Kinderwunsch – will, kann oder soll ich?

13. Dezember 2022
4 Minuten gelesen

Wie viele Kinder möchtest du später mal haben? Möchtest du noch mehr Kinder? Noch mehr? Solche Fragen kommen immer schon mit ein bisschen eigener Meinung rüber. Und ganz einfach ist diese Frage nicht gestellt, sie ist eher persönlich, fast schon intim, so was fragt man nicht einfach jeden. Aber darum soll es hier gar nicht gehen, sondern darum, wie sehr das Umfeld einwirkt auf den Wunsch oder die Entscheidung, Kinder haben zu wollen. Also neben dem engen Umfeld wie Familie und Freunde auch das Umfeld, in dem wir leben. Voraussetzungen, die nötig sind, Hilfe, die einem geboten wird. Kann der Kinderwunsch – ein Urinstinkt – vom äußeren Umfeld so weit beeinflusst werden, dass man sich gegen den Herzenswunsch entscheidet und die Vernunft siegen lässt?

Kinderwunsch in Deutschland

Für mich war es schon recht früh klar, ich möchte Kinder. Und auch gerne viele. Bevor man erst mal Kinder hat, hat man oft schon eine Zahl im Kopf, mit der man liebäugelt. Bei mir waren es immer fünf. Ja, fünf. An dieser Stelle kommt oft ein leicht entsetztes Was? Aber warum hört sich fünf so schlimm an für manche? Grade für Menschen in Deutschland ist das doch machbar! Bezahlter Mutterschutz, Beschäftigungsverbot, Elternzeit, Krankenversicherung und Kindergeld sorgen doch dafür, dass zumindest finanziell wenig bis keine Steine im Weg liegen. Rückwirkend muss ich sagen, es gibt wenig zu klagen. Sicherlich ist mit 300€ Grundsatz Elterngeld monatlich keine Miete zu zahlen und 250€ Kindergeld können auch mal knapp werden, besonders wenn es um die Erstausstattung geht. Es handelt sich aber immer noch um Geld, was man einfach nur dafür bekommt, ein Kind zu haben. Die Anträge mögen eine Qual sein, aber es handelt sich um einen Sozialstaat, und wenn man sich erst mal da durch gefuchst hat, kann man über die üblichen Zuschläge hinaus auch mit Wohngeld, Kinderzuschlag und wer weiß was weiterhelfen.

Wie schon erwähnt, dank der sozialen Krankenversicherung ist abgedeckt, was auch immer auf einen zukommt. Schon während der Schwangerschaft sind die wichtigsten Dinge wie Ultraschall, Bluttests und CTG abgedeckt. Ebenso die Entbindung im Krankenhaus, die Hebamme, Vorbereitungs- und Rückbildungskurse, Stillberatung etc. Oder auch Behandlungen der Kinder wie die üblichen Besuche beim Kinderarzt, Unfälle, Hodenhochstand, Polypen, Röhrchen im Ohr oder Physiotherapie bei Fehlhaltungen des Kindes. Wir persönlich haben so einige Behandlungen schon durch, keine davon war für uns bisher kostenpflichtig.

Gesetze sorgen dafür, dass Mütter und Schwangere in ihrem Job geschützt sind, der/die Arbeitgeber/in muss dafür nicht mal selbst aufkommen, dafür sorgen genügend Kassen und Einrichtungen. Jeglich der leere Arbeitsplatz muss zeitweilig abgedeckt werden. Ich finde aber, das ist ein kleineres Übel. Deutschland ist meiner Meinung nach das optimale Land, das Müttern und Vätern einen einfachen Start ins neue Familienleben gibt und über viele Jahre hinweg, wenn auch weniger als am Anfang, unterstützt.

Bevor wir in die USA umgezogen sind, war für mich klar, dass es noch weitere Kinder oder zumindest ein weiteres Kind geben wird. Mittlerweile ist fast ein Jahr in den USA vergangen und man bekommt eine ganz neue Sicht auf die Dinge und lernt, wie man an meiner Lobhymne vermutlich erkennen kann, Dinge, die man bisher für selbstverständlich hingenommen hat, viel mehr zu schätzen.

