Blue Giant Supreme

26. Februar 2022
3 Minuten gelesen

Die Genres der Mangas werden zahlreicher und bieten für nahezu jedes Interesse eine spannende oder unterhaltsame Geschichte. Es scheint paradox, wenn ein Manga dessen Inhalt die Musik ist, an dieser Stelle als gelungen und empfehlenswert besprochen werden könnte. Die mediale Distanz von bebilderten, daher häufig auf Wortmalerei verzichtende, Geschichten zur Musik könnte größer nicht sein. Dennoch schaffen es der Künstler Shinichi Ishizuka in „Blue Giant Supreme“ die Lust auf Jazzmusik und das Spielen oder Erlernen eines Instruments unermesslich anwachsen zu lassen. Die Reihe erscheint bei Carlsen.

Das Setting

Copyright: Carlsen

Dai (englisch ausgesprochen heißt er „sterben“) Miyamoto hat einen Saxofonkoffer, ein paar Klamotten und einen schier unendlichen Eifer der beste Saxophonist der Welt zu werden. So steht er eines Tages am Münchener Flughafen, mit dem Ziel den Jazz in Europa zu erkunden und besser zu werden. Der freundliche und hilfsbereite junge Japaner stößt schnell auf „deutsche Freundlichkeit“, als er sich zum Üben auf einer Straße aufstellt und prompt von Polizisten des Platzes verwiesen wird. Schließlich verschlägt es ihn an die Ilm, an der er fortan stundenlang über das Wasser hinweg spielt.

Seine offene Art und der Versuch Gigs zu organisieren lässt ihn in Kontakt mit Studenten kommen. Einer dieser Studenten wird ihn bei sich einziehen lassen und Dai helfen seine ersten Konzerte zu spielen. So beginnt sein Weg in einer Studenten-WG in München. Dai’s Deutsch ist nicht vorhanden und sein Englisch ist schlecht, was ihn in München vor einige Probleme stellen wird. Doch schnell spricht sich rum, dass es einen unfassbaren Saxophonisten in der Stadt gibt.

Ein langer Weg

Seine Reise wird dort nicht enden. In dem auf 11 Ausgaben ausgelegten Manga wird Dai viele europäische Städte mit einer regen Musikszene besuchen. So verschlägt es ihn beispielsweise recht früh nach Berlin und Hamburg. Auf den vielen Konzerten und Sessions, an denen er teilnehmen wird, sucht er immer nach Musikern mit dem gewissen Etwas. Schließlich will Dai Miyamoto eine eigene Band gründen, auf Tour gehen und sich gemeinsam nach ganz oben spielen.

Auf seinem Weg wird er mit vielen Menschen in Berührung kommen. Einigen davon zeigt er, dass es immer noch möglich ist Dinge anzugehen, so lange man jeden Tag aufsteht und dafür arbeitet. Diese Personen erhalten dann teilweise ihr eigenes Bonuskapitel am Ende eines Bandes, in dem sie ihre Zeit mit dem ambitionierten Saxophonisten in einer Art Interview rückblickend schildern.

Der Stil

Dem Genre Slice-of-Life zuzuordnen bestechen die Zeichnungen mit klaren Linien, detaillierten Darstellungen der Städte und Szenarien in denen sich Dai bewegt. Gerade weil es in diesem Genre auf die Kleinigkeiten ankommt, das Gefühl für diese Dialoge und die Atmosphäre essentiell ist, zeigen diese Mangas eine große Freude am szenischen Darstellen. So auch die Illustrationen der Instrumente und der Musik. Während Dai übt, auf Konzerten spielt und anderen Musikern dabei zusieht, werden interessante Perspektiven eingenommen und Bildausschnitte, wie aus Musikvideos präsentiert. Die Musik in ihrer Dynamik oder Lautstärke darzustellen gelingt Ishizuka mitreißend. Das Zusammenspiel aus Lichtfokus, kräftigen Schraffuren und atmosphärischer Gestaltung von Schatten macht die Bilder so fantastisch. Wie in filmischen Gegenschnitt werden die Reaktion der Zuhörer als Bekräftigung des klanglichen Eindrucks einfügt.

Copyright: Carlsen

Wer keinen Bezug zu Jazzmusik hat, kann sich mit diesem Werk langsam an die Welt aus Improvisation und freiem musikalischen Wirken herantasten. Vorteilhaft dafür sind die Kapiteltitel, die alle einen Jazz-Standard (Eine Komposition, die so viele Interpretationen erfuhr, dass sie als Standardwerk anerkannt wurde und in zahlreichen Printausgaben zu finden ist) oder neueres Stück repräsentieren. Eine Playlist dieser Titel findet ihr hier. Die im Manga gespielten Titel lassen sich, für den klanglichen Eindruck, auch schnell finden.

Es wird spannend, falls diese Manga-Reihe mal eine Animeadaption bekommen sollte, wie Dai und seine Mitmusiker:innen dann klingen werden. Sicherlich wird es eine großes Fest für alle Jazz und Animefans.

Fazit

Blue Giant Supreme“ ist eine schwungvolle Mangareihe, die sich vor dem Jazz verneigt. Der Kern der Musik wird hierin ausgedrückt, in Wort und Bild. Die Figuren entwickeln interessante Dynamiken miteinander und es entstehen Probleme, die man so aus vielen Bandbiografien und Dokumentationen kennt. Da es ein „Slice-of-Life“ Manga ist wird man hierin wahrscheinlich nicht die Lösung großer Fragen finden. Was es aber kann und macht, ist zu inspirieren, sich zu probieren und das vielleicht schon seit langer Zeit im Schrank wartende Instrument heraus zu kramen und einfach loszulegen. Mich persönlich hat es bestärkt darin mal wieder Saxophon zu spielen, auch wenn ich mich nicht damit an einen See oder Fluss stellen würde während ich übe.

Lars Hünerfürst

Minimalistisch und musikalischer Comic Enthusiast - lief zu Fuß von Berlin nach Paris.

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