The Ambassadors 1 – der Beginn einer Rache

12. Juni 2025
2 Minuten Lesezeit

„The Ambassadors 1“ von Mark Millar ist ein Comic voller Wut und Rache. Das bei Panini erschienene Werk markiert den Auftakt einer spannenden Hommage an Superheldencomics. Bisher erschienen nur diese ersten 6 Ausgaben, die in diesem Paperback gesammelt auf Deutsch erhältlich sind. Nicht nur Mark Millars bekannter Schreibstil ist eines der Merkmale für die außergewöhnliche Qualität dieses Comics. Einige der bekanntesten und renommiertesten Künstler der Zeit arbeiteten daran. Es stehen Namen wie Frank Quitely, Karl Kerschl, Matteo Buffagni, Matteo Scalera, Olivier Coipel und Travis Charest auf dem Cover. Jeder von ihnen ist verantwortlich für eines der sechs Kapitel.

Die Botschafter

The Ambassadors 1
Copyright: Panini

Die Geschichte beginnt mit der Vorgeschichte und den die Welt erklärenden Ereignisse rund um Choon-he Chung. Sie ist eine in die Jahre gekommene und inhaftierte, grandiose Wissenschaftlerin. Ihr ist es gelungen, ihren Geist in einen künstlich erschaffenen Körper zu transferieren. Dieser künstlich erschaffene Körper ist zudem fähig, aus einem Pool an Superheldenfähigkeiten eine Auswahl von drei Superkräften zu laden. Mittels dieser breit gefächerten, die Vorstellungskraft beflügelnden Fähigkeiten gelingt es Millar eine die Fantasie beflügelnde Welt zu erschaffen. Choon-he Chung ist ihrerseits getrieben von Rache. Ihr Ex-Mann, ebenfalls experimenteller Wissenschafter und auch an der Erforschung der körperlichen Erweiterungen durch Superfähigkeiten beteiligt, hat sie ins Gefängnis werfen lassen. Im hohen Alter ist es ihr gelungen ihren Ex-Mann zu überflügeln.

Sie möchte mit dieser Methode eine Reihe von Menschen befähigen Gutes zu tun. Dafür lädt sie die Weltgemeinschaft ein sich zu bewerben, um Teil des Teams zu werden. Ja, einfach zu bewerben. Manche dieser Menschen, die in den folgenden Kapiteln eine Einführung erhalten, haben sich gar nicht beworben, die von anderen vorgeschlagen wurden. Die Auswahlkriterien sind zumeist Akte großer Selbstlosigkeit, Humanität und aufopfernder Hilfsbereitschaft. So ist der schwer verliebte, sich aber nicht den ersten Schritt trauende indische Botschafter zum Teil des Teams geworden, nachdem er sich für seine Liebe opferte. Jedes Land der Welt soll in Zukunft einen Botschafter zum Schutz der Menschheit stellen können.

Der Konflikt

The Ambassadors 1
Copyright: Panini

Selbstredend sind Menschen nicht unfehlbar. So sind es zwar die altruistischsten Menschen des Planeten, die Teil des Teams werden dürfen, doch lässt sich nicht vermeiden, dass selbst die selbstlosesten Menschen irgendwann in eigenem Sinne handeln. Es steht aus zu überprüfen, inwieweit selbst der Altruist nichts weiter als ein Egoist ist. Tatsächlich ist bereits eine der Figuren nur Teil des Teams geworden, indem diese eine elaborierte Lügengeschichte auftischte.

Neben diesen inneren Zerwürfnissen droht darüber hinaus der Ex-Mann Choon-he Chungs damit seine nun einsatzbereite Schurkentruppe auf die Welt loszulassen. Diese setzt sich zusammen aus den reichsten 1% der Welt und sie verkörpern all das, was den Turbo-Kapitalisten unliebsam, verachtungswürdig und in gewisser Weise auch als Karikatur unserer Zeit ideal repräsentiert. Zusammen ziehen sie aus, um ihren eigenen Gelüsten zu frönen, auch wenn sich einige dieser Superreichen mit moralischen Zweifeln an den Plänen des durchtriebenen und egozentrischen Wissenschaftlers zeigen. Diese Zweifler werden kurzerhand kalt gestellt, indem der wahnsinnige Ex-Mann Choon-he Chungs ihnen ins Gedächtnis ruft, dass er sie mittels einer von ihm transplantierten, technischen „Backdoor“ einfach umbringen kann.

Kritik

Es besteht viel Potenzial in diesen ersten sechs Ausgaben von „The Ambassadors 1“, die zum Konflikt zwischen den Gruppen führt. Neben dieser Konflikte zwischen den Teams und den inneren Konflikten der Ambassadors bleibt noch genügend Platz für ethische Diskussionen um die Befähigung von Menschen mit übernatürlichen Kräften. Ebenso diskutabel ist die Idee der Botschafter der Länder, da sich daraus weitere Fragen zu Staat, Ideologie, Sozialisierung und Kultur ergeben können.

Leider findet sich eben dafür kein Platz in diesen sechs Heften, die außerdem recht abrupt enden. Der aufgebaute Konflikt und die Fortsetzung der Probleme im Team bleiben ebenso ungeklärt wie die Konfrontation zwischen den Ambassadors und den superreichen Schurken. Es bleibt also eine Menge liegen, dass das Team um Millar möglicherweise in der mehrfach angedeuteten Netflix-Produktion umsetzen soll. Dieser Comic ist bereits ein Produkt der Kooperation zwischen Millar und dem Streaminganbieter. Es bleibt somit also wirklich offen, ob dieser Comic ein papiergewordener Pitch für die Serie bleibt oder ob sich daraus weitere „Ambassador-Welt“ Geschichten entwickeln.

Starker Einstieg
„The Ambassadors“ ist in seiner Prämisse und künstlerischen Umsetzung sehr empfehlenswert. Die Figuren sind alle eingebettet in einem ganz eigenen Feeling, das die Künstler stilvoll und authentisch illustrierten. Dieses Zusammenkommen von Form und Inhalt, sowie der spannenden Idee Superhelden als bewusste und öffentliche Entscheidung zu inszenieren ist überaus unterhaltsam. Die Kritik an Gesellschaft und dem Genre Superhelden-Comic bleibt natürlich nicht aus.
Pro
interessante Prämisse
fantastische Zeichner*innen und ihre Stile
geschickter Konfliktaufbau
Kontra
kommt mit einem eher enttäuschenden Ende daher
9

Lars Hünerfürst

Minimalistisch und musikalischer Comic Enthusiast - lief zu Fuß von Berlin nach Paris.

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