Kinderwunsch in den USA

Wenn ich von meinen Erfahrungen in den USA spreche, kann ich mich natürlich nur auf die Regeln und Gesetze beziehen, die uns als Bewohner von Washington D.C. betreffen. Sicherlich hat die große Aufregung um die Roe vs. Wade Debatte und der Frage, ob Schwangerschaftsabbrüche Frauenrechte sind oder vom Staat und der Kirche verboten werden können, ihre Runden gemacht und für mich eben die Frage aufgeworfen, in was für einem Land wir eigentlich Leben. Es ist immer mein Ziel, politisch nicht zu sehr in die Tiefe zu gehen, Beiträge neutral zu lassen. Manchmal ist das aber eben nicht möglich für mich besonders dann, wenn es um solcherlei Dinge geht.

Man ist halt nah dran am Geschehen. Die Frage also, inwieweit Frauen überhaupt staatlich Hilfe bekommen, wenn es darum geht, Kinder zu gebären, hat mich brennend interessiert, eben auch, weil der Wunsch nach einem dritten Kind existiert. Schnell kam die ernüchternde Antwort, ein Kind in Amerika zu bekommen, können wir uns nicht leisten. Nicht leisten! Dabei gehören wir in diesem Land zu den etwas über dem Durchschnitt verdienenden Leuten. Wenn wir uns das schon nicht leisten können, wie machen es denn alle anderen? Vielleicht ist es einfacher, Nein zu sagen, wenn man schon Kinder hat. Wenn ich zurückdenke an die Zeit vor der Geburt unserer Tochter, hätte ich definitiv den Kinderwunsch über die Geldfrage gestellt.

Was kostet es denn eigentlich ein Kind zu bekommen? Genau kann das natürlich nicht beantwortet werden. Viele Faktoren spielen eine Rolle, wie zum Beispiel die Arbeitssituation, der Arbeitgeber, die Versicherung, wenn es denn eine gibt. Aktuellen Forschungen nach kostet eine Geburt ohne Versicherung (dazu gehören neben der Geburt auch die Nachbehandlungen) $18.865. Diese Zahl ist ein Durchschnitt, welcher sich aus den zwei Wegen einer Geburt ergibt, vaginale Geburt oder Kaiserschnitt. Während die vaginale Geburt bei rund $14.000 liegt, kostet ein Kaiserschnitt schon mal rund $20.000. Kein Wunder also, das die Kaiserschnittrate bei fast 50 % liegt.

Angenommen, man hat einen Job, einen Mutterschutz wie in Deutschland gibt es nicht. Man ist die Zeit, die man nicht arbeiten kann also auch unbezahlt. Und wer schon ein Kind bekommen hat, weiß, dass es etwas länger dauert, bis man in den Job zurückkann. Neben der Kosten für Geburt und dem wegfallenden Einkommen gibt es noch all die anderen Kosten, die auf einen Zukommen. Ultraschall, Vorsorgeuntersuchungen, Besuche beim Kinderarzt, eigentlich alles, was ich aufgezählt habe, was eben in Deutschland bezahlt wird. Und man weiß eben nie, welche Kosten auf einen zukommen können. Nicht jedes Kind kommt kerngesund auf die Welt.

Bei all den Kosten, die auf einen zukommen, ist es einfach zu sagen, dass es für uns bei zwei Kindern bleibt. Zumindest solange wir uns in den USA aufhalten. Wobei das Wort einfach vielleicht nicht die richtige Wahl ist. Einfach ist es nicht, einen Wunsch nach einem Baby in der Familie zu unterdrücken. Trotzdem, die Vernunft muss größer sein. Es bedeutet ja nicht, dass ein erfüllter Kinderwunsch auch ein erfüllteres Leben macht. Ein Kind zu bekommen, welches zu Geldproblemen führt, hat niemand verdient, erst recht nicht das Kind selber.

Annegret Hünerfürst

Geboren in der selben Woche, in der die erste Website online kam - gelernte Diätassistentin und Mutter von zwei Kindern

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Über Hünerfürst.de

Einer der bekanntesten deutschen Netzkultur Blogs seit 2009. Nils Hünerfürst und seine Familie schreiben hier auf Hünerfürst.de über Technik, Kultur, Essen und Videospiele.

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