
Die Geschichten rund um Geralt von Riva alias Witcher ranken sich schon in großer Fülle. Die von Andrzej Sapkowski verfasste Pentalogie, also ein Epos auf Fünf einzelnen Werken bestehend, wie auch viele Kurzgeschichten aus der Welt der Hexer nahmen bereits in den frühen 90er Jahren ihren Anfang. Bis heute haben viele Kunstschaffende ihre Adaptionen der Hexer-Saga hinzugefügt, das Werk erweitert oder einfach neu interpretiert. So geschah es auch in diesem Comic.
Der Autor Rafał Jaki hegte schon seit langer Zeit ein großes Interesse seine eigenen Interessen mit der Hexer-Saga zu verbinden. Als begeisterter Japan-Fan lag es also recht nah die Welt des Geralt von Riva im Look eines umherstreifenden und herrenlosen Samurai zu zeigen. So entstand, mit Hilfe des japanischen Zeichners Hataya, diese ganz eigene Version mit dem Titel „The Witcher: Ronin“. Im hochwertigen Hardcover, mit punktuell eingesetztem Spotlack und einem reichhaltigen Glossar aller darin auftauchenden Gestalten, ist dieses Werk mehr als nur ein Panini Comic.
Auf der Jagd
Geralt von Riva streift durch ein mystisches Japan im Winter in einer längst vergangenen Ära. Mit Katana bewaffnet, ausgerüstet mit den für Hexer typischen Tränken und getrieben von der Erfüllung seiner Mission gerät der oft schweigsame Protagonist in verschiedene Situationen menschlichen Leids. Er wird beispielsweise von einem Dorfvorsteher gefragt, ob Geralt für ihn alle Kappa (ein froschähnliches Wesen und Wort für Gurke) in der Gegend umbringen könnte. Sie hätten bereits mehrere Arbeiter in kurzer Zeit getötet.
Mit dieser Mission ausgesandt, gerät der Hexer an einen Wasserdrachen. Sie ist die schützende Kraft der Flüsse und Gewässer. Im Gespräch mit dem sanften Wesen erfährt der Ronin Geralt nun, dass die Menschen ihrer Gier nicht einhalten können und die Moore und Flüsse ausbeuten. Daher zeigt sich die Natur, unter Führung des Drachens, wehrhaft und wähnt sich zu verteidigen. Die Kappa würden erst nach der Beendigung der Ausbeutung der Natur und somit Zerstörung ihres Lebensraums aufhören die Menschen anzugreifen. Natürlich versteht der Dorfvorsteher nicht, dass das grenzenlose Wachstum schlussendlich auch zur gänzlichen Zerstörung des eigenen Lebensraums führen wird. Enttäuscht und wegen des unerfüllten Auftrags mittellos zieht Geralt wieder weiter.
Nach einem ähnlichen Prinzip gerät der Hexer nun in vier Kapiteln an unterschiedlichste mythische Gestalten, die alle ausführlich beschrieben in besagtem Glossar zu finden sind. Man kann so tatsächlich noch etwas mit der Lektüre dieses Werks lernen. Das eigentliche Ziel jedoch ist und bleibt eine Geisterfrau, die immer wieder auftretende Yuki-Onna.
Zwischen Mystik und Action
Der noch recht unbekannte Comic-Künstler Hataya verbindet einen traditionell wirkenden Stil japanischer Kunst mit moderner Inszenierung. Die Darstellung der Wesen und die reduzierte Kolorierung geben dem Werk einen gediegenen, ruhigen und ernsthaften Charakter. Mittels der vielen kleinen Linien, Punktschraffierung und gelegentlichen Details gewinnt dieser Stil an Atmosphäre. Zugegebener Maßen erinnert diese Art der Schraffur, beziehungsweise Struktur in den Bildern, an Werke von Moebius aus den 70er Jahren. Doch so entwickelt Hataya diese Stimmung zwischen alter Comic-Ästhetik und traditioneller japanischer Holzschnittkunst.
Die Fusion aus glatten, maximal zweifarbigen, sehr entsättigten Farbflächen, einer gewissen Rauheit und so mancher schönen Perspektive machen diesen Manga auf seine Art einzigartig. Zwar glänzt dieses Werk nicht durch einen besonders komplexen oder vielschichtigen Look, doch hat kann es gerade wegen der vermeintlich erwachsenen Darstellung überzeugen. Auch die für das Genre Manga typischen Soundwords in japanischer Katakana kann man hierin entdecken.
Eine wirklich sehr schöne Idee ist das Bestiarium am Ende dieser Ausgabe. Selbst für den geneigten Japan-Enthusiasten birgt diese Sammlung noch einige Neuheiten und spannende Fakten aus der Mythologie Japans.