen den Charme dieses Werks aus.
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