Komplett vergriffen war die erste Auflage des Debüts von Masakazu Katsura mit dem Titel „Zetman“ auf dem deutschen Markt. Der Verlag Cross Cult musste also erste neue Exemplare in Auftrag geben, bevor eines davon als Rezensionsexemplar auf meinem Tisch landete. Diese massiv dicke Ausgabe beinhaltet einige farbige Seiten, wie man sie von Eröffnungen eines neuen Mangabandes kennt. Es ist eine dieser massiven Editionen, wie sie in den letzten Jahren häufiger herausgebracht werden, um so eine lange laufende Reihe in weniger Bänden abschließen zu können. Denn Zetman wurde 2002 von Masakazu Katsura erstveröffentlicht. Die Reihe lief über einen erstaunlichen Zeitraum von knapp 12 Jahren recht erfolgreich im japanischen Manga-Magazin „Young Jump“. Ein begleitender Anime umfasst überschaubare 13 Episoden.
Vom Ausgestoßenen zum Auserwählten
Zetman beginnt mit einem Kriminalfall. Es ist ein dankbarer Einstieg in fast jede Geschichte, die den Ton als spannend und gleichzeitig überlegt gesetzt sehen will. Gesucht wird ein die Nachbarschaft in Flammen setzender Verbrecher. Die Polizei fragt überall nach, selbst in der Obdachlosensiedlung am Rand der Stadt. Dort lernen wir den Opa und dessen Enkel und Protagonisten Jin Kanzaki kennen. Ein junger Mann, der als Auserwählter auserkoren und unwissend um seine Bedeutung, die Welt verändern soll, ist grundsätzlich keine neues Motiv. In Zetman hat dieser Junge auch noch besondere, ihm nicht erklärliche Fähigkeiten. Der ihn behütende Großvater versuchte den Ausbruch dieser Fähigkeiten zu kontrollieren.
Einige tragische Wendungen führen dazu, dass Jin seine Kräfte gezwungen ist auszuüben. Im weiteren Verlauf dieser Geschichte erfahren wir sukzessiv etwas zum Hintergrund seiner Fähigkeiten. Außerdem lernen wir den Kopf der Organisation kennen, dessen Ziel es ist die genetische Veränderung des Jin zu seinen Gunsten zu nutzen. In dessen Genen soll eine unbändige Kraft liegen, um damit monsterartige Wesen zu erschaffen. Einigen dieser Versuchswesen wird Jin schon in seinem Leben entgegentreten. So kämpft er gegen einen vermeintlichen Brandstifter, dessen Taten mehrere der ärmsten Menschen der Stadt obdachlos gemacht hat oder sogar das Leben gekostet hat. Dieses humanoide Wesen manipuliert und erschafft Flammen aus sich heraus.
In diesem Kampf lernt Jin und wir Leser eine weitere sehr wichtige Figur kennen: Kouga Agami, der der Enkel des vom Zetman besessenen Leiter der geheimen Organisation ist. Sein übermäßiger Gerechtigkeitssinn und seine schier unbegrenzten finanziellen Mittel befähigen ihn zum Vigilanten gegen das Unrecht. So macht er sich mit Technologie, die von Ingeniueren aus der Firma seines steinreichen Vaters entwickelt wurde, auf die Suche nach dem selben Brandstifter. Die Inszenierung des Aufeinandertreffens von Jin und Kouga weist auf eine lange Entwicklung dieser Figuren an-, gegen- und miteinander hin.
Angemessen und direkt
Schnell bekommt man vermittelt, dass dieser Manga keine Abkürzungen nimmt, kein Blatt vor den Mund und auch nicht daran spart Gewalt zu zeigen. Die Zeichnungen zeugen von vielen Details, kreieren eine reiche Atmosphäre und erschaffen so ein gutes Gefühl für die gezeigte Welt. Dem Künstler Masakazu Katsura gelingt es Kindlichkeit und Härte auf wenigen Panels kontrastieren zu lassen. In einem Augenblick ist Jin noch ein naiver Junge, im anderen ein eiskalter Killer. Auch an den genetisch erschaffenen Menschen, die als Monster ihr Unwesen treiben, zeigt sich die Raffinesse der Zeichenkunst. Sie sind abscheulich und wirken ungemein bedrohlich. Die damit einhergehende Action brilliert selbst in den häufig detailreichen Umgebungen und ist immer und trotz der Dichte des Hintergrunds sehr gut nachvollziehbar.
Als sehr gelungen in dieser Exposition sollte man die gute Balance aus Rückblenden und Gegenwart nennen. Als besonders gelungene Sequenz lässt sich die „Traumsequenz“ hervor stellen. Darin wird Jin in seinen Ängsten und Motiven, sowie der sehr wichtigen Beziehungen auf wenigen Seiten im Kern erfasst. In seiner Gänze erscheint Zetman wie ein Action-Shonen Manga der mit klassischen Elementen des Coming-of-Age spielt.