„Ski-Ba-Bop-Ba-Dop-Bop“ und der treibende 90er Euro-Trance Beat hämmern sich gnadenlos in den Kopf. Allzu oft atmet man diese kleine Melodie wie einen gedankenverlorenen Seufzer als Kind dieser Zeit einfach mal aus. Wie ein Erkennungszeichen einer Generation fangen viele Köpfe sofort an zu wippen. Dass jedoch so viel mehr als trashige Popmusik hinter dem Schöpfer dieses Lieds steckt, ist selten bekannt.
Jeff Chi hat sich als bekennender Fan der Musik dieses Jahrzehnts und des Werks des John Larkin eben dieser mehr als interessanten Geschichte gewidmet. In seiner biografischen Graphic Novel „Who’s the Scatman?“ begibt er sich auf die Suche nach der Person hinter dem Scatman. Erschienen ist dieses kompakte Softcover beim Verlag Zwerchfell.
And the Winner is
Mit diesem Blick voraus eröffnet der Künstler und Autor sein Werk. Zeitgleich geht der Blick weit zurück an die musikalischen Anfänge des John Larkin, der später eher bekannt wurde als Scatman John.
Zu einer Zeit geboren, in der das Stottern gleichgesetzt wurde mit geistiger Behinderung, erlitt er schon in jungen Jahren grobe Gewalt. Nicht nur von Kindern der Nachbarschaft, auch der eigene Vater „half“ ihm mit Schlägen seine Sprache wiederzufinden. Nur beim Musizieren mit seiner Mutter war der junge John wie verzaubert und sang fließend. Diesem Umstand und seinem Talent am Piano zufolge führte ihn sein Lebensweg zur professionellen Musik.
Musiker kennen solch abfällige Sprüche: „Jazz ist Kunst und mit Rock- und Popmusik verdienst du Geld.“. So ähnlich verhielt es sich im Leben Larkins auch. Seine Anfänge waren geprägt von brotlosen Monaten, die zudem durch den gehäuften Drogen- und Alkoholkonsum auch noch zu körperlich beschleunigtem Verfall führten. Schon damals konnte man zwischen den gesungenen Teilen der Stücke Scat-Gesang von Larkin hören. Seine erfolglosen Versuche, mit Jazzmusik bekannt zu werden oder zumindest finanzielle Absicherung zu finden, endeten zeitig. Er begab sich zudem auf den langen Weg der Abstinenz. Dort lernte er seine große Liebe und spätere Frau kennen.
Mehr als nur ein Pop-Phänomen
Auf einer gemeinsamen Reise durch Europa, einigen Konzerten in Clubs, auf denen er den Scat-Gesang und sein Klavierspiel präsentierte, war es schließlich so weit. Er wurde entdeckt. Innerhalb weniger Monate stand das erste Album unter dem Namen „Scatman John“. Die Texte der Songs füllte er mit Themen, die ihn als seinerzeit ausgestoßenen Stotterer beschäftigten. Immer wieder lässt Jeff Chi die Aussagen der Texte als Zitate wirken. Mit jedem dieser Zitate und jedem weiteren Einblick wird John Larkin integrer, interessanter und zeichnet sich als herzlicher und sorgsamer Mensch aus.
Auch viele Jahre nach seiner aktiven Zeit als europaweiter Superstar wirkte er mit seiner gutherzigen Art für Verständigung und Selbstbewusstsein unter Betroffenen. So berichtet Jeff Chi von einer ebenfalls von Stottern betroffenen jungen Frau, die durch einen Fan-Brief-Kontakt neuen Mut gewann. Es stellt sich heraus, wie engagiert John Larkin diesbezüglich war und wie groß sein Vorbild für die Abertausend Betroffenen gewesen sein musste.
Klar sprechende Bilder
Die Bilder erinnern an Karikaturen, Cartoons und den derzeitig beliebten minimalistischen Stil, obwohl der Künstler im Interview mit seinem Verleger Zwerchfell schon äußerte, dass er für das nächste Projekt einen weniger aufwendigen Look anstreben würde.
Die feinen Details sind es, die den Bildern eine raffinierte Optik geben. In minutiöser Kleinstarbeit hat Jeff Chi einigen Farbflächen mit einem flach aufgelegten Bleistift eine Schraffur verpasst. Diese unregelmäßige Struktur belebt die Seiten und Bilder ungemein.
Farblich bewegt sich das gesamte Werk in Pastelltönen. Dies obwohl gerade die 90er Jahre so quietschbunt waren und Neonfarben der letzte Schrei gewesen sind. Doch gerade diese Farbpalette verleiht dieser biografischen Erzählung eine gewisse Seriosität und gesetzte Ruhe. In Anbetracht der grundlegend ernsthafteren Thematik, fern ab von Ruhm und Glamour, bildet die adäquate Bild- und Farbsprache eine schöne Atmosphäre. In seiner Struktur ist diese biografische Graphic Novel eher konventionell. Gerade weil sie Inhalte vermitteln will, das gesungene oder gesprochene Wort seinen Raum und seine Bedeutung erhalten soll, bietet sich gerade diese strenge Struktur an. Es lenkt die Leser:innen nicht ab und leitet den Blick gezielt auf jede Aussage des John Larkin.
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