Murr

22. Juni 2021
2 Minuten gelesen

Was ist das Leben ohne Liebe wert? Es gibt wohl wenige größere Fragen als diese. Vielleicht noch die Bedeutung des Todes für unser Leben. Genau diese zwei Fragen werden in „Murr“ auf ganz liebevolle Art und Weise zum Thema gemacht.

Die studierte Medien- und Kulturpädagogin Josephine Mark veröffentlicht dieses nachdenkliche Werk im Zwerchfell Verlag. Der hochwertige Hardcovereinband, die Gestaltung des Comics und der Preis sind sehr überzeugende Argumente, sich einmal mit „Murr“ zu beschäftigen.

Die Handlung

Doch worum geht es eigentlich?

Wir befinden uns im „Wilden Westen“ zu einer Zeit, als Gesetze von Sheriffs gemacht wurden und Duelle um die Ehre in den Straßen ausgefochten wurden.

Murr, geborener Murphy, ist von Geburt an ein erbarmungsloser und emotional kalter Mensch. Seine Mutter beklagt sich beispielsweise darüber, dass er nie „Ja“ sagen kann und er sich einfach nimmt, was und wann er es will. Die Schule verlässt der Raufbold mit der Tauglichkeit für nur einen Berufszweig: Bandit.

Er ist begabt im Schießen und betrügt beim Pokern in den Saloons. Öfter wird er beim Betrug ertappt und zum Duell herausgefordert. Der eiskalte Murr verspürt keine Angst und er kehrt jedes Mal erfolgreich von den „Stand-Offs“ zurück. Bis er sein Glück eines Tages zu sehr herausfordert. Er wird vom Sheriff verhaftet und zum Tode verurteilt, durch Erhängen.

Doch plötzlich wird alles anders. Ihm erscheint ein Skelett in weitem Mantel und mit einer Sense im Anschlag. Es ist ganz klar der Tod. Allerdings will dieser nicht Murr holen und ist darüber verwundert, dass er von Murr gesehen werden kann. Jetzt, da der Protagonist von der Existenz des Todes erfahren hat, kann er nicht mehr schießen; er zittert und bangt ständig um sein Leben.

Murr hat genug davon, in Angst vor dem Tod zu leben und geht einen Handel mit dem Sensenmann ein. Er tauscht seine Angst vor dem Tod dafür ein, dass er jemanden lieben wird. Im Anbetracht dessen, dass er keine Freunde hat, wählt Murphy sein Pferd Sam. Nun allerdings entsteht ein weitaus größeres Problem. Er fürchtet nicht das Ende seines eigenen Lebens, sondern das seines treuen Freundes Sam.

Fortan behandelt der Comic auf ganz leichte Art, was der Zusammenhang von Liebe, Tod, Vergänglichkeit und Glück ist. Zum Nachdenken anregende, gewitzte und interessante Gedanken flechtet die Künstlerin Josephine Mark sehr gekonnt in ihre Geschichte ein.

Der Stil

Der Stil ist schlicht, farblich sehr ansprechend und auch witzig.

Ihre Zeichnungen sind allesamt klar in ihren Outlines und geben manchmal auch wegen ihrer schlichten Gestaltung und Formen einen gewissen Cartoon-Vibe von sich.

Die Figuren, selbst der Tod mit seinen zwei großen Augenhöhlen, verkörpern in kleinen Gesten und gut inszenierten Gesichtsausdrücken eine ganze Menge Gefühl.

Die Gestaltung der ewigen Weiten und andere Orte, an die wir Murr begleiten, sehen minimalistisch schön aus. Kleine strukturgebende und die Oberflächen belebende Striche finden sich beispielsweise auf Holz, Steppenboden und im Gestein. Ein wirklich hervorzuhebender Aspekt dieses Comics ist die sehr adäquate und mehr als ansehnliche Kolorierung. Es scheint eine Aquarellkolorierung zu sein, da sich die unterschiedlich starken Sättigungen der Farbe im Himmel oder Sandboden entdecken lassen. Figurenschatten und Schlagschatten sind hingegen sehr definiert.

Fazit
Trotz des anfänglich sehr unsympathischen Protagonisten Murr hat dieser Comic sehr überzeugt. Es ist eine überraschend schöne Geschichte, die einem auf vielerlei Ebenen berühren kann. Die von Josephine Mark aufgeworfenen Fragen werden innerhalb ihrer Geschichte gelöst und wirken darüber hinaus im Kopf oder Herzen der Leser:innen nach. Die am Ende des Buchs zu findenden kleinen Extras sind alle auch sehr nett gestaltet und schließen diesen Comic würdig ab. Kurzweilig, witzig und doch tiefsinnig kann „Murr“ auch Menschen ohne Westernbezug ganz problemlos weiterempfohlen werden.
Pro
Überzeugt mit seinen Figuren, Zeichnungen und Themen. Kurzweilig, witzig und doch tiefsinnig kann "Murr" auch Menschen ohne Westernbezug ganz problemlos weiterempfohlen werden.
Kontra
Nichts.
10

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Lars Hünerfürst

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