Die Ewigen oder auch Eternals wurden lange Zeit recht stiefmütterlich vom Haus der Ideen behandelt. Kaum Relevanz und noch viel weniger eine eigene Serie wurden ihnen zugesprochen. Dies änderte sich schlagartig mit dem MCU Film (2021) und mehreren neuen Veröffentlichungen und Re-Prints.
Diese von Kieron Gillen geschriebene Reihe nimmt einen eigenen Weg und baut die Welt der Eternals auf spannende Weise auf. In diesem bei Panini Comics erscheinenden Paperback „Eternals 3: Ewiger Krieg“ steht die fortlaufende Serie neben klassischen Geschichten einer „What if?“-Reihe aus den 80er Jahren. Die ersten Titel werden von Zeichnern wie Ryan Bodenheim, Edgar Salazar, Dustin Weaves und Kei Zama gestaltet. Ralph Macchio und Mark Gruenwald schreiben die „What if?“-Hefte von 1980-1981 und lassen sich von Rick Buckler und Ron Wilson Bilder im klassischen 80er Jahre Charme beisteuern.
Diese anfänglich willkürliche Zusammenstellung von Heften mehrerer Epochen ergibt nicht nur mit Betrachtung des Titels Sinn. Alle Geschichten, die in dieser Ausgabe erzählt werden, leben vom Rückblick, von der Anekdote längst vergangener Zeiten, Erlebnissen vor tausenden von Jahren und wie sich diese Ereignisse auf das Jetzt der Eternals auswirkt.
Deri Episoden einer Geschichte
Innerhalb der ersten drei Hefte bewegt sich Kieron Gillen ganz leichtfüßig im Eternals-Kanon. Er wirft Ereignisse auf den Tisch, die den Leser:innen einen lang vermissten Zusammenhang zwischen den „weltlichen“ Superhelden und der Welt der Celestials und Eternals aufzeigen.
So startet dieses Paperback beispielsweise mit den heute bestehenden Eternal-Reichen und ihrer Gesinnung. Es stand ein Streitpunkt zwischen den größten Feldführern: Reproduktion der Eternals. Auf der Suche nach einem Sinn für ihre Existenz spaltete sich eine Partei ab und kämpfte für die Fortpflanzung der Eternals. Dies sollte sich neben großer Schlachten als kompliziert bis nahezu unmöglich herausstellen. Erst durch das Eingreifen höherer Instanzen, dem „Eternals-Vater“ Kronos (eine Nähe zur griechischen Mythologie ist teilweise im Design der Figur verankert), war es überhaupt möglich, ein Kind zu bekommen. Niemand konnte ahnen, dass das kleine violette Baby, von seiner Mutter ab der Geburt abgrundtief gehasst, einmal die größte Bedrohung für das Universum werden sollte. Es war das erste und letzte Eternals-Kind auf dem Planeten Thanos, Thanos persönlich.
Glaube und Geschichte
Die zweite Geschichte befasst sich mit dem Glauben. Wir begleiten die Eternals Ajak und Makkari auf einer gemeinsamen Pilgerreise auf dem Weg zum letzten sterblichen Rest ihrer Erschaffer und Götter auf Erden. Dieser Celestial ist nun zum Avengers Hauptquartier umgewandelt worden. Nicht nur ist diese Beleidigung zu groß für eine ehemalige Priesterin wie Ajak, auch wachsen in ihr Zweifel zu ihrem dogmatischen Glauben allgemein. Sie berichtet während der Reise von einer lang vergangenen Verbindung zwischen Celestial und Eternal, einem heiligen Bund und einem Grund und Sinn ihrer Existenz. Dieses Kapitel bietet einiges an Anknüpfungspunkten für spannende Religionsdiskussionen.
Im dritten Heft trifft der kürzlich zum Eternal gemachte Thanos und sein Handlanger Druig (Band 2) in den Kerker ein, um niemand Geringeres als Thanos Onkel zu besuchen. Uranos war einst das gefährlichste Wesen im Universum und neben einiger Anekdoten seines früheren Schaffens beobachten wir eine gewisse Sympathie zwischen den beiden Schlächtern des Universums. Ist dies etwa der Unterbau für das anstehende Crossover-Event, in dem Eternals, Avengers und Mutanten aufeinandertreffen werden? Es bleibt abzuwarten.
Die letzten Hefte liefern einem einige sehr interessante Hintergründe zu den vorher gezeigten Figuren in einer Art historischer Rückschau. Außerdem wird der Anfang der Inhumans darin gezeigt. Nicht nur stilistisch, auch in dem, was den Leser:innen dort erzählt wird, bewegen sich die „What if?“-Hefte in die Vergangenheit. Dies ist nicht nur für die Welt der Eternals überaus interessant zu wissen und liest sich ganz leicht und unterhaltsam.
Viele Stile
Nahezu jedes Heft dieses Paperback hat ein anderes Team aus Künstlern zu verantworten. Bis auf die „What if?“-Hefte zeigen sich die Zeichner, Tuscher und Koloristen der aktuellen Serie einig, was den Ton und eine stilistische Richtung anbelangt.
Zu Beginn zeigt Dustin Weaver eine beeindruckende Arbeit als Zeichner. Die gute Balance aus großen Panels, feinen Details und interessanten und lebendigen Strukturen lässt so manche Assoziation an franko-belgische Science-Fiction der 70er und 80er Jahre wach werden. Einige sehr interessante Panelbrüche werden genutzt, um das Gezeigte (Splashpage oder Montage über größere Zeiträume) kunstvoll zu fragmentieren und in ihrer Wirkung zu pointieren. Wie auch im darauffolgenden Kapitel kolorierte Matthew Wilson.
Besagtes folgendes Heft wurde von Kei Zama gezeichnet und präsentiert nebst einiger schöner Expressionen und toller Perspektiven ganz besonders, wie man mit der Form spielen kann. Viele Panels sind miteinander verbunden, wenn auch voneinander abgegrenzt, durch freiere Formen und zumeist auch ohne weißen Rand. So nutzt der Künstler die Seite auf eine eigentümlich eigene Art und Weise. Es ist sehr erfrischend und macht Lust auf mehr.
Als Abschluss der aktuellen Ausgaben setzt Zeichner Edgar Salazar mit Kolorist Chris O’Halloran eine Fusion aus dem Stil des Esad Ribić und einer cartoonesken Formsprache. Ein schlichtes, wenn auch aussagekräftiges Design, eine gewisse gedämