#Comictober Nightwing 4 – Das Herz von Blüdhaven

23. Oktober 2023
3 Minuten gelesen

Mit der Neuinterpretation „Nightwing 4 – Das Herz von Blüdhaven“ der einst im Schatten von Batman stehenden Figur Nightwing durch den Autor Tom Taylor gelang ein großer Erfolg. Nicht nur das mit einem Eisner-Award nominierte Kapitel 87, das in einem durchgängigen Panel mit Hilfe des De-Luca-Effekt Ungesehenes auf die Seiten zauberte, auch die vielen anderen feinen Zeichnungen von Bruno Redondo und Geraldo Borges kreieren einen wahrhaftig hochwertigen Comic. Der als Robin gestartete Dick Grayson sorgt nun als Nightwing in seiner Stadt Blüdhaven für Gerechtigkeit. Diese in der Nähe von Gotham City gelegene Stadt ist dominiert von Korruption, Bandenkriminalität und natürlich den niemals ausbleibenden Superschurken.

Der in dieser Reihe aufgebaute große Antagonist ist Heartless. Dessen Fähigkeiten sind neben Strategie und Taktik ein Herz bei lebendigem Leibe zu entfernen. Außerdem als Novum in dieser eigenständigen Comic-Reihe wird die Beziehung zwischen Nightwing und Barbara „Barbs“ Gordon etabliert und gefestigt. Sie ist der Kopf hinter der umfangreichsten und intelligentesten Überwachungssysteme des ganzen Landes, der „Oracle“. 

Die in den USA im Jahr 2021 gestartete Reihe „Nightwing“ erscheint in deutscher Übersetzung als Softcover beim Verlag Panini

Das Herz von Blüdhaven

Alfred Pennyworth, der wohl beeindruckendste und integerste Mensch des Batman-Kosmos, ist gestorben. Das Erbe dessen unglaublichen Reichtums darf überraschend der Titelheld Nightwing alias Dick Grayson antreten. Da er als Privatperson und nicht als Superheld erbt und mit diesem exorbitanten Wohlhaben eine bessere Zukunft anstrebt, tritt er auf die Füße des korrupten Systems profitgieriger Kapitalisten. So kauft, eröffnet und sponsert den Bau verschiedener Einrichtungen für Obdachlose, Kinder und Begegnungsstätten an Orten, die das Ziel von Millionspekulationen sein sollten. Natürlich ruft er so den gesammelten Hass der reichen Eliten auf den Plan, was dazu führt, dass sogar ein Kopfgeld auf ihn als Dick Grayson ausgesetzt wurde. Einer der Drahtzieher dahinter ist der Immobilienspekulant und mehrfache Millionär Roland „Blockbuster“ Desmond. Dessen Name lasse sich aus der Tendenz ganze Wohnblöcke „warum zu sanieren“ ableiten, um diese dann gewinnbringend zu veräußern. 

Copyright: Panini

Diese Ausgabe beginnt mit einem Blick in die Vergangenheit Dick Graysons. Als er noch Robin war unter der väterlichen Obhut Bruce „Batman“ Waynes, zeigte sich schon sein starker Sinn für Gerechtigkeit. Es ging sogar so weit, dass er sein eigenes Leben in einem offensichtlich chancenlosen Kampf aufs Spiel setzte. Das Missfallen Batman’s über solche gefährlichen Aktionen führte nur dazu, dass sie sich über kurz oder lang voneinander entfernten.

Nun steht Dick Grayson im Fokus, kann sich nicht mehr hinter einer Maske verstecken. Er muss sich mit legalen Mitteln gegen die Ungerechtigkeiten des Systems behaupten. Der Kampf scheint ausweglos, da selbst hohe Staatsbeamte wie der Polizeikommissar (leitendes Amt und politisch eng verstrickt) keinen Willen zeigt gegen Vandalismus an den von Grayson kürzlich geschaffenen Orten vorzugehen. Anstelle dessen werden eher Skateboard fahrende Kinder aus Gründen der Präventivhaft zur Rechenschaft gezogen. Nicht nur er, viele weitere Offizielle, sind schlichtweg gekauft und dienen nur dem Geld. Jenes Geld stammt häufig von Kriminellen wie dem Blockbuster.

Ein doppeltes Spiel und Freunde des Feinen

Roland „Blockbuster“ Desmond rechnet jedoch nicht damit, dass gerade die neue Bürgermeisterin nicht nach der Melodie seines Reichtums tanzt. Sie nutzt das gewonnene Vertrauen, um den hochgradig Kriminellen von Nightwing und seinen Vertrauten hochnehmen zu lassen. Ihre Informationen ermöglichen der Bat-Gang und einigen Mitgliedern der Justice League, die in dieser Reihe gelegentlich als Freunde des sehr sozialen Dick Grayson auftauchen, einen Großeinsatz gegen das organisierte Verbrechen zu starten. Sie verhindern Substanzschmuggel, den Fluss von Schmiergeldern und setzen korrupte Amtsträger fest. Es taucht dann auch noch eine Kommission in der Stadt auf, um die Vorgänge zu untersuchen. Allerdings sterben wichtige Zeugen wie von Zauberhand durch das korrupte System, bevor Beweise aufgenommen werden können. Merkwürdiges geht in den Straßen Blüdhavens vor. 

Zeitgleich erzählt uns Tom Taylor, wie sich der immer wieder als großer Antagonist eingeführte Heartless, zur neuen noch größeren Bedrohung aufschwingt. Dieser sucht den Kontakt zum Blockbuster, unterbreitet ihm ein Angebot und wird daraufhin fast selber vom Blockbuster getötet. Nicht nur in dieser Handlung warten einige überraschende Wendungen auf den Leser. Dieser packende Kriminal-Comic mit viel Superhelden-Anstrich bietet facettenreiche Unterhaltung.

Copyright: Panini

Die von Bruno Redondo und Geraldo Borges erstellten Panels komplettieren diesen umfangreichen Superhelden-Krimi fantastisch. Die Figurendesigns zeigen eine lebhafte Frische, kantig, knackige Formen und gleichzeitig weiche und einfühlsame Expressionen. Das Spiel der Kolorierung, das auf den häufig ikonischen Splashpages besonders gut zur Geltung kommt, gibt dieser Ausgabe einen eigenständigen Look. Die Entwürfe der beiden Künstler changieren zwischen modernen Superhelden-Comics und Independent-Titeln. Sie nehmen sich das beste beider Welten und schufen so einige neuartige Designs, beispielsweise die Kostüme der Protagonistinnen. In vielen Belangen wirkt die Gesamtheit dieser Ausgabe rundum gelungen und bietet zugleich genügend Anstöße für kreatives Spiel mit den Konventionen des Superhelden-Comics.

Nightwing 4 - Das Herz von Blüdhaven Panini Cover Comic DC
Ästhetische Superhelden-Kriminal-Kritik
„Nightwing 4 - Das Herz von Blüdhaven“ führt konsequent unterhaltsam und spannend fort, was in der Reihe ausgezeichnet war: Figurenentwicklung und eine nicht allzu radikale Kritik eines kapitalistischen Systems der Korruption. Die von Tom Taylor entworfenen Charaktere lesen sich geradezu herzlich warm und werden dank der sich anschmiegenden Bildern von Bruno Redondo und Geraldo Borges zu einer Empfehlung für jeden interessierten an Geschichten aus dem entfernten Umfeld Batmans. Die Handlung ist nicht ausladend innovativ, unbedingt genial oder bleibt lange im Gedächtnis, dennoch vermag dieser Comic zu gefallen und sich mit einem gewissen kritischen Gestus nicht selbst auf die Schulter zu klopfen. Es liegen genügend Kommentare, Aussagen und Handlungsweisen in diesem Band vor, die man als Systemkritisch, wenn nicht sogar Anti-Establishment bezeichnen könnte. 
Pro
Visuell ästhetisch
Figuren mit Integrität
Kontra
Kurz und ein wenig zu erwartbar
6

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Über den Autor

Lars Hünerfürst

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