Blade Of The Immortal 8

„Blade of the Immortal“ ist eine Reihe, die ihresgleichen sucht.

Erstmals 1993 in Japan veröffentlicht, erschuf Hiroaki Samura mit dieser alternativen historischen und fantastischen Realität eines Japans in der Edo-Ära einen modernen Klassiker. Diese historische Epoche (kurz vor der Öffnung und Übernahme westlicher Strukturen wie auch Technologien) war von vielen Tumulten zwischen Shogunat (Herzogtum und Anführer des Landes) und Ronin (herrenlosen Samurai) geprägt.

Seit nunmehr sieben veröffentlichten Perfect Editionen verfolgen wir zwei durch Rache und die Suche nach Erlösung eines Fluchs verbundene Menschen. Der vorliegende achte Band wird diese Verbindung testen, wie keiner zuvor. Wie immer erscheint auch dieser beim Cross Cult Imprint Manga Cult als Softcover mit Kunststoffeinschlag.

Qualen im Sinne der Wissenschaft

Die Ereignisse im vorigen Band überschlugen sich fast und führten schlussendlich zur Schwächung des bisher angenommenen Antagonisten Kagehisa Anotsu. Dieser ist der Anführer der aufständischen Ronin, die er unter der Itto-Ryu-Schwertschule vereinte, um gegen das Shogunat vorzugehen. Schon im frühen Verlauf dieser Geschichte wurden Agenten des Shoguns, namentlich Hyakurin (sehr präsent in Band 5) und Giichi eingeführt. Sie arbeiteten unter Kagimura Habaki, der im Auftrag des Shoguns besagte Gruppierung leitete. Sie bestand aus Schuldnern und Verurteilten, die unter dem Namen Mugai-Ryu (Schwertschule des äußeren Nichts) agierten. Diese Gruppe wurde nun plötzlich aufgelöst; der zu unterbindende Aufstand Kagehisas ist nicht mehr ihr Ziel. Denn niemand Geringeres als Manji selbst hat sich nach der Enthüllung über Habakis Schattenhandlung in die Höhle des Löwen begeben. Er wurde überwältigt und ist nun in einem Kerker eingesperrt.

Was bisher nie groß behandelt wurde, sondern immer als mystischer Fluch und einfache Tatsache akzeptiert werden sollte, ist nun zentraler Bestandteil. In dieser Ausgabe versuchen zwei Ärzte mit diversen, teilweise abscheulich menschenverachtenden Methoden an die Unsterblichkeit zu gelangen. So geschieht es, dass Gefangene – einige freiwillig, meist jedoch über Erpressung erwirkt – zu Menschenexperimenten herbeigezogen werden. Sie versuchen über Transplantation die regenerierenden Kräfte der Blutwürmer in andere Menschen zu übertragen. Der jüngere der zwei Ärzte, selber für das Verlassen Japans zum Tode verurteilt, führt einen großen Teil der „Operationen“ (Abhacken von Körperteilen, um sie an anderen Körpern anzunähen) durch. Über die Zeit verliert er nahezu den Verstand und es werden Fragen der Ethik, der Menschlichkeit und der Verantwortung eines Arztes in Tagebucheinträgen erläutert.

Rins Suche

Die weibliche Hauptfigur Rin Asano, die ihre Rache am Mörder ihrer Eltern – namentlich Kagehisa Anotsu – mit Manjis Hilfe durchführen wollte, ist nun im Dojo ihrer verstorbenen Eltern gestrandet. Zwei unerwartete Gäste platzten in ihr ehemaliges Heim und wurden zu Mitbewohnern. Es sind zwei entsandte Agenten der Itto-Ryu. Sie sind als Duo ein wenig stereotypisch geschrieben. Damit ist gemeint, dass der große und sanfte Riese, dessen Kraft und Temperament zumeist verdeckt bleibt, auf ein kleines, vorlautes und ignorantes Kind aufpassen muss. Diese Kombination aus grundunterschiedlichen Figuren ist wie gesagt nicht neu, funktioniert in diesem Kontext jedoch ziemlich gut und sorgt für unterhaltsame wie auch spannende Momente.

In Rins verzweifelter Suche nach dem inhaftierten Manji wird sie von Hyakurin unterstützt. Diese versucht ehemalige Kontakte zu mobilisieren und sucht ihren einstigen Partner der Mugai-Ryu Giichi. Eine Wiederbegegnung fällt überraschend aus und führt gleichsam zu einer Begegnung mit einer unerwarteten Persönlichkeit.

Harte Bilder

Hiroaki Samuras Stil wurde nun schon ausgiebig in allen vorigen Rezensionen besprochen. Was jedoch in dieser Ausgabe auffällt, ist, dass der Künstler sich die Zeit genommen hat, einen noch stärkeren Fokus auf kleine Gefühlsäußerungen in Mimik und Gestik zu legen. Die Szenerie ist ebenso mit vielen Details und dem hervorragenden Spiel mit Licht und Schatten gestaltet. Da die Handlung hauptsächlich zwischen dem Kerker, dem Dojo der Familie Asano und dem Zimmer des Arztes spielt, bleibt es überschaubar und klein. Umso eindrucksvoller sind die Zeichnungen, die teilweise wie verwischte Graphitflächen aussehen, von harten Tuschelinien kontrastiert werden und mit zarten Bleistiftstrichen über Schattierung und Schraffuren verbunden sind.

Die Schlichtheit der Ereignisse führt auch zu einer klareren Struktur in den Bildern, was bei einigen vorigen Ausgaben manchmal abhandenkam. Es ist dieses Mal nicht verwirrend, unübersichtlich oder gar nicht erkennbar, was in den Panels vor sich geht.

Fazit
In „Blade of the Immortal 8“ begibt sich die Reihe auf neue, interessante Wege. Die Verschiebung des Handlungsfokus lässt diese bisher von Kämpfen und Rachegelüsten geprägte Reihe in einem anderen Licht erscheinen. Die moralischen Fragen der Verantwortung eines Arztes gegenüber dem Leben, eine zunehmende Emotionalisierung der Figuren und die Beschäftigung mit dem Dilemma der Unsterblichkeit nehmen gut inszeniert ihren Platz ein. Viel zu schnell ist man leider durch diese sehr gelungene Ausgabe durch und will schnell wissen, wie das Schicksal des Manji nun weitererzählt wird.
Pro
Fesselnde Fokusverlagerung, Erforschung ethischer Dilemmata und Charaktergefühle. Eine klarere künstlerische Struktur steigert die visuelle Attraktivität.
Kontra
Die Abkehr von Action- und Rachethemen könnte einige Leser enttäuschen.
9.2

Lars Hünerfürst

Minimalistisch und musikalischer Comic Enthusiast - lief zu Fuß von Berlin nach Paris.

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