Hurra ich bin ein Schulkind – #Elternalltag

23. Dezember 2024
4 Minuten Lesezeit
Foto von Nils Huenerfuerst auf Unsplash

Es ist tatsächlich so weit, unser Erstgeborenes geht mittlerweile schon in die erste Klasse! Man nennt es auch eine Einschulung, zumindest in Deutschland. Nicht so in den Vereinigten Staaten. Hier sieht das ganze Schulsystem anders aus und für das Wort Einschulung gibt es nicht mal eine Übersetzung ins Englische. Auch von einer Schultüte hat hier noch nie jemand was gehört. Wie sieht also so ein erster Tag in der ersten Klasse aus? In welche Schule geht man dafür und gibt es nichts, um diesen Meilenstein zu zelebrieren? Oder vielleicht gibt es ein Äquivalent? Ein anderer großer Tag, der in Deutschland dafür nicht gefeiert wird?

Kindergarten – Kita – Preschool

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In Deutschland fängt der Bildungsweg in der Kita, im Kindergarten oder bei einer Tagesmutter an. Auch Florentine und Atticus waren für kurze Zeit in einer Kita, bevor Corona ein Ding wurde. Dabei geht es hauptsächlich um die tägliche Betreuung, damit Mama und/oder Papa arbeiten gehen können. So kam es mir zumindest vor. Über unsere Erfahrungen nach den allerersten Schultagen an unserer Public Charter School namens Inspired Teaching School habe ich hier schon mal berichtet. Wie unterschiedlich die Tagesabläufe und Regulierungen sind etc. Mittlerweile gehen unsere Kinder schon das dritte Jahr auf diese Schule, ich habe alle zwei Klassen der Preschool und den Kindergarten miterlebt, manche Klassen sogar zwei mal, und kann immer noch sagen, wie glücklich ich mit unserer Schule bin. Nachdem sich das ganze Theater um Corona gelegt hat, gefällt mir die Schule sogar noch besser.

Das Prinzip, zumindest in Washington D.C., über andere Staaten kann ich nicht sprechen, ist an allen Schulen gleich, egal ob Public oder Public Charter School. Die Kinder beginnen mit der Pre-K3 Klasse, was bedeutet alle Kinder mit drei Jahren. Die nächste Klasse ist die Pre-K4, danach kommt der Kindergarten. Der Kindergarten ist sozusagen das Vorschuljahr, während die Preschool der Kindergarten ist. Anfänglich sehr verwirrend, wenn ich aber Florentine sage, dass sie in Deutschland im Kindergarten war, gibt es Empörung und Verwunderung. Mittlerweile geht Atticus schon in den Kindergarten, die letzte Klasse vor der Einschulung. Lesen, Schreiben und Rechnen lernen die Kids aber schon im Kindergarten. Florentine hat schon zum Ende ihres Kindergartenjahres kleine Bücher gelesen und auch Atticus ist auf dem Weg dorthin.

Die erste Klasse

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Vergangenen Sommer war es dann soweit, Florentine ist in die erste Klasse gewechselt. Da die Schulen von Pre-K3 bis zur achten Klasse gehen, gab es keinen Schulwechsel. Lediglich die Etage wurde gewechselt. In den amerikanischen Schulen bleiben Lehrer immer ihrem Jahrgang treu, bzw. studiert man an den Unis das Lehramt pro Jahrgang. Demnach gibt es für die Klassen jedes Jahr neue Lehrer. Dafür aber bleibt der Kern der Schüler gleich. An unserer Schule gibt es pro Jahrgang zwei Klassen mit rund 25 Schülern. Die Klassen werden dabei jedes Jahr neu gemischt, mittlerweile kennt sich jeder und die Freundschaften gehen über die Klasse hinaus. Auch der jährliche Lehrerwechsel, den ich anfänglich fraglich fand, finde ich mittlerweile sehr gut. Die Lehrer sind auf ihre Jahrgänge spezifiziert und gefühlt kennt jeder Lehrer jeden Schüler persönlich, was irgendwie schön ist und meinen Kindern hilft, Angst vor Veränderung und vor anderen Erwachsenen zu überwinden. Besonders bei Atticus habe ich gemerkt, wie wichtig es ist, nicht die selbe liebevolle mütterliche Lehrerin der ersten Zeit in Pre-K3 auch im Kindergarten zu haben.

