Punisher 1 – Der König der Killer

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Copyright: Marvel

Wer sich in den letzten Jahren mit der zunehmenden Radikalisierung einiger Gruppierungen in den USA beschäftigt hat, kommt nicht an einem Symbol vorbei. Neben der Flagge der USA und auch der nicht mehr existenten eigenständigen Südstaaten, ist es vor allem Eines. Ein Symbol der Vernichtung, des Kampfes und des Todes. Die Rede ist vom Totenkopf, den man als Comic-Fan mit dem „Punisher“ verbindet. Dass die Menschen, die sich solcher Symbolik bedienen, ganz offensichtlich die oberflächlichsten und stupidesten einer zunehmend gewaltbereiteren Klientel sind, lässt sich aus der Ignoranz zur Geschichte der Figur schnell ableiten. Leider vergessen eben diese Menschen, dass die Ursprünge des Frank „Punisher“ Castle in den 80er Jahren und zugleich im Kampf gegen Kriminalität liegen. Diese verhältnismäßig junge Figur hatte einen schnellen Aufstieg und Fall. Erst Garth Ennis (Hellbazer: Constantine) konnte die Figur wieder aus dem Schatten aufsteigen lassen.

Nun hat der für seine Neuinterpretationen bekannte Jason Aaron (Thor, Avengers, Doctor Strange) und ehemaliger Stammautor des grobschlächtigen Killers den Versuch gestartet die Figur „Punisher“ ins 21. Jahrhundert zu holen. Ob es gelungen ist mit Unterstützung der Zeichner Jesus Saiz und Paul Azaceta betrachten wir nun. Der Start dieser in den USA noch fortlaufenden Serie ist beim Stuttgarter Panini Verlag erhältlich. Dieser Comic ist keines Wegs für junge Leser geeignet. Es gibt einem Punisher-Fan, die erwartete und für die Figur nötige Härte.

Gefährlicher Kult

Jason Aaron bedient sich geschickt an der Origin-Story des Punishers und webt diese in ein neu anmutendes Netz aus Charakterentwicklung. Der Anfang des Hasses auf die Welt, der manchmal menschenverachtende Zynismus des Frank „Punisher“ Castle liegt im Unfalltod seiner Familie. Die Organisation „Hand“ befähigt ist Tote auferstehen zu lassen. So haben sie ein Druckmittel ihren neuen Anführer an sie zu binden. Zwar wird der weltbeste Killer des Marvel-Kosmos von den Anhängern und vor allem der hohen Priesterin als die „Faust der Bestie“ gepriesen, doch folgt der als Francis Castilgione geborene Punisher einem Kodex.

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Bereits zu Beginn dieses Comics wird die schiere Kraft und unaufhaltbare Gewalt des Punishers demonstriert. Er schaltet einen Zweig einer mit Superhelden-Technologie handelnde Organisation aus. Hinter dieser steht eine der griechischen Mythologie entlehnte Figur. Es ist der Kriegsgott Ares. Dieser sehnt sich nach der Macht die den Punisher beseelt und will ihn eigenhändig töten.

Zwei Seiten einer Medaille

Was diesem Comic gelingt, muss man erstmal nachmachen. Eine Figur, die so schwer in der Kritik stand, brauchte dringend eine Veränderung. Aaron hat dafür zweierlei Dinge gelungen umgesetzt. Die fortlaufende Handlung, gezeichnet von Jesus Saiz, zeigt die Figur zwar brutal und unnachgiebig. Allerdings ist der Punisher trotz seiner radikalen Lösungen nicht mehr der gänzlich zynische Mörder. Sicherlich foltert und tötet er, es wird im Kontext der Handlung jedoch relativiert. Beispielsweise foltert er einen Soldaten der Hydra, also einen Nazi. Dies ist und bleibt nichtsdestotrotz Gewalt an einem Menschen und ist grundsätzlich verdammungswürdig. Innerhalb der Logik dieser Geschichte ergibt der Kommentar darauf jedoch eine klare Richtung vor, wer vor der Selbstjustiz des Punishers Angst haben muss und wem diese Figur nun Verachtung schenkt. So richtet er Vergewaltiger, Massenmörder und Kinderschänder, die vom Gesetz in die Freiheit entlassen wurden in zeremoniellen Hinrichtungen mit dem Schwert.

