„Schau, oben am Himmel, es ist ein Vogel, es ist ein Flugzeug, es ist Superman!“
Jerry Siegel in „Superman“, Juni 1938
Mit diesem ikonischen Satz wurde einst der wohl älteste und weltbekannteste Superheld geprägt. Bis heute ist seine Präsens in vielerlei Referenzen spürbar. Sei es die Basecap, das T-Shirt, das mit dem roten „S“ auf gelbem Hintergrund bedruckt ist oder auch das gern gewählte Kostüm zu Halloween oder anderen Anlässen mit Verkleidung. Spätestens seit den ersten bewegten Bildern hat der Schwiegermutterliebling und Weltenretter Clark Kent alias Superman viele neue Fans gewonnen. Damals verkörperte ihn Christopher Reeve, in heutigen Filmen darf man den charismatischen Henry Cavill dabei beobachten wie er irdische und galaktische Konflikte löst.
Nach stolzen 85 Jahren Entstehung ist Superman aus vielerlei Gründen nicht immer zeitgemäß oder thematisch innovativ. Die Figur als solches ist einfach zu perfekt, zu glatt, zu unbesiegbar. Allerdings haben sich Paul Dini und Alex Ross bereits im Jahre 1997 zusammengeschlossen, um eine Geschichte zu erzählen, die gänzlich untypisch sein soll. Ihnen ist es gelungen den wahren Kern, den Blick auf die Menschen, des Clark Kent und seinem alter Ego einzufangen. Mit ihrem Werk gewannen sie zwei Eisner Awards. Die abgeschlossene knapp 70 Seiten lange Geschichte „Superman – Friede auf Erden“ wurde 2021 von Panini Comics in einem übergroßen Hardcover Re-Print neu auf den Markt gebracht. So viel sei gesagt: Es ist jeden Cent wert!
Im Herzen ein Farmboy
Die Graphic-Novel beginnt mit einer sehr knappen Zusammenfassung dessen, was den Helden Superman ausmacht. Ein Alienbaby auf der Flucht vor der Auslöschung, welches bei Farmern im mittleren Westen der USA strandete und zu einem überaus idealistischen und moralisch einwandfreiem Mann heranwuchs. Dies ist extrem verkürzt und wird der Wirkmächtigkeit des Superman bei Weitem nicht gerecht. Es wird einem jedoch klar, was Clark Kent antreibt und bewegt.
Als Held von Rang und Namen, dessen geheime Identität der zurückhaltende Reporter Clark Kent ist, ist er mit großer Freude dabei den Menschen mit seinen Fähigkeiten stets zu helfen. So auch an diesem Weihnachtsabend, als er den Weihnachtsbaum des Times-Square von Metropolis mit der Tanne per Luftpost bestückt. Er war schon dabei den Ort zu verlassen, doch plötzlich hört er leise eine schwache Stimme, die nach Hilfe ruft. Sofort kehrt Superman um und erkennt, dass der Hilferuf von einer fast verhungernden Obdachlosen abgegeben wurde.
Als Reporter bemüht er sich nun einen Beitrag über die Armut und den Hunger der Welt und besonders über die Obdachlosen in Metropolis zu schreiben. Ihm kommt dabei die Idee, dass er mit seinen Kräften tatsächlich etwas für die Menschheit tun könnte. Also macht er als Superman etwas, das so noch nie geschah. Er wendet sich an den gesammelten Kongress der US-Regierung und unterbreitet ihnen ein Angebot. Er stellt einen Tag zur Verfügung, an dem er versuchen wird alles überschüssige Getreide und weitere Lebensmittel an die Orte zu schaffen an denen sie wirklich gebraucht würden.
Die US-Regierung und die Vereinten Nationen unterstützen dieses Vorhaben und so beginnt sein Tag im Dienste der Armen und Hungernden. Allerdings entstehen Probleme, die der gutgläubige Held in Rot-Blau nicht erwartet hätte und es wird ein Tag voller herausfordernder Konflikte und Begegnungen.
Ein Traum für jeden visuell fokussierten Comicleser
Wer den Namen Alex Ross noch nicht mit einem Stil verbinden kann, wird ihn spätestens ab diesem Zeitpunkt als einen der größten Künstler des Genres Comic schätzen. Man nennt ihn nicht ohne Grund „den Maler“ der bebilderten Geschichten. Ein ebenso ruhmreiches Werk ist „Marvels“, das er mit Kurt Busiek erarbeitete.
Es ist wirklich nicht untertrieben, wenn man sagt, dass seine Bilder in „Superman – Friede auf Erden“ grandios sind. Schier unglaublich scheint die Tatsache, dass es sich nicht um Bilder handelt, die nachträglich bearbeitet wurden. Die fotorealistischen Licht- und Schattenspiele, wie auch die fantastische Kolorierung machen dieses Werk zu etwas ganz Besonderem. In diesem speziellen Fall lohnt sich auch das übergroße Albumformat, denn jede Seite ist eine visuelle Erfahrung.
Zumeist nutzt Ross eine Doppelseite ganz selbstverständlich so als wäre dies ein Bild, das noch ein wenig Text trägt. Aufeinander folgende Aktionen, die an unterschiedlichen Orten stattfinden, werden scheinbar spielerisch homogen ineinanderfließend dargestellt. Das Panel als Mittel der Sequenzierung wird in diesem Werk allenfalls als Brechung genutzt. Sie fügen sich trotzdem auf eine ganz eigene und spannende Art und Weise in die doppelseitigen Art-Works ein.
Im Anhang kann man zudem einige Konzeptzeichnungen erspähen. Außerdem erfährt man, dass der Zeichner sich extra Kostüme anfertigen ließ, die er dann an menschlichen Modellen in Posen fotografierte. Nicht verwunderlich also, dass Proportion und Perspektive so realistisch wirken. Ebenso so erstaunlich ist die Tatsache, dass die Bilder Malereien mit „Mixed-Media“ sind, also eine Kombination aus verschiedenen Arten von Farbe und Materialien.