Lou Doillon mit Too Much – SdW #380

15. Dezember 2022
2 Minuten gelesen

Es gibt Momente, in denen man alles geben wollen würde, um etwas oder jemanden zu erreichen und haben zu können. In diesem Song der Woche geht es genau darum, die kopflose Hingabe und des gänzlichen Verlusts seines selbst.

Lou Doillon, Tochter einer englisch-französischen Künstlerfamilie, veröffentlichte 2019 ihr aktuelles Album „Soliloquy“ beim Label Barclay (Universal Music France). Dieses produzierte sie fast ausschließlich mit Nicolas Subrechicot, der vornehmlich französische Künstler produziert. Das Lied „Too Much“ ist, wie die meisten der Stücke auf diesem Album, streng im Sinne des Albumtitels ein Monolog an sich selbst. Das Wort Soliloquy bezeichnet im Englischen vor allem im Theater einen laut gesprochenen, an den Sprecher selbst gerichteten Monolog. Das bekannteste Beispiel ist wohl „Sein oder nicht sein“ aus Shakespeares Hamlet.

Die Musik

In seiner harmonischen Struktur beruht das Stück bis auf die Bridge auf einem wiederkehrenden Vier-Akkord-Muster. Es gibt Stabilität und Kontinuität. Der Beat des sehr nach einem mit Rods gespieltem Schlagzeug klingt, bleibt bis auf die Bridge und eine sich steigernde Strophe ebenso durchgehend bestehend. Die synkopierte (rhythmische Verschiebung eines Akzents) Bassdrum in Verbindung mit dem angeshuffelten, an Country erinnernden, Spiel der Snaredrum gibt dem Stück eine gewisse Lebendigkeit.

Der Bass, wie auch eine Synthi-Bass, marschiert sehr gerade auf die Viertel und zieht den Rest mit sich. Im weiteren Verlauf des Stücks wird der Bass rhythmisch etwas flexibler und bewegt sich mehr. Als Ruhepol, in diesem verhalten schwungvollen Beat, dient das Piano als ganztaktige Basis, das einem nochmals klar macht, wo der Taktanfang liegt. Es lässt etwas mehr Gelassenheit einkehren.

Melodisch bewegt sich an sich nicht sehr viel, es wirkt wie eine Erzählung. Nur wenige Formteile sind mit mehr Melodie versehen wie der Refrain. Die ebenso im Refrain hinzugefügten Chöre, E-Gitarre und zusätzliche Synthesizer-Sounds weiten den klanglichen Eindruck. Es entsteht eine für Popmusik typische Breite und abhebende, luftige Wirkung, die auch im Sounddesign abgebildet wird. Ein weites Paning der Instrumente lässt die räumlich in der Mitte des Stereobilds stehenden Anfänge dieses Stücks auf einmal an den Rand springen. Der angesprochene Weite-Effekt entsteht.

Form und Inhalt

„It must be something deep within that I need to prove to you
Maybe I’m not what you expected to find
Yes, I’m all out on display and what I’ve spent a life to gather
In a night I’ll give away, yes in a night I’ll give away“

„Too Much“ by Lou Doillon on „Soliloquy“ (2019)

Die Sängerin spricht in einer lakonischen Art über Erwartungen. Sie scheint auf jemanden zu warten, jemanden, dem sie alles geben würde. Doch weiß sie, dass sie vielleicht zu viel gibt und auch zu viel fordert. Ein scheinbarer Widerspruch, der sich in der Musik in manchen Aspekten spiegelt. Das dazu produzierte Video zeigt eine Lou Doillon, die in einer Bar ihren eigenen Ausklang einer abebbenden Party feiert. Sie bewegt sich angetrunken und kommunikativ durch den Laden und tänzelt von Tisch zu Tisch. Wie im Text des Liedes scheint die dargestellte Figur nicht zu spüren, wann es zu viel ist und man besser gehen sollte.

Die Mischung aus Lakonik, dem lebendigem Beat auf einem Pop-Schema und der tollen Stimmfarbe Lou Doillons machen dieses Lied zu einem Ohrwurm und meinem Song der Woche.

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Über den Autor

Lars Hünerfürst

Minimalistisch und musikalischer Comic Enthusiast - lief zu Fuß von Berlin nach Paris.

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