Vergangenheit und Gegenwart

Die immer wieder auftretenden Rückblicke in die Kindheit und Jugend der Figur schaffen außerdem ein komplexeres Bild des Punishers. Stilistisch sehr klug umgesetzt wechselt der Stil und Zeichner, namentlich Paul Azaceta, in eben diesen Szenen. Der erste Mord eines Menschen wird darin thematisiert. Als kleiner Junge sah er und die ganze Straße in der er lebte zu, beziehungsweise weg, wenn Kriminelle die Anwohner terrorisierten und teilweise fast tot prügelten. Doch Francis ließ es nicht los. So beschloss er für die gerechte Strafe einzutreten und weiteres Leid seiner Mitmenschen abzuwenden. Schon damals trat die hohe Priesterin der Hand auf und suchte Kontakt zu ihrem später Auserwählten. Diese Episode lässt die Figur auch wegen der sich schleichenden Radikalisierung aus mehr oder weniger altruistischen Motiven um einiges verständlicher und „humaner“ wirken.

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Etwas, das dieser Comic grundsätzlich anders macht, ist die Kräfte und das Wesen des Punishers auf eine höhere Macht abzuwälzen. Er ist der rechtmäßige Erbe und die neue „Faust der Bestie“. Somit werden ihm Superheldenkräfte geschenkt und die bis dato unmenschliche Kraft erklärt. Sie verleiht ihm einen quasi magischen Blick und mögliche weitere Kräfte, die sich in zukünftigen Ausgaben zeigen werden.

Stilistisch facettenreich

Der von Jesus Saiz gezeigte Stil ist äußerst ansehnlich und wirkt fast schon wie digitale Malerei. Die extrem vielschichtige Kolorierung durch Dave Stewart und die sehr exakten anatomischen Bilder, wie auch die fantastischen Perspektiven, Posen und Bildausschnitte, ergeben einen wahren Augenschmaus. Selten findet man einen so ästhetischen und nicht nach Comic aussehenden Stil in einem Marvel-Heft. Die Wirkung und der Inhalt schaffen wegen der Visualisierung eine große Nähe zum Lesenden. So sorgen die Künstler für ein herausragendes Leseerlebnis.

Im harten Kontrast dazu zeigt Paul Azaceta einen kantigen, stilisierten, rauen und teilweise skizzenhaften Stil, der zudem mit einer sehr auf klaren Formen beruhenden Kolorierung sehr Retro wirkt. Eine stilistische Referenz könnte Deadly Class sein, die ebenso mit harten Kanten ihrer Figuren und Farbflächen arbeiten. Es ergibt ein auch im Kontext des Flashbacks zur Figur Punisher maximal Sinn diesen Stil zu wählen und funktioniert einfach tadellos. Die Stile sind so weit voneinander entfernt, dass selbst einzelne Panels, die wie Erinnerungen einfach mitten im Dialog aufblitzen können, ganz klar zugeordnet werden können.

Brachiale und spannende neue Ideen
Dieser Comic „Punisher 1 - König der Killer“ ist fabelhaft unterhaltsam und überaus spannend mit allen Veränderungen der Figur. Der Punisher ist als Figur extrem kontrovers zu betrachten. Die Faszination für Gewalt ist, so seltsam es klingen mag, dem Menschen inne. Jason Aaron hat es geschafft den Charakter von Faschistoidem und zu entstauben, sich klar abzugrenzen und außerdem eine potentiell interessante neue Origin zu erdenken. Nicht nur ist es ein visueller Genuss, auch die Geschichte fließt so von Seite zu Seite. Als Kritikpunkt muss der Antagonist angeführt werden, dessen Motive doch recht plump sind. Zumal es griechischer Gott ist, dessen Identität der Krieg ist. Einfacher hätte man es sich nicht machen können, um einen Konflikt entstehen zu lassen. Es bleibt dennoch spannend sehr wohin die Reise mit dem Punisher geht.
Pro
Fantastische Zeichnungen
spannende neue Origin
Kontra
bisher "schwacher" Antagonist

Lars Hünerfürst

Minimalistisch und musikalischer Comic Enthusiast - lief zu Fuß von Berlin nach Paris

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