Mit dem Etagenwechsel von Florentine gibt es auch neue Regelungen, besonders was das Abholen und Abgeben betrifft. Denn Eltern sind auf der neuen Etage nicht erlaubt. In den ersten Tagen noch durfte ich Florentine in die neue Klasse bringen aber nach drei Tagen dann war auch schon schluss damit. Noch verabschiede ich sie an der Treppe, da ich mit Atticus noch die Erlaubnis habe mich im Hause aufzuhalten, wenn der aber in der ersten Klasse ist, muss ich die Kids vor der Schule verabschieden. Abgeholt werden die Kids dann auch nicht mehr aus den Klassenräumen sondern aus dem Speisesaal, wo sich alle Klassen von der ersten bis zur vierten versammeln.

Der erste Schultag war aufregend, aber unspektakulär, es gibt keine Zeremonien, keine Geschenke, alles läuft wie an jedem anderen ersten Tag ab. Es gibt leider auch keine anderen großen Schulbeginne zu feiern, auch nicht in der Preschool. Dafür aber scheinen die Abschlüsse größer gefeiert zu werden, zum einen wenn die Middle School nach der achten Klasse abgeschlossen ist und der Schulwechsel auf die High School ansteht. Und auch der Abschluss der High School wird größer gefeiert, als ich es aus Deutschland kenne. Dabei kann ich aber nicht von persönlichen Erfahrungen sprechen sondern nur von Beobachtungen und Erzählungen.

Der tägliche Ablauf in der ersten Klasse ist aber ähnlich wie der in Deutschland. Zwar gibt es nicht den klassischen Stundenplan mit Mathe, Deutsch und Sachkunde, aber ein täglicher strukturierter Plan herrscht auch hier. Rechnen, Lesen, Schreiben wird vom Klassenlehrer unterrichtet, Spanisch, Sport, Kunst, Musik und Theater wird von den Abteilungslehrern unterrichtet.

Sprache

Zu Beginn der Schulzeit konnten unsere Kids noch kein Wort Englisch sprechen. Kommunikationen mit Lehrern war noch sehr handzeichenlastig oder verlief über uns Eltern. Mittlerweile sprechen unsere Kinder fließend Englisch, sogar besser als Nils und ich. Oft werden wir verbessert wegen unserer Aussprache, woraufhin ich unsere Kids daran erinnere, dass wir 30 Jahre lang Deutsch als Muttersprache hatten. Auch das Spanisch läuft scheinbar gut. Ab und zu mal hört man ein paar spanische Wörter, einen ganzen Song hat uns Florentine auch schon vorgetragen. Was aber einhergeht mit der sehr guten sprachlichen Eingewöhnung ist der Verlust der deutschen Sprache. Wir reden zu Hause ausschließlich Deutsch, die Kinder aber antworten nur in Englisch. Und wenn wir mal fragen, ob das auch in Deutsch geht, hört und merkt man, dass das Sprachwissen gar nicht vorhanden ist. Daher gehen unsere Kids seit Kurzem auch auf eine deutsche Samstagsschule. Hier lernen die Kinder wöchentlich für 3 Stunden ein bisschen Deutsch mit Gleichgesinnten. Wie weit das hilfreich ist zeigt sich bisher noch nicht, aber das Schuljahr hat auch erst begonnen.

Wie geht es weiter?

Auch nach drei Jahren haben wir keinen Plan, der über ein Jahr hinaus geht. Wir werden die Kids auf ihrer Schule lassen, sobald man über die Lotterie seinen Schulplatz hat, ist er sicher für die kommenden Jahre und werden uns auch sicherlich für ein weiteres Schuljahr an der Deutschen Samstagsschule anmelden. Hier gibt es wenigstens auch eine Mini-Schultüte zu Beginn des Schuljahres.

Über Hünerfürst.de

Einer der bekanntesten deutschen Netzkultur Blogs seit 2009. Nils Hünerfürst und seine Familie schreiben hier auf Hünerfürst.de über Technik, Kultur, Essen und Videospiele.

Über den Autor

Annegret Hünerfürst

Geboren in der selben Woche, in der die erste Website online kam - gelernte Diätassistentin und Mutter von zwei Kindern