Welchen Einfluss haben die neuesten Regulationen auf Sportwetten in Deutschland?

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Das deutsche Glücksspiel hat in den letzten Monaten eine Revolution erlebt. Anders lassen sich die Entwicklungen und die neuen Gesetze kaum bezeichnen. Doch was genau bedeuten diese Veränderungen für Sportwetten in Deutschland? Wir haben uns den neuen Staatsvertrag angeschaut und erklären, wo die Chancen und Risiken liegen.

Die neue deutsche Glücksspielregulierung ist das Ergebnis eines Staatsvertrages zwischen den Bundesländern. Sie unterliegt deren individuellem Ermessen und festgelegten Grenzen. Das Abkommen stellt einen Kompromiss zwischen den Bundesländern dar. Hierbei muss erwähnt werden, dass einige Bundesländer sich stark gegen Sportwetten aussprechen. Die Regulierung enthält daher Einschränkungen hinsichtlich der Gestaltung der verschiedenen Produkte sowie deren Bewerbung. Leider sind viele dieser Vorgaben in Bezug auf den Spielerschutz weder zielführend noch notwendig. Sie schaffen ein unbefriedigendes Spielerlebnis für die Nutzer. Es scheint als wären einige Maßnahmen gar kontraproduktiv für ihr erklärtes Ziel. Doch was war das eigentliche Ziel? Die Spieler zu schützen und legale Anbieter zu bevorzugen.

Hier sind einige der Verbote, die mit der neuen Gesetzgebung in Kraft getreten sind:

•   Ein Verbot von Live-Streaming auf Wettseiten

•   Keine kommerzielle Werbung in Radio und Internet für virtuelle Spielautomaten, Online-Poker und Casinospiele zwischen 6:00 und 21:00 Uhr

•   Eine Minute Verzögerung für Kunden, wenn sie zwischen verschiedenen Spielen auf derselben Internetdomäne wechseln, z. B. von Sportwetten zu virtuellen Spielautomaten

•   Eine fünfminütige Verzögerung beim Wechseln zwischen verschiedenen Glücksspielseiten

•   Ein Einsatzmaximum von 1 Euro für virtuelle Spielautomaten

•   Sportwetten im Spiel sind beschränkt auf das Endergebnis und die damit verbundenen Märkte

Es ist davon auszugehen, dass durch die neuen Regulierungen lizenzierte Produkte in Zukunft weniger attraktiv für Nutzer und somit weniger wettbewerbsfähig sein werden als nicht-lizenzierte Pendants. Hier besteht das große Risiko, dass Kunden zu dubiosen Sportwetten Anbietern wechseln, wo es keine Verantwortung und keinen Schutz gibt. Dieses Risiko wird durch einige der Hardliner unter den Bundesländern verstärkt, die versucht haben, legitime Betreiber und Zahlungsdienstleister zu behindern. Das Bundesland Niedersachsen hat zum Beispiel verschiedene Zahlungsanbieter aufgefordert, Kundenzahlungen an Betreiber von Online-Diensten wie Poker oder Casinos zu sperren.

Regionale Inkonsistenzen sind bei Online-Casino-Tischspielen unvermeidlich. Den 16 Bundesländern steht es frei, solche Produkte einseitig oder gemeinsam mit anderen Staaten zu verbieten oder zu beschränken. Angesichts der begrenzten Anzahl zulässiger Zugeständnisse könnten sich Monopole oder Oligopole bilden. Dies könnte wiederum die Ungleichheiten angesichts der Wettbewerbsbedingungen vergrößern und ist daher nach EU-Recht höchst fragwürdig. Dem stehen auch die gesetzlichen Bestimmungen für virtuelle Spielautomaten, Online-Poker und Online-Sportwetten gegenüber, die bundesweit in einem offenen Erlaubnismodell angeboten werden.

Auch die Datenspeicherung ist problematisch

Das neue Abkommen verlangt außerdem eine umfangreiche Speicherung von Daten durch zentrale Behörden und Betreiber. Zu den gespeicherten Daten gehören alle Spielereinlagen und Informationen zur Verhinderung von anbieterübergreifendem Parallelspiel. Zur Durchsetzung dieser Maßnahmen jedoch ist die Weitergabe von personenbezogenen Daten erforderlich, was einen Verstoß gegen die Datenschutzbestimmungen darstellen könnte.

Solche Daten fallen unter den Schutz der Charta der Grundrechte der EU und sind besonders sensibel, da sie Rückschlüsse auf die finanzielle Situation und Gesundheit der Spieler zulassen. Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ist die Verarbeitung solcher Daten auf das unbedingt Notwendige zu beschränken.

Leider werden nach dem neuen deutschen Glücksspielabkommen die Daten aller Spieler pauschal erfasst, ohne dass problematische Verhaltensmuster vorliegen müssen. Sowohl das Bundesverfassungsgericht als auch der EuGH sehen in dieser Vorratsspeicherung von Telekommunikationsverkehrsdaten einen besonders schweren Grundrechtseingriff.

Eine Anpassung des Gesetzes ist möglich

Und dennoch werden nach dem neuen deutschen Glücksspielabkommen die Daten aller Spieler pauschal erfasst, ohne dass zwangsläufig problematische Verhaltensmuster vorliegen müssen. Kritik kommt auch aus europäischen Behörden. Denn das neue Gesetz ist – wie ausgeführt – nicht unbedingt konform mit europäischem Recht. Einige Punkte der Regulierung bleiben umstritten. Dies könnte dazu führen, dass das Gesetz nochmals eine größere Anpassung durchlaufen wird.

Grundsätzlich sind die neuen Maßnahmen ein wichtiger Schritt hin zu einer modernen Regulierung des digitalen Lebens der Menschen. Deutschland sollte sich jedoch in diesem Punkt ein Beispiel an Ländern wie Dänemark, Spanien und Italien nehmen. Diese haben Glücksspiel-Produkte in einem wettbewerbsfähigen offenen Genehmigungsmodell zugelassen und dabei das EU-Recht eingehalten. Auch für die Nutzer sind die Regelungen in diesen Ländern vorteilhafter als die deutschen Gesetze.

Kriminalisierungs- und Verbotsbemühungen auf der Grundlage der derzeitigen Rechtslage, die voraussichtlich nicht mit EU-Recht vereinbar ist, sind verfehlt und kontraproduktiv. Um das Ziel des neuen Staatsvertrags zu erreichen, Spieler zu schützen und legale Anbieter zu bevorzugen, muss der deutsche Gesetzgeber gemeinsam mit der Europäischen Kommission einen sicheren, nutzerfreundlichen und attraktiven Glücksspielsektor gestalten. Es gibt noch einiges zu tun, bevor die Situation rund um Sportwetten und Online Casinos wirklich alle zufriedenstellen kann.

Annegret Hünerfürst

Geboren in der selben Woche, in der die erste Website online kam - gelernte Diätassistentin und Mutter von zwei Kindern

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