Ehre, Loyalität und Treue, das sind die wichtigsten Werte eines Samurai, der „bushi-do“. Das in „Usagi Yojimbo“ ein Hase diese Werte verkörpern soll, kann auf einige Leser:innen vorerst verwirrend sein. Allerdings gelingt es Stan Sakai in seinem Epos, die Leser:innen schnell darüber hinwegsehen zu lassen, denn es fühlt sich wahrhaftig und authentisch an.
Die Reihe des tierischen Kämpfers aus dem feudalen Japan erscheint beim Dantes Verlag.
Die Handlung
Wie schon in der vorigen Rezension zum ersten Teil gemutmaßt, beginnt nun in diesem zweiten Band die eigentliche fortlaufende Geschichte um Usagi. In diesem zweiten Paperback sind treffenderweise die Hefte Usagi Yojimbo 1-6 enthalten, also der Start der eigentlichen Reihe.
Es beginnt mit einem Duell auf Leben und Tod. Ganz im Stile eines Stand-offs werden wortlos die Katanas gekreuzt. Usagi geht selbstredend siegreich aus diesem Kampf hervor. Kurz darauf treffen wir einen alten Bekannten unseres Protagonisten, den ebenfalls herrenlosen Samurai (Ronin) Genosuke, auch Gen genannt, ein Nashorn. Zusammen streifen sie durch die ländlichen Regionen des japanischen Hinterlandes und Usagi berichtet ihm wie uns Leser:innen von seiner Lebensgeschichte und den Gründen für den eingangs erwähnten Kampf. Über mehrere Kapitel berichtet Usagi in kunstvoll eingefügten Rückblenden, wie er zu einem solch außerordentlichen Samurai wurde, woraus der Konflikt mit seinem Kindheitsfreund (Band 1) entstand und wieso er schließlich Ronin wurde. Dabei bleiben noch Fragen offen, die auch direkt in den Dialogen der zwei Ronin thematisiert und in Ausblick gestellt werden, zu gegebener Zeit darüber zu reden.
Nach dieser Episode trennen sich ihre Wege und Usagi macht die Bekanntschaft mit einem der popkulturell einflussreichsten Monster, das man mit Japan verbinden kann: Gottzylla. Da in dieser Welt eh schon so etwas wie Dinosaurier zu existieren scheinen, liegt eine Begegnung mit Japans bekanntestem Kaiju (Monster) nicht weit. Es ist sehr witzig zu sehen, wie Sakai dieses Wesen in die Welt des Usagi Yojimbo einbaut und welche Interaktionen sich daraus ergeben.
Zum Ende hin lernen wir, dass der Leibwächter Usagi mehr als nur ein exzellenter Kämpfer ist. Sein taktierender und intelligenter Umgang mit einem tyrannischen Seidenhändler erinnert an den Film „Yojimbo“ vom japanischen Meisterregisseur Akira Kurosawa, der als Vorlage für den Spaghetti-Western „Eine Handvoll Dollar mehr“ diente.
Der Stil
Das Figurendesign und die Zusammensetzung von kulturell prägnanten Eigenschaften des feudalen Japans scheinen gut recherchiert, wenn auch teilweise ein wenig klischeehaft. So werden Gasthäuser häufig von devoten und nahezu rückgratlosen Wirten betrieben, die mit Sake saufenden Randalierern zu kämpfen haben. Hingegen kann man nicht verneinen, dass gerade wegen der damals vorherrschenden Klassengesellschaft wenige Alternativen bereitstanden, als zu ertragen und Dienst zu leisten.
Zeichnerisch hat dieser zweite Band eine kleine Weiterentwicklung vollzogen. Es treten vermehrt Schattierung und eine daraus entstehende Dimensionalität des Bildes auf. Die genutzte Schattierung ist, wie auch der Rest der Zeichnungen, unaufgeregt und schlicht. Der Künstler nutzt die Verdichtung von Linien auf einer Oberfläche, um diese dunkler wirken zu lassen.
Stan Sakai gelingt auch in diesem zweiten Band eine Mischung aus roher Gewalt und visuellem, nahezu Cartoon-artigem Witz. Die hierin häufiger zu sehenden großen Schlachten wirken zwar nicht so mächtig wie man es vielleicht aus anderen Formaten oder Filmen gewohnt ist, jedoch geht es auch nicht unbedingt darum, Gewalt zu zeigen. So wie es Usagi selbst von seinem Meister vermittelt bekam:
„Ein wahrer Samurai sucht den Kampf nicht… Er vermeidet ihn, wo er kann.“
[…] weiterer Teil dieses Bandes führt Usagi mal wieder mit dem listigen Nashorn Gen (vgl. Band 2) zusammen. Die beiden Figuren wachsen zu einer sehr unterhaltsamen Kombination aus Lebensansichten […]