Deadpool 4 – Ein Hoch auf den König

2. August 2021
3 Minuten gelesen

Der Neustart dieser Reihe wurde von Scottie Young und Nik Klein im letzten Jahr begonnen. Nachdem Wade Wilson, auch bekannt als der Söldner mit der großen Klappe, im dritten Band ein vorzeitiges Ende andeutete, hat die talentierte Autorin Kelly Thompson nun übernommen. Kelly ist bekannt durch ihre Autorentätigkeit an der aktuellen „Black Widow“-Reihe, für die sie den Eisner-Award 2021 für die beste neue Serie erhielt, aber auch für ihre Arbeit an „Hawkeye“, „Jessica Jones“ und „X-Men“.

Dieser vierte Band des Neustarts kommt mithilfe des zeichnerischen Talents von Chris Bachalo („Spider-Man/Deadpool“) in den ersten vier Kapiteln sowie Gerardo Sandoval („Venom“) und Kevin Libranda („Inhumans“) im fünften und sechsten Kapitel dieses Paperbacks daher.

Die Handlung

Ist Deadpool nicht immer schon auf eine gewisse Art und Weise ein Monster gewesen? Natürlich abgesehen von seinem durch den Waffe-X Eingriff hervorgerufenen Look eines rohen Burgerpatties, hat der „Superheld“ doch bereits mehrfach bewiesen, dass er ohne Skrupel alles tötet, wenn es genug Geld dafür gibt.

Dieses Thema hat sich Thompson zum Anlass genommen, ihn zum König der Monster-Insel Staten Island zu machen. Dorthin wird er wegen des bisherigen Monsterkönigs per Auftrag hinbestellt, da dieser ein Problem für die Sicherheit New Yorks zu sein scheint. Kurzer Hand und unter Verlust eines Arms erledigt er das Monstrum und wird selbst zum König der Monster ausgerufen. Denn Lord Chamberlain, ein Wesen ähnlich eines Ur-Zeit Vogelstrauß‘ namens Bellus, erläutert, dass derjenige, der den König tötet, selber das Anrecht auf den Thron hat. Außerdem hat er eine Leibgarde der diversesten Wesen, die mit ihren weitgefächerten Fähigkeiten das Leben ihres Königs schützen sollen, der diesen Schutz anfänglich ablehnt. Ist nun die Monster-Insel für immer und ewig der wahnwitzigen Tyrannei und den Launen des Wade Wilson ausgesetzt?

Die Jägerin Elsa Bloodstone, die mit Deadpool den Auftrag gemeinsam durchgeführt hat, berichtet nun ihrem Auftraggeber von der Misere. Deadpool ist schließlich nahezu unsterblich und die Menschen New Yorks sind jetzt nicht weniger besorgt um ihr Wohl. Deadpool versucht daher, das Image von der Monster-Insel Staten Island mit Marketing über Fernsehwerbespots zu verbessern. Auch Captain America tritt kurz auf, um Wade Wilson zur Vernunft anzuhalten und größere Schäden in der Zivilbevölkerung New Yorks zu vermeiden.

Ein kleiner feiner Kniff ist das Auftreten von Gwen Pool, die sich ganz im Stil der „Deadpool“-Reihen über ihre Existenz als fiktive Figur bewusst ist und bei Deadpool darüber beklagt, dass ihre Serie bald eingestampft würde und er immer irgendeinen Auftritt oder gar eigene Serien hat. Aus diesem Grund ist sie für einen Kurzauftritt auf die Monster-Insel gekommen, denn sie hat einen kleinen, sehr gefräßigen Sidekick, den sie in seine Obhut geben will. Jeff der Landhai, ein kleiner Hai mit vier Beinen, wird nun Deadpools kleiner Comic-Relief und gefährlicher Kumpane. Dieser zieht sich als konstant witzige Figur durch den Comic und scheint wohl ein festerer Bestandteil für die nächsten Kapitel zu werden.

Allerdings wäre Deadpool nicht Wade Wilson oder Wade Wilson nicht Deadpool, wenn er nicht schon nach kurzer Zeit seines Amtes müde wäre und sich lieber Eis essend die Zeit vertreibt. Währenddessen verschwinden allerdings spurlos Monster, wie auch der Adjutant und Buchhalter Bellus, auf der Insel. Ein für tot geglaubter Schurke betritt den Platz und es entstehen witzige Kämpfe, brutale Szenen und eine Auflösung des Konflikts, der schon früh angedeutet wurde.

In den weiteren Kapiteln wird außerdem noch eine Kaiju-Geschichte mit starken Godzilla-Anspielungen erzählt. Darin wird die Thematik des Monster-Seins nochmals aufgegriffen und in Dialogen mit Elsa Bloodstone behandelt.

Im letzten Kapitel dieses Paperbacks wird eine Brücke zu den aktuell laufenden und mehr an Bedeutung für die Kontinuität der Marvelfiguren gewinnenden „X-Men“ geschlagen. Es bleibt also äußerst spannend, wie sich diese Reihe weiterentwickelt, welche Richtung Thompson einschlagen wird, welche Querverweise gemacht werden und inwieweit Wade Wilsons alias Deadpool vielleicht den Weg vorbereitet, die „X-Men“ mit den Helden der „Nicht-Mutanten“ zu verbinden.

Der Stil

Chris Bachalos erste vier Kapitel zeigen einen sehr kantigen Stil. Deadpools Gesicht und Augen ähneln des Öfteren an Blöcke, die Details in den Textilien sind häufig minimalistische und kantige Linien. Es finden sich wenig weiche Formen in seinen Zeichnungen. Jedoch sind Splashpages wunderbar detailliert und zeigen eine andere Seite seiner Zeichenkunst. Es ist anfänglich gewöhnungsbedürftig, da sich manchmal nicht schnell erkennen lässt, wo Figur und Umgebung begrenzt sind. Doch birgt diese Darstellungsform auch einen Look, der unkonventionell und nicht langweilig ist.

Die Farben sind ziemlich gut gewählt, geben den Szenen, den Meta-Episoden und den Rückblicken die richtige Atmosphäre und holen einen ab.

Das fünfte Kapitel (von Gerardo Sandoval) erinnert stilistisch ein wenig an den „Tote Präsidenten“-Handlungsbogen, der unter den Autoren Duggan und Posehn entstand und ein Bindeglied zum letzten Kapitel bildet.

Im sechsten und letzten Kapitel dieses Paperbacks kann man sich sofort in der Welt der „X-Men“ zeichnerisch wiederfinden. Das von Kevin Libranda illustrierte Kapitel zeigt den mittlerweile gängigen Standard der Marvel-Comics, was keineswegs als Abwertung zu verstehen ist. Ganz im Gegenteil, kommt der Landhai Jeff sehr süß zur Geltung, die Figuren zeigen witzige Mimik und Gestik, die ganz ohne viel visuelle Ablenkungen geradeheraus abliefern.

Fazit
Der Neuanfang im Neustart, also der Autoren- sowie der Zeichnerwechsel, tut „Deadpool“ gut. Es entsteht ein neuer Wind und er lässt Deadpool in eine andere Richtung treiben. In der Handlung Youngs drehte es sich viel um den Wiederaufbau seiner Agentur und ein inneres Aufräumen auch seiner Vergangenheit. Dieser von Kelly Thompson in Angriff genommene Ansatz, Deadpool vor eine neue Aufgabe zu stellen, ihn daran zu inneren und sozialen Konflikten zu führen, macht ebenso (wenn nicht sogar ein wenig mehr) Spaß. Tatsächlich ist es aber sehr schade, dass der äußerst talentierte deutsche aufstrebende Zeichner Nik Klein nicht mehr Teil des Deadpool-Teams sein wird. „Ein Hoch auf den König“ bietet Action, Monster, Spannung, Witz und mit Jeff einen der süßesten und gleichzeitig gefährlichsten Sidekicks, die Deadpool wohl jemals hatte. Wer bis jetzt noch nichts von Deadpool gelesen hat, kann hier problemlos einsteigen und man hat Lust, danach noch mehr zu Wade Wilson, dem verrücktesten Helden, zu entdecken.
Pro
"Ein Hoch auf den König" bietet Action, Monster, Spannung, Witz und mit Jeff einen der süßesten und gleichzeitig gefährlichsten Sidekicks, die Deadpool wohl jemals hatte. Wer bis jetzt noch nichts von Deadpool gelesen hat, kann hier problemlos einsteigen.
Kontra
Der Zeichenstil ist in den ersten vier Kapiteln manchmal undurchsichtig.
9

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Lars Hünerfürst

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