Usagi Yojimbo 1 – Der Ronin

7. Dezember 2021
2 Minuten Lesezeit

Nach vielen Jahren und etlichen Versuchen einiger deutscher Verlage hat es „Usagi Yojimbo“ geschafft, auf festen Grund zu treten und steht nun solide in der deutschen Comicwelt. Der Dantes Verlag hat sich dem Gesamtwerk des japanisch-amerikanischen Autors und Zeichners Stan Sakai angenommen und die seit 1987 veröffentlichten US-Comics in handlichen Paperbacks übersetzt neu veröffentlicht.
Immer noch gilt die Saga des Samurai als eher unbekannt, dies trotz der großen Begeisterung der Leser:innen und Fans. Die Reihe um den tierischen Helden Miyamoto Usagi ist bereits 20 Bände lang.

Die Handlung

Auf dem Cover reitet der mit zwischen den Zähnen geklemmten Zügeln und gehobenem Katana zum Kampf bereite Samurai Miyamoto Usagi in die Schlacht. Es ist kein gewöhnlicher Samurai, wie auch die Welt nicht gerade „realhistorisch“ zu sein scheint, denn Usagi bedeutet Hase und das ist der Held auch. Diese Welt ist ein anthropomorphisierter und eher spielerisch mit der Historie umgehender Kosmos. Zeitlich spielen die Abenteuer des Leibwächters (jap.: Yojimbo) Usagi im feudalen Japan des 16. und 17. Jahrhunderts.

Der erste Band mit Titel „Der Ronin“ ist eine Kurzgeschichtensammlung (einst noch nicht unter dem eigenen Titel in Magazinen erschienen), die einen Figurenkanon einführt und ein wenig Exposition leistet was die Motive des Titelhelden betrifft. Diese kleinen Episoden haben alles, was das Fan-Herz der japanischen Kriegerkaste „Samurai“ höherschlagen lassen kann. Rivalisierende Clans, deren Handlanger Intrigen ausfechten, Ninjas, die unschuldige Dorfbewohner traktieren, charmante, aber durchtriebene Trunkenbolde, mit denen der Held zeitweise kooperieren will, und noch einige weitere Klischees dieses Genres werden bedient.

Die unterschiedlich langen Kapitel oder Doppelkapitel erzählen bisher nur weniges, was über ein Stereotyp oder eine oberflächliche Andeutung eines groß angelegten Konflikts hinausgeht. Die stärksten Kapitel sind die über die Rückkehr in sein Heimatdorf zu seiner Jugendliebe, über die politische Intrige am Hof des Shoguns, über die ausgefochtenen Schlachten als Usagi noch Samurai war und über das beschwerliche Leben eines Ronin (herrenloser Samurai) mit den vermeintlichen Freundschaften, die sich andeuten.

In den bereits angesprochenen 20 Bänden ist sehr viel Raum, um Figuren auszubauen, und es scheint so, dass die meisten Leser:innen dieser Reihe ab dem nächsten Band (spätestens dem dritten) am Haken hängen und diese Reihe feiern. Es bleibt also spannend um den Herrn Usagi, denn einige vielversprechende Handlungsstränge deuten sich bereits an.

Der Stil

In der Tradition des japanischen Mangas ist diese Ausgabe in Schwarz-Weiß erschienen. Es gibt die Auskopplung „Yokai“, die koloriert ist, jedoch nicht dieser eigentlichen 20-teiligen Serie zugehörig scheint. Allerdings ist gerade die nicht vorhandene Kolorierung perfekt für diesen Stil des Sujets „japanische Samuraigeschichte“. Die Welt wird als stimmig atmosphärisch, teilweise detailreich, mit vielen kleinen Witzen oder im Hintergrund zu entdeckenden Anspielungen gezeigt. Gewalt ist in diesem Szenario häufig aufzufinden, jedoch keineswegs in einer Art und Weise des sich daran Erfreuens. Sterbende Ronin oder Halunken atmen einen Totenkopf in einer Sprechblase aus oder verziehen mit einem „Urks!“ das Gesicht neben dem ein paar dunkle Tropfen zu erkennen sind. An nur einer Stelle wird ein von Usagi Enthaupteter dargestellt.

Das Figurendesign und die Entwürfe des Settings sind schlicht, reduziert auf das Nötigste, aber liefern dafür eine Menge an Expressivität und seltsam authentischem Samurai-Flair. Die überzeugenden tierischen Gesichtsausdrücke des Usagi variieren zwischen eiskaltem Killer und warmherzigem, sich amüsierendem Wanderer. In ihrer Gesamtheit wirken die Zeichnungen dieses ersten Bandes, gerade auch wegen der sehr klaren Linien, wenigen Schraffuren und dem allgemein hellen Eindruck, teilweise wie Cartoon– oder Karikaturzeichnungen. Hinzu kommt, dass sich in dieser Welt so etwas wie Dinosaurier befinden, die gerne von den Menschen als Haustiere gehalten werden. Eine Idee, die in ihrer Auswirkung, diesen Kosmos entweder humoristisch innovativ oder lächerlich plump zu färben, abzuwarten sein wird.

Die Panelstrukturen sind sehr klassisch, geradlinig und werden gelegentlich von Splashpages gebrochen, auf denen kämpfende Bären, Füchse, Hunde, Katzen, Hasen und anderes vermenschlichtes Getier Katana schwingend zu sehen sind.

Fazit
Noch hat die Geschichte nicht viel hergegeben, doch die Figur Miyamoto Usagi und die Welt machen Lust auf mehr. Es mag auch daran liegen, dass eine persönliche Begeisterung zu nahezu jedem Thema bezogen auf japanische Kultur und Samuraigeschichten vorliegt und es daher nicht schwerfällt, Neugier zu wecken. Der Zeichenstil war anfangs gewöhnungsbedürftig, hat aber von Seite zu Seite an Wirkung gewonnen und funktioniert überraschend gut. Die kleinen Geschichten lesen sich leider (was als positiv zu werten ist) rasend schnell weg und es bedarf an mehr. Zum Glück sind die handlichen Paperbacks nicht allzu teuer in der Anschaffung und bereits zahlreich veröffentlicht. „Usagi Yojimbo Band 1“ ist ein unterhaltsamer, wenn auch etwas oberflächlicher Einstieg in die Saga des Samurai mit den Schlappohren.
Pro
Einzigartiges anthropomorphes Samurai-Konzept, atmosphärische Grafiken und ausdrucksstarke Charaktere.
Kontra
Begrenzte Story-Entwicklung, rasante Erzählungen und Abhängigkeit von Samurai-Stereotypen.
9

Lars Hünerfürst

Minimalistisch und musikalischer Comic Enthusiast - lief zu Fuß von Berlin nach Paris.

1 Comment Schreibe einen Kommentar

Schreibe einen Kommentar

Your email address will not be published.

Über Hünerfürst.de

Einer der bekanntesten deutschen Netzkultur Blogs seit 2009. Nils Hünerfürst und seine Familie schreiben hier auf Hünerfürst.de über Technik, Kultur, Essen und Videospiele.

Über den Autor

Lars Hünerfürst

Minimalistisch und musikalischer Comic Enthusiast - lief zu Fuß von Berlin nach Paris.