In der heutigen COVID-19 Zeit sollte man alle Angebote, die einem vor der Haustür liegen wahrnehmen. Wenn sie den denn angeordneten Regeln entsprechen. Zu viele unnötige Grüppchen die ganz sicher nicht aus einem Familienhaushalt stammen sieht man viel zu Oft in meiner Gegend am Tegeler See entlang flanieren. Einerseits begrüße ich jede Art von Bewegung aber naja aus aktueller Sicht oftmals Respektlos.
Vor einigen Wochen empfahl mir der gute Max Menge die App mit dem Namen Komoot. Seit 2010 setzt man sich für Outdoor-Enthusiasten ein und ist mit dem Versuch eine Platform für Wander- und Fahrradtourenhungrige sehr erfolgreich gewesen.
Ein Konto über Komoot.de erstellt und die eigene Umgebung nach Wander wegen abgescannt. Ich wollte wandern. Mir fiel die Decke auf den Kopf. Die Suche gestaltete sich über die Desktop-Version wesentlich angehnehmer als mit der iOS App. Relativ schnell fand ich folgende Route: Tegeler See – Tegeler Hafenbrücke Runde von Tegel.
Klingt relativ unspektakulär nicht so wie die Spiele von Casimba aber fast 26 Kilometer Strecke und mit über sechs Stunden auch ein kompletter Tagesfüller. Zum Glück war meine Frau so gütig und passte während ich mit ausreichend Nahrung, Wasser, Snacks und Hund im Schlepptau die Route startete auf unsere Kinder auf.
Jede Wanderung braucht einen Startpunkt. Wir starten am S-Bahnhof Tegel. Dieser wurde erst 1995 neu eröffnet um die Linie Hennigsdorf – Tegel zu befahren. Dort wollen wir auch lang. Wir laufen, die S-Bahn Schienen auf der linken Seite, Richtung Tegeler Fließ. Ja ich nahm die Route gegen den Uhrzeigersinn, da ich schon wusste das mir dann zum Schluß der ruhige Wald als letzte Etappe bevorstehen würde.
Auf dem gesamten Weg behindern einen vielleicht eine handvoll Ampeln. Es kein Wandern im Naturpark sondern es ist und bleibt Berlin und Brandenburg. Schöne Waldabschnitte bleiben dennoch nicht aus. Um kleine Abzweigungen und Kurven nicht aus dem Auge zu verlieren hatte ich die Komoot App am laufen gehabt. Eine Navigation per Sprachassistent fand ich unentspannt, mir reichte es ab und zu meinen Standort zu überprüfen.
Nach einem leicht hügeligen Waldstück folgt die Ruppiner Chaussee. Ein sehr ruhige Straße da sie nur von dem öffentlichen Nahverkehr und dem Försteramt befahren werden darf. Man folgt der Straße ein ewiges Stück, kommt derweilen an jedem Discounter aus dem Norden Deutschlands vorbei und übertritt stumm und nichtsahnend die ehemalige Grenze.
Und nach einem wild befahrenden Kreisverkehr folgt die Havelbrücke. Das hässlige und verrostete Teil wurde 1962 gebaut und soll bis spätestens 2023 ersetzt werden. Die Brücke wirkte nie für Fußgänger oder Radfahrer einladend aber Hey! es tut seinen Zweck.
Man verspürt den Spirit von Hennigsdorf an jeder Ecke, die Frage ist nur: Was für einer soll das sein? Nach der Havelbrücke, gleichzeitig Gemeinde Eingang, biegt man links ab und kommt auf den geteerten historischen Mauerweg. Ab hier lohnt sich keine Karte mehr. Man trifft auf diesem Weg ausreichend Menschen sodass man nie das Gefühl hat man hätte sich verlaufen. Es ist ein sehr beliebter Radweg. Sehr schnell kommt man am Gelände des Bombardiers vorbei. Der Gründer hieß mit Nachnamen so, hat angeblich nichts mit Bomben zutun obwohl das offiziele Gründungsjahr 1942 ist.
Jede gute Wanderung, auch wenn sie vor der Haustür startet, sollte ein Highlight haben. Nach einigen protzigen schönen Häusern und aufgeblasen hässlichen Villen, folgt der Grenzturm von Hennigsdorf. Ich habe so gut es geht versucht ein Vorher/Nachher Foto mit meiner Drohne zu schießen um einen nachhaltigen Eindruck zu vermitteln. Der Turm wurde erst 1987 erbaut und diente als Führungsstelle des umliegenden Grenzregiments. Das Museum ist aktuell leider geschlossen.
Die letzten Stunden und Kilometer lag die Havel stets auf der linken Seite. Der Verlauf wird kurviger und bietet nun einige schöne Blicke Richtung Heiligensee und Konradshöhe. An einem Samstag vor zwei Wochen wanderte ich den Weg mit meinem Hund entlang. Es war gerade der 15 Kilometer erreicht als der Radweg den Wanderweg beiseite drängte. Deshalb gibt es hier die Möglichkeit den Weg ein wenig richtung Offroad zu verlagern und noch näher an der Havel entlang zu spazieren. Im Sommer sollte man hier längere Hosen zu Schutz vor Zecken tragen. Der Weg lohnt sich aber!
Immer schneller fahrrende Radfahrer die sich ihren Platz mit einem agressivem Klingeln erkaufen wollen nervten immer mehr. Es war der Zeitpunkt gekommen um sich Musik in die Gehörgänge zu legen. Der Hund war schon seit einiger Zeit im Modus Autopilot. Der Oberhavelsteg, die typische 90er Jahre Brücke, bietet einige gute Möglichkeit um zu rasten und das sollte man hier auch. Es folgen noch gute 10 Kilometer.
Jetzt muss ich es loswerden. Ich bin ehrlich zu euch – ich stecke mit den Leuten von der Fähre unter einer Decke und wir teilen uns die Einnahmen auf. Ihr seid jetzt alle dem Wanderweg gefolgt und seid nun abhändig von der Überfahrt mit dieser schönen Fähre. 60 Cents kostet eine Person – egal ob Hund, Schwein oder Esel mit dabei nur ein Fahrrad kostet Extra.
Zurück im alten Westen. Es geht weiter entlang der Havel Richtung Tegeler Forst. Einige Stellen kommen mir schon seit Kindestagen bekannt vor und geben mir vereinzelt kleine Dröhnungen von Nostalgie pur. Neulinge hier haben glaube ich auch reichlich Spaß hier.
Sechs Kilometer ist man durch den Wald gewandert. Vorbei an der Akademie für den Auswärtigen Dienst und vorbei an der Dicken Marie. Angeblich der älteste Baum der Stadt. Johann Wolfgang von Goethe blickte angeblich schon zu seiner Zeit aus diesen Baum.
Die Sechserbrücke, damals waren hier secsh Groschen beim passieren fällig daher der Name, läutet das Ende der Wanderroute ein. Zum S-Bahnhof Tegel bin ich nicht mehr zurück sondern direkt nach Hause. Am Brunowplatz angekommen war ich wirklich durch und es war schon fast 18 Uhr. Ein Abendessen war nach 2.133 Kalorien mehr als nötig.