Usagi Yojimbo 8 – Im Schatten des Todes

10. Mai 2022
3 Minuten Lesezeit

Was lange währt, wird endlich gut. Nun ist es nicht so, dass sich „Usagi Yojimbo“ an irgendeiner seiner acht Paperback langen Historie auf die Erfüllung dieses Sprichworts stützen musste. Denn wie in den bisherigen Ausgaben dieses von Stan Sakai geschaffenen Universums sind die Geschichten von großem künstlerischem Wert. Wie man in dem von William Stout geschriebenen Vorwort lesen kann, waren die Geschichten sogar ursprünglich koloriert. Es schadet der Erzählung nicht, dass man sie nun in Schwarz-Weiß beim Dantes Verlag finden kann. Interessant ist die Vorstellung dennoch, den tierischen Helden auf seinen Abenteuern in „Im Schatten des Todes“ koloriert zu sehen.

Ein Crossover, eine Verschwörung und ein Prequel

Wie gewohnt erhält man in Sakais „Usagi Yojimbo“ eine Ansammlung verschiedener Episoden, die zusammengenommen einen großen Kosmos formen; beginnend mit einem auf Machtspielen und Intrigen fußenden Konflikts des Neko-Ninja (jap.: Katzen-Ninja). Dieser bereits sehr bekannte und in seinem Dilemma erläuterte Clan möchte mit der Entführung des magisch begabten Meisters Kakera ihre Würdigkeit vor dem Fürsten Hikiji beweisen. Usagi und Genosuke sehen sich in einer schwierigen Lage, denn sie sind zahlenmäßig stark unterlegen. Doch nun passiert, was in einer der vorigen Ausgaben bereits angedeutet wurde: etwas Magisches. Stan Sakai war ein großer Fan und Kreativer am Werk des nun auftretenden Quartetts: den Teenage Mutant Ninja Turtles. Mit deren Hilfe, unterstrichen von einer gehörigen Menge Humor in den Dialogen der Protagonisten, gelingt ihnen die Abwehr der Invasoren. Allein diese Episode ist schon ein Highlight dieser Ausgabe, aber es wird noch besser.

Im Folgenden wird eine Episode erzählt, die ausschließlich in einer Perspektive stattfindet. Es ist eine Idee, die kaum besser zeigen könnte, wie sich die Welt und Wesen des Usagi Yojimbo zusammensetzt. Kurz, aber eindrucksvoll zeigt Sakai einen Querschnitt der Bevölkerung, in der sich Usagi tagtäglich bewegt. Zudem findet eine liebevolle Mutter ihren Frieden.

In einer weiteren, mehrere Kapitel umspannenden Episode erleben wir, wie Usagi sich ein weiteres Mal auf die Seite der Schwachen stellt. Ein gieriger Magistrat und sein skrupelloser Bruder planen ein Dorf zu enteignen und die Bewohner abzuschlachten, um die dort liegenden Goldvorkommen zu schürfen. Usagi gerät ungewollt zwischen die Fronten und muss sich gegen eine ungläubige Dorfgemeinschaft behaupten, die ihrer Lokalregierung keinen bösen Willen oder gar niederträchtige Absichten zutrauen mag. Als dann vier Auftragsmörder mit dem Namen „Shi“ (Tod) ihren Weg in die Region finden, eskaliert die Situation und es führt zu einem actiongeladenen Finale im Herzen des Dorfs.

Sakais Fingerspitzengefühl fürs Erzählen und das Bilden weicher Übergänge wird durch eine anschließende und komplett dialoglose Kurzgeschichte bewiesen. Usagi muss sich mit einer Horde hungriger Tokages plagen, denen er versucht zu entkommen. Mit viel Witz in seinen Bildern gelingt es, die Schwere der vorigen Geschichte zu nehmen und den Teppich für die letzten Kapitel auszurollen.

Darin beschreibt der Künstler eine weitere Phase der Ausbildung unseres Lieblingssamurai. In mehreren Kapiteln erleben wir Usagi mit jugendlicher Energie, Ungeduld, seiner Verklärung von Ehre und Krieg und lernen viel über den ihm eigenen Kodex, der ihn als eine so schillernde Figur erscheinen lässt. Es ist eine Rückblende, wie man sie sich wünscht. Sie zeigt Relevanz für die Figuren, bildet die Charaktere aus und wirft einige Andeutungen und Fragen in den Raum, die im Weiteren beantwortet werden wollen.

Ohne viele Worte

Der unverkennbare Stil Stan Sakais muss an dieser Stelle nicht mehr weiter beschrieben werden. Dafür lohnt sich ein Blick in die vorigen Rezensionen des Usagi Yojimbo. Sicherlich erwähnt werden muss allerdings die Adaption der Teenage Mutant Ninja Turtles. Aufgrund der eingangs erwähnten fehlenden Kolorierung geht ein wenig des aussagekräftigen TNMT-Charmes verloren. Der Kapitelname bezieht sich sogar auf die grüne Farbe der erscheinenden Helden. Dennoch sind sie klar voneinander zu unterscheiden, allein wegen ihrer unterschiedlichen Waffen. Die Turtles erhalten in dieser Version Sakais einen grimmigen und kantigen Look, im Kontrast zu ihren teils albernen Dialogen.

Ebenso erwähnenswert sind die kurzen Episoden, die als Zwischenspiele der größeren Handlungen fungieren. Sie sind reich an visuellem Witz, einer authentisch alltäglichen Atmosphäre und beweisen ein weiteres Mal, warum Stan Sakai ein Meister seines Handwerks ist. Mit nur einer Perspektive und der daran vorbeiziehenden Masse an Wesen, die sich fast wie in einem Zeitraffer beobachten lassen, gelingt es ihm, ein umfassendes Bild der Gesellschaft zu erschaffen. Nur wenige Worte braucht es, um dieser schon liebevollen Szenerie noch eine sehr sentimentale Note hinzuzufügen. Es ist schon sehr erstaunlich, wie Sakai es ein ums andere Mal gelingt, immer noch eine Überraschung bereitzuhalten und mit den Erwartungen zu brechen.

Fazit
Der achte Band „Usagi Yojimbo – Im Schatten des Todes“ beweist, warum Stan Sakai ein Meister seines Fachs ist. Umso merkwürdiger bleibt die Tatsache, dass noch kein Usagi-Hype ausgebrochen ist und sich bisher nur wenige (vielleicht ändert sich dies mit der CGI-Serie) für die Comics begeistern. Denn eines steht fest: Das, was Usagi Yojimbo zeigt, ist zeitlos, intelligent und zeugt von einer Empfindsamkeit, wie sie nur selten in Samurai-Epen zu sehen ist. Wieder einmal ist Usagi verzaubernd und sollte von noch mehr Menschen gelesen werden.
Pro
Vielfältige und fesselnde Handlungsstränge, darunter ein Crossover mit den Teenage Mutant Ninja Turtles, eine Verschwörung und ein fesselndes Prequel.
Kontra
Der Charme der Teenage Mutant Ninja Turtles geht aufgrund der fehlenden Farbe in der Adaption verloren.
10
Lars Hünerfürst

Lars Hünerfürst

Minimalistisch und musikalischer Comic Enthusiast - lief zu Fuß von Berlin nach Paris.

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