Man mag es kaum glauben, aber dieser Comic basiert auf einem Podcast. In Zusammenarbeit mit Benjamin Percy, der bekannt ist für „Year Zero“ und „Teen Titans“ sowie auch die aktuelle „Wolverine“-Reihe schreibt, und dem Zeichner Marcio Takara entstand 2019 dieser investigative Mystery-Thriller mit Wolverine, auch Logan genannt, als Titelheld.
Der fünf Kapitel lange One-shot verspricht bereits auf dem von Rafael Albuquerque gezeichnetem Cover Action in bester Manier des Wolverine.
Die Handlung
Obwohl der Comic mit Wolverine betitelt ist, folgen wir zu sechzig Prozent den beiden Agenten Tad Marshall und Sally Pierce. Sie sind in das entfernte Burns, Alaska gereist, um das Rätsel der gehäuft auftretenden und fragwürdigen Reihe von Toden zu lüften. Zwei Frauen wurden vermutlich von einem Bären angegriffen und eine Mannschaft der reichsten Reederei der Region wurde umgebracht. Überall lassen sich Spuren von Klauen und roher Gewalt finden. Hinzu kommt, dass Logan erst kürzlich nach Burns gezogen ist und im Streit mit dieser Besatzung auseinandergegangen ist.
Die Indizien sind jedoch nicht stichhaltig und so gehen die beiden Sonderermittler jeder noch so kleinen Spur nach.
Wir folgen dem Team der Sonderermittler, das derweil einen Jungpolizisten vom Sheriff zur Seite gestellt bekommen hat, wie sie sich tiefer und tiefer in die Geheimnisse und Verstrickungen der Kleinstadt Burns hineinbegeben. Ihr Fahrer und vom Sheriff abgestellter Helfer Bobby führt sie in die gesellschaftliche Ordnung, das Wesen und die Motive der Menschen von Burns ein.
„Hier will jeder seine Ruhe haben, weil jeder irgendwas zu verstecken hat.“, erklärt Bobby ganz beiläufig und hat damit mehr Wahrheit gesprochen, als es ihm wohl bewusst ist.
Oligarchen über dem Gesetz
Das Team gerät zügig an die Familie Langrock, die Betreiber der Werft, des Sägewerks und einer riesigen Dosenfabrik. Durch ihren finanziellen Einfluss gäbe es Burns überhaupt noch, so Bobby. Die perfekte Fassade der Familie wird allerdings schon früh infrage gestellt, denn es steht die Vermutung im Raum, dass sie neben ihren legalen Geschäften einen Drogenring organisieren.
Logan tritt hier und da auf, wird aber das ganze Paperback über als Gejagter verstanden. Er kam nach Burns, um vor dem Waffe-X Programm zu entkommen, vor allem aber sich selbst und seinem Wahn, der ihn zum wahllosen Morden treibt. Des Öfteren wird er durch Zeugenaussagen als wildes Tier charakterisiert, was jedoch wiederum durch Aussagen entkräftet wird, die ihm Mitgefühl und Sorge um seine Mitmenschen zusprechen. Wir bleiben vorerst im Dunkeln, welche Motive hinter der Mordserie stehen.
Ebenso der Dunkelheit nah ist ein schon frühzeitig auftretender Kult, der der langen Nacht entgegenfiebert. Diese gesamte Nebengeschichte um den Kult der „Aurora“ spielt nur so viel eine Rolle, dass sie eine Spur ins Mystische legt und den großen Plottwist am Ende dieses Comics ein wenig vorbereitet. Aus der reinen Comic-Perspektive betrachtet hätte man diesen Teil sicherlich anders gelöst auch annehmbar empfunden. Allerdings darf man nicht vergessen, dass dieser Comic eben die Podcast-Serie „Wolverine: The Long Night“ als Ausgangsmaterial hat. Das im Hinterkopf behaltend, kann man sich dann doch sehr gut vorstellen, wie die Wirkung dieses Kults in den Ohren der Hörer eine zusätzliche dunkle und mystische Ebene hinzufügt.
Denn Mystik lässt sich in diesem Comic an vielen Stellen wiederfinden. Seien es Anbetungen der „langen Nacht“ durch die Aurora, die für die Erde wichtigen energetisch Ley-Linien oder der Kult um die Langrocks.
Der Stil
Der Zeichner Marcio Takara (bisher viel für DC gezeichnet, wie etwa „John Constantine“) macht einen sehr guten Job. Der Stil des Comics ist keineswegs wie der des Frontcovers. Am ehesten lässt es sich wie eine Anlehnung an die kürzlich neu aufgelegte Reihe „Sweet Tooth“ verstehen. Die Figuren sehen aber etwas glatter und weniger kantig aus, jedoch kann man eine gewisse Ähnlichkeit erkennen.
Die Panelstruktur ist vielfältig. Begonnen wird im klassischen Neun-Panel-Raster, es folgen konventionelle Comic Strukturen sowie auch parallel erzählte Szenenwechsel. Splashpages, wie man sie aus vielen „X-Men“-Titeln kennt, auf denen einem Wolverine mit blitzenden Klauen aus dem Comic entgegenspringt, finden sich auch hierin.
Takara nutzt viele sehr schöne Bildausschnitte, die dem Ganzen ein gewisses Gefühl einer Storyboardvorlage für eine Serie liefern könnten.
Obwohl man bei dem Titel „Im Dunkel der Nacht“ viele dunkle Seiten erwartet, bewegt sich der Comic in einer angenehm kühlen Farbgebung. Die Farben erschlagen einen nicht so sehr, wie es in vielen Comics des „Haus der Ideen“ und all seinen bunten Superhelden häufiger der Fall ist.
[…] Wolverine – Im Dunkel der Nacht […]