Der von Becky Cloonan und Michael W. Conrad geschriebene Reihe über die stärkste Frau des DC-Kosmos hat wieder kräftig auf den Tisch. „Wonder Woman 4 – Vier gegen Psycho“ nimmt bereits etablierte Figuren wieder auf, begeht vorbereitete Wege und kann dabei in Amazonenmanier überzeugen. Wie häufig in dieser Interpretation der Amazone Diana von Themyscira finden sich auch hier eine große Menge Kritik und satirische Seitenhiebe auf aktuelle Debatten und Themen. Am Zeichenbrett sind Emanuela Lupacchino, Eduardo Pansica, José Luis und Marguerite Sauvage als hochklassige Künstler:innen vertreten. Dieses vierte Paperback erscheint als kräftige, 7 Hefte umspannende Ausgabe bei Panini.
Radikale Pläne
Die von Cloonan und Conrad geschriebene Reihe um Diana und ihre Irrungen und Wirrungen zeichnet Eines ganz besonders aus. Sie ist kritisch zu Themen wie Misogynie, Radikalismus, Trumpismus und Medieneinfluss. Diese, den Entwicklungen in den USA und Europa geschuldet, leider noch sehr dringend zu diskutierenden Phänomene des Zusammenlebens von Menschen werden hier auf Figuren geschrieben. Der bereits zu Beginn dieser Reihe eingeführte Dr. Psycho oder auch Dr. Edgar Cizko vereint gleich mehrere dieser anachronistischen Eigenschaften toxischen Soziallebens.
Diana von Themyscira ist nach dem Event „Krieg der Amazonen“ wieder zu irdischen Belangen zurückgekehrt. Sie muss sich nun mit der an Beliebtheit gewinnenden Propaganda des durchtriebenen Cizko abmühen. Dieser forciert Hetze und Frauenhass in seinem eigenen TV-Format. Natürlich vermarktet er nebenbei auch noch seine eigenen Produkte, die unschwer zu erkennen im Verlauf der Handlung noch wichtig werden. Die „Milch für echte Männer“ und die von ihm gepredigte Intoleranz gegenüber Anderen schart ein Heer aus weißen Amerikanern um ihn. Sie tragen rote Basecaps, schwingen ihre selbsternannte Wunder-Milch und die obligatorische Waffe fröhlich auf Demonstrationen. Eine davon ist so inszeniert, dass sie Assoziationen an den Sturm aufs Kapitol weckt. Der darin enthaltene Kommentar zur aktuellen Lage in den USA kann klarer nicht sein und erfreut, dass Comic-Zeichner und Autoren das Medium Comic in dieser Zeit so nutzen. Die Freunde und Helfer Wonder Woman’s vereinen sich und stellen sich gegen die Organisation und ihre populistisch faschistoiden Ausläufer.
Gegen den Instinkt
Nachdem der Handlungsbogen rund um die Bekämpfung der Radikalisierung abgeschlossen ist, begibt sich Diana mit ihrer neusten Schwester auf eine neue Mission. Die während des Events „Krieg der Amazonen“ eingeführte Esquecida entstammt einer südamerikanischen Amazonen-Kultur. Nun wird sich ihre Kenntnis um die Natur Pflanzen und Tiere des südamerikanischen sich Urwalds auszahlen. Gemeinsam sind sie nun auf der Spur einer Organisation, die mit Hilfe von Blumen eine psychogene Substanz herstellt, welche den Konsumenten den Verstand raubt. Sie werden von Instinkten getrieben und stellen eine große Bedrohung dar, die Esquecida in Visionen voraussieht. Hinzukommt, dass eine der besten Freundinnen Dianas höchst wahrscheinlich selber zum Opfer dieser Drogen geworden ist. So kämpfen sich Esquecida und Diana durch farblich stark kontrastierenden Panels.
Stilistisch durchmischt
Die ersten vier Hefte wurde von Emanuela Lupacchino, Eduardo Pansica und José Luis gezeichnet. Darin lässt sich der diese Reihe prägende Zeichenstil entdecken. Es ist eine Mischung aus detailreichen Strukturen, Slaptstick und Cartoon ähnelnden Expressionen, meist fließenden Farbverläufen und einem Hang zum losen Panel auf einer Splashpage. Dieser bunte Haufen wird vermengt mit einem an sich sehr glatten allgemeinen Eindruck. Nur wenige Seiten und Panels stechen eklatant heraus. Sowohl positiv, wie auch negativ.
Die Suche nach der besten Freundin Cheetah im Amazonas gestaltete die Künstlerin Marguerite Sauvage allein, was der Formgebung und der Benutzung solch kontrastreicher Farben nur zu Gute kommt. Die Figuren und Szenerien sind schön designed, wenn dort nicht die herausstechend blauen Augen Wonder Woman’s wären. Sie wirken anfänglich etwas zu blau und es nützt auch nicht diese dann meist weit aufgerissen darzustellen. Diana von Themyscira wirkt streckenweise nahezu manisch. Dies ist aber auch der einzige wirkliche „Kritikpunkt“ an diesem kurzen Handlungsbogen.