Monstress 7 – Verschlinger

9. September 2023
2 Minuten Lesezeit
Monstress 7 - Verschlinger

Das mehrfach preisgekrönte Steampunk-Spektakel von Marjorie Liu und Sana Takeda geht mit „Monstress 7 – Verschlinger“ endlich weiter. Wieder haben die Künstlerinnen ein filigran ausgearbeitetes Polit- und Figurendrama abgeliefert. Dieses Mal wird es weniger spektakulär, als im vorigen von Krieg dominierten Band. Dennoch ist die Spannung und die Fülle an neuen Erkenntnissen auch hier wieder hoch. Wie bisher auch, erscheint diese Ausgabe beim Ludwigsburger Verlag Cross Cult in einer Softcover Klappbroschur. Mit 176 Seiten erhält man einen Comic mit viel Farbe, aber vor allem Schattierungen und Facetten von Schwarz.

Von Macht und Freundschaft

Nach den vorangegangenen Kämpfen wurde sie abschließend von ihrer „besten Freundin“ Tuya vergiftet. Beide sind die Erbinnen einer unkontrollierbaren Kraft. Maikas Kraft nennt sich Zinn und ist ein Gott aus Uhrzeiten, mit noch unbekannter Herkunft. Sie ist die Tochter des Lord Doktors einem einflussreichen Berater des Bluthofs, der selber ein Nachfahre der Schamanenkönigin ist. Sie hätte es einst geschafft die Kräfte dieser Götter zu kontrollieren und erhob sich zu einem der mächtigsten Wesen dieser Welt. Tuya hingegen ist nur ein weiterer Avatar zum Erhalt übermenschlicher und schicksalshafter Kräfte, einer langen Erbfolge. Sie wollte und will diese Macht noch nie und kämpft mit sich und ihrer „Bestimmung“. 

Copyright: Cross Cult

Ein großer Teil der Handlung findet am Hof der Abenddämmerung statt. Dort sind nur Arkane, also potenziell magisch begabte Tierwesen wirklich geduldet. Im Kampf um die Vorherrschaft, die Dominanz über alle Völker, gehen die rein menschlichen Cumea (töten Arkane um Waffen aus ihnen zu produzieren), die Höfe der Abend- und Morgendämmerung, sowie der Bluthof mit ähnlich brutalen und unbarmherzigen Mitteln vor. Jedes Volk auf seine Weise, jedoch unnachgiebig, faschstoid und dem biologischen Determinismus nach, sich über alle anderen stellend. 

Maika liegt also im Koma. Sie soll nun ausgiebig untersucht werden, immer mit dem Ziel ihre Kräfte, also den Gott Zinn zur Unterwerfung der Welt missbrauchen zu können. Während die wirkliche beste Freundin, das kleine Fuchsmädchen Kippa, in der Welt ihren Ruf und ihr Anliegen klar vertritt, passieren in Maikas Träumen ganz andere bisher ungesehene Dinge. Sie bewegt sich durch die eigene Vergangenheit, erkennt die Umstände für den Tod ihrer Mutter und erfährt von Zinn woher er und Seinesgleichen stammen. Es wächst eine gar unbändige Wut und Hass in ihr, die sie zu zerfressen droht. In einer parallelen Ebene des Bewusstseins der komatösen Maika befindet sich Kippa, der es irgendwie möglich ist in die Psyche und die geheimen Winkel ihrer von Zinn besessenen Freundin Maika zu dringen. Sie spürt die Vorsehung einer zugestandenen Rolle und einen Weg all das zu lösen.

Noch ausladendere Illustrationen

Diese von Sana Takeda illustrierte Reihe ist bekannt für ihren extrem aufwendigen, vielschichtigen und komplexen Zeichenstil. Nicht zuletzt deswegen wurde sie 2015 mit dem Eisner-Award mehrfach ausgezeichnet. In der allgemeinen Präsentation der Reihe waren es schon die von Details und Atmosphäre durchdrungenen Bilder, die schlichtweg begeisterten. Nun begibt sich die Illustratorin Takeda auf neue Wege, die sie ins Sphären und australe Szenerien umherwandern lässt. Mindestens so kunstvoll wie sie die technischen Details zeichnete, gelingt ihr es nun das Nichts, den Kosmos und unfassbare Energie und Kraft zu zeichnen. Das erstaunliche dabei ist, dass weder das eine noch das andere in irgendeiner Art unorganisch oder wie ein Fremdkörper in dieser Welt wirkt. 

Copyright: Cross Cult

Allerdings, trotz des vielen Lobes, muss eines ganz klar kritisiert werden. Es ist nahezu unmöglich bei einem Veröffentlichungsabstand von mehreren Monaten eine Handlung und Figuren solcher Komplexität im Geiste zu behalten. Sich dessen bewusst zu sein, ist eine Sache, daraus eine Layout- oder Redaktionsentscheidung folgen zu lassen, steht auf einem ganz andren Blatt. Leider wurde nichts davon angegangen, sodass die ersten 10-15 Minuten dieses ungefähr 1 bis 1,5 stündigen Lesevergnügens damit vertan werden, die vorigen Ausgaben heraus zu kramen und noch einmal aufzufrischen. Das Verständnis und die emotionale Fallhöhe bleibt andernfalls aus, beziehungsweise stellt sich nicht mit vollem Potential ein. Dies ist Schade, weil so viele kleine Anspielungen und Vorausdeutungen im Nichts verpuffen. Also, wo ist der redaktionelle Text der die Lesenden nach mehreren Monaten wieder abholt?

Monstress 7 - Verschlinger Cover Cross Cult
Überwältigend und komplex
Mit „Monstress 7 - Verschlinger“ taucht man tiefer als je zuvor in die komplexe Welt aus politischen Ränkespielen, Mythologie und Geschichte der Figuren ein. Die teils spektakulären Bilder geben der gelegentlich komplizierten Handlung eine fantastische Atmosphäre. Leider bleibt davon einiges als reines Fakten- und Namenbombing auf der Strecke liegen und berührt daher nicht. Nur die explizit charakterbildenden Szenen, die sich um Maika und Kippa drehen, geben einem die Möglichkeit emotional anzuknüpfen und sich mit den Figuren zu identifizieren. Schön zu sehen, wohin die Reise mit Maika geht, aber teilweise sperrig zu konsumieren.
Pro
Umwerfende Bilder
Komplexes Worldbuilding
Kontra
Schwer nach langer Pause reinzukommen
Komplexes Worldbuilding

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Über den Autor

Lars Hünerfürst

Minimalistisch und musikalischer Comic Enthusiast - lief zu Fuß von Berlin nach Paris.

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