Rooster Fighter

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Dieser Manga hatte es mir irgendwie angetan. Mehrere Wochen lief ich gelegentlich durch Buchläden und sah das Cover des ersten Bandes von „Rooster Fighter“. Diese bei Altraverse erscheinende Reihe ziert ein stolzer und scheinbar sehr kräftiger Hahn. Beim durchblättern im Laden hatte ich zuerst meine Zweifel, denn was man auf den ersten Blick erhascht, scheint wüster Schwachsinn zu sein. Allerdings kann diese von Shu Sakuratani geschriebene Reihe einiges mehr. Der Erfolg gibt der Reihe recht, denn sie schaffte den Sprung vom Web-Comic zu einem Manga-Magazin und nun auch ins Bücherregal nach Deutschland. Rooster Fighter wurde schnell eine von mir geschätzte und als sehr unterhaltsam erachtete Manga-Reihe. Doch was soll diese Sache mit dem Hühnchen?

Von Monstern und Hähnen

Die Handlung spielt in einem alternativen Japan, das in letzter Zeit immer wieder von merkwürdigen Monstern heimgesucht wird. Ihre Gestalt und ihre Fähigkeiten variieren stark, doch scheinen eine Gemeinsamkeit zu besitzen: Besessenheit und Passion. Je nach Hintergründen der einst Menschen gewesenen Monster, suchen sie ihre Städte oder Dörfer heim und richten schieres Chaos an. Die Bedrohung der body-horror anmutenden Kaijus (japanisch für riesige „rätselhafte Monster“; Bsp.: Godzilla) ist omnipräsent und von den Menschen oft nicht abzuwenden. Es gibt allerdings jemanden voller Mut, unbändiger Kraft und Geschwindigkeit, der es mit ihnen aufnimmt: der weiße Hahn Keiji.

Copyright: Altraverse

Keiji wandert durch das Land und eilt immer dann zu Hilfe, wenn er Ungerechtigkeiten oder Monsterangriffe mitbekommt.
„Da schwillt mir doch mein formidabler Kamm!“, sagt er dann meist und springt auf in den Kampf. Seine persönliche Vendetta gegen die Monster wird im weiteren Verlauf der Handlung erklärt. So viel sei gesagt, Rache und Vergeltung gehören zu seinem Antrieb. Außerdem ist er dominanter Einzelkämpfer, dessen teils rücksichtsloses Verhalten auch anecken kann. Er ist zudem nicht verlegen, wenn es um Sexualität geht, denn nichts scheint ihm gelegener zu kommen als Hennen, die sich ihm hingeben. Selbst wenn sie dies nicht tun, ist er nahezu unaufhaltbar. Ein wirklich schwieriger Charakter also.

Wie jede mehr oder weniger gute Geschichte erhält der Einzelkämpfer und Monster-Töter Keiji einen Sidekick. Dieser ist naiv, idealistisch und absolut loyal seinem neuen Meister gegenüber. Gleichzeitig wird der Sidekick Jinchi zum Comic-Relief und manchmal auch zum Erzähler gemacht. Im Weiteren werden weitere Figuren eingeführt, die überzeugende und gut geschriebene Nebenfiguren sind.

Echt starke Hühner

Copyright: Altraverse

Die Bilder, die Shu Sakuratani auf die Seiten zaubert, haben einen sehr eigenen Charme. Seine Panels sind klar, strukturiert und strahlen eine gewisse wohlgefällige, sich in weichen Formen ergebende, Ruhe aus. Ihm gelingt es ganz mühelos viel Dynamik, Geschwindigkeit und Kraft in die Bewegungen der Akteure zu legen. Denn ist erst einmal Keiji im Kampf geht es häufig rasant zu. Dieser springt so schnell herum, dass man oft nur einen weißen Streifen kammgeschwollener Energie sehen kann. Auch die Darstellung von Tieren allgemein wirkt sehr einfühlsam und wundersam expressiv. Keiji und andere Figuren erscheinen in den Kämpfen häufiger wie auf Steroiden oder Amphetaminen; extrem aufgepumpt und schier unbesiegbar aggressiv.

Jedoch ist Keiji nicht einfach ein aggressiver Rüpel. Der Stolz und das Kalkül, das ihm durch Sakuratanis Bilder zu Teil wird, hebt diese Figur auf das Level eines Großmeisters längst vergessener Kampfstile unter Hühnern. Es ist wirklich sehr beachtlich wie innerhalb weniger Panels eine Stimmung verändert werden kann. Dabei nutzt der Künstler einfachste Mittel wie parallele Schraffuren, Rasterfolien und Schattierungen so gut, dass die Panels sehr ausdrucksstark werden.

Ein Hahn und seine Mission
„Rooster Fighter“ ein überraschender und sehr unterhaltsamer Manga über einen Super-Hahn und seine Suche nach Vergeltung. Im Gewand einer „Monster of the Week“ Manier kommt dieser Manga anfänglich langsam ins Rollen, gewinnt jedoch an Komplexität und Tiefe, umso mehr des Mysteriums um die Monster aufgedröselt wird. Es ist eine kleine „Special-Interest“ Empfehlung für Fans von Shonen-Mangas, witzige Dialoge und skurrile Monster-Wesen. Selbst für alle die Leser, die sich nicht unbedingt damit angesprochen fühlen, kann diese überdreht duschgeknallte Manga-Reihe ein Versuch sein. Als kleines Extra erhält man übrigens zu fast jeder Ausgabe eine Auswahl an Postkarten mit „Urlaubsfotos“ von Keiji und Kumpanen.
Pro
Unterhaltsame Dialoge
dynamische Zeichnungen
Kontra
Monster of the Week - berechenbar
Moral der Hauptfigur
8

Lars Hünerfürst

Minimalistisch und musikalischer Comic Enthusiast - lief zu Fuß von Berlin nach Paris.

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