X-Men: X of Swords 2

28. Januar 2022
4 Minuten gelesen

Die derzeitige Welt der Mutanten ist einem großen Wandel unterzogen worden. Jonathan Hickman begann mit der Wiederbelebung einer 1975 erstmals erschienenen Figur, namentlich Krakoa, große Veränderungen für alle Mutanten einzuführen. Die einst laufende Insel ist nun Refugium und Staat aller Mutanten aller möglichen Welten und Universen. In diesem groß angelegten, alle derzeit laufenden Serien umspannenden Event „X of Swords“ führt das Autorenteam einen Jahrtausende schwelenden Konflikt zu Ende. So viel sei gesagt: Es geht wie fast immer um die Liebe und um Zugehörigkeit.

Erschienen ist dieser zweite und letzte Teil dieses Events ebenso als Megaband im Softcover bei Panini Comics. Auch darin finden sich wieder eine ausführliche Covergalerie und einige umfangreiche kontextualisierende Worte der Redakteure bei Panini.

So lasset die Spiele beginnen

Im vorigen Teil dieses Events sammelten die zwei Seiten Krakoa und Arakko beziehungsweise Amenthi ihre Waffen und Kämpfer für das wohl wichtigste und größte Turnier der Mutantengeschichte. Die Krieger Amenths kämpfen für die Seite Arakkos, also für das dunkle und dämonenüberfüllte Reich Dryador in der Otherworld. Auch Apocalypses Kinder Tod, Pest, Hunger und Krieg, sehnen sich – angeführt von seiner ehemaligen Frau Genesis – nach der Eroberung der Erde und Krakoa. Genesis hingegen ist durch die alte Gottheit Annihilation, die über die Dämonen Amenth befehligen kann, besessen. Mit der Macht von Annihilation und der damit einhergehenden Streitkraft unendlicher Monster und Soldaten steht und fällt die Invasion Krakoas, somit auch das Schicksal der Welt. Ihre verliehene Macht wird im Verlauf der Geschichte noch sehr wichtig. All diese Verstrickungen können zeitweise mehr verwirren als der Versuch, die Beziehungen der Nationen, Länder, Dämonen und Götter zusammenzufassen.

Nichtsdestotrotz beginnt das Turnier der Lady Saturnyne in Otherworld. Wer jetzt denkt, dass jedes der zufällig gelosten Duelle ein reines Blutvergießen darstellt, der irrt gewaltig. Als Auftakt wird jedoch genau das getan. Captain Britain alias Betsy Braddock (Schwester des Loveinterest von Lady Saturnyne) wird kaltblütig getötet. Wer sich jetzt denken mag, dass dies ja alles kein Problem für die Mutanten sei, da sie ja quasi über Unsterblichkeit verfügen, muss sich eines Besseren belehren lassen. Wer in Otherworld stirbt, kann nicht wiederbelebt werden und bleibt somit tot.

Im weiteren Verlauf des Turniers werden absurdeste „Herausforderungen“ gestellt. Von einer Hochzeit der zwei rivalisierenden Parteien über Modeschau-Contests bis hin zu Wetttrinken oder Steine einen Hügel hinaufrollen ist die Spielleiterin äußerst kreativ in der Turniergestaltung. Einige dieser Duelle erhalten – je nach Relevanz für die agierenden Figuren und Rahmenhandlung – mehr Raum. Andere werden wiederum in einem Panel nur kurz gezeigt.

Im Kern eine Liebesgeschichte

Nicht nur Lady Saturnyne, auch Apocalypse und seine ehemalige Frau Genesis erleben in dieser Geschichte emotional tragische Momente. Vor allem der Konflikt zwischen Vater und Mutter aller Mutanten wirkt nicht nur beiläufig wie der symbolische Kampf zweier Teile derselben Gleichung. Sie gehören zusammen, streben danach, können aber wegen verschiedenster Gründe dem nicht nachgeben. Umso eindrucksvoller ist es, wenn sich die zwei zum letzten und sehr epochalen Kampf die Schwerter in die Leiber stoßen. Das Ende des Turniers, die Lösung des Konflikts und somit der Bedrohung, scheint dann sehr antiklimatisch; es ist innerhalb weniger Panels einfach vorbei.

Die Konsequenzen daraus bedeuten zwar den Frieden, aber auch den Verlust einiger wichtiger Figuren. Aber was wären Comics, wenn nicht auch diese Tatsachen in Kürze wieder revidiert würden oder eine überraschende Wendung erführen.

Visuell abwechslungsreich wie die Mutanten

Da dieser zweite Teil dieses Events ebenso als Megaband gleich mehrere Reihen miteinander verbindet, finden sich auch zahlreiche Stile darin. Die Anzahl der Autor:innen und Zeichner:innen ist im Vergleich zum vorigen Band allerdings erheblich kleiner geworden. Gerry Duggan schrieb vier Kapitel („Marauders“, „Wolverine“, „X-Force“ und „Cable“). Einige der Titel erschuf dieser im Team mit Benjamin Percy, der sich derzeit zum „X-Force“- und „Wolverine“-Kenner mausert. Percy war ebenso an „Marauders“, „X-Force“ und „Wolverine“ beteiligt. Tini Howard, eine langjährige Autorin bei Marvel, schrieb am Kapitel aus der Reihe „Stasis“ und „Destruction“ mit Jonathan Hickman zusammen. Ihre derzeit künstlerisch betreute und geführte Reihe „Excalibur“ schrieb sie allein. Ganz allein blieb Zeb Wells mit seinem komödiantischen „Hellions“, die es leider immer noch nicht auf den deutschen Markt geschafft haben. Zu guter Letzt schrieb der Kopf hinter dem neuen Status quo natürlich auch einiges hierin Befindliches. Die Eröffnung „Stasis“ und das Ende „Destruction“ stammt zu Teilen aus seiner Feder. Am Titel „X-Men“ war er allein zu Werke.

Auf gerade mal fünf Autor:innen kommen sieben Zeichner:innen, die fast alle mehr als einen Titel bearbeiteten. Es scheint eine belebende Phase der Kooperation und Kollaboration gewesen zu sein, als dieses Event entstand. Ein Großteil der Zeichnungen versucht einen gemeinsamen Look zu präsentieren. Obwohl einige Künstler ganz klar eine eigene Linie fahren, sieht das Allermeiste sich in Form und Farbe ähnlich. Die Künstler:innen zeigen ein Auge für Details, präsentieren riesige Massenschlachten, locken die Leser:innen mit witzigen Anspielungen und überzeugen mit grundsolider Superhelden-Ästhetik. An diesem zweiten Teil waren die Künstler:innen Mahmud Asrar („Stasis“, „X-Men“, „Excalibur“), Carmen Carnero („Hellions“), Stefano Caselli („Marauders“, „Excalibur“), Joshua Cassara („Wolverine“, „X-Force“), Pepe Larraz („Stasis“, „Destruction“), Phil Noto („Excalibur“, „Cable“) und Leinil Francis Yu („X-Men“) beteiligt.

Es gelingt allen Zeichner:innen, die jeweilige Stimmung des zu erzählenden Heftes sehr stimmig in ihren Bildern einzufangen. Man findet Hefte mit einem Look, der sich mehr in Richtung Esad Ribic bewegt, man kann ein Kapitel in einem Pop-Art angelehnten, sehr klar illustrierten Look bestaunen und man bekommt ganz viel davon, was man aus den bisherigen Reihen der laufenden „X-Men“ kennt. In der Summe wirkt dieser zweite Teil stilistisch (auch im Schreibstil) etwas homogener als der vorherige.

Fazit
Events in der Welt der Superhelden können gut sein, enttäuschen aber leider allzu oft. Dieses von Jonathan Hickman inspirierte und durchgeführte Event „X of Swords“ scheint etwas zu sein, das den geneigten „X-Men“-Leser:innen Spaß machen kann. Leider scheint sich, mit Ausnahme von einigen wenigen echten Konsequenzen, nahezu nichts verändert zu haben am Status quo. Es ist ein Event des Events wegen. Das Turnier ist überraschend unterhaltsam und mehr als nur stumpfes Geprügel. Die Motivationen und Hintergründe der vermeintlich Bösen und Helden werden in Teilen beleuchtet und fühlbar. Jedoch können die Erwartungen der sehr langen Exposition des ersten Megabandes nicht ganz getroffen werden. Die Tatsache, dass dieses Turnier über das Schicksal allen Lebens auf der Erde entscheiden sollte, lässt das Ende dieses Events und die daraus entstandenen Neuerungen für die Welt der Mutanten leider nur als befriedigend beschreiben. Das Event „X of Swords“ macht Spaß, bietet interessante Charakterisierungen altbekannter Figuren, aber liefert leider nicht erhebliche Neuerungen oder Überraschungen.
Pro
Erforscht eine transformative Ära in der Mutantenwelt. Nimmt an einem reichen, jahrtausendelangen Konflikt teil.
Kontra
Begrenzte Auswirkungen auf den Gesamtstatus quo.
9.2

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Über den Autor

Lars Hünerfürst

Minimalistisch und musikalischer Comic Enthusiast - lief zu Fuß von Berlin nach Paris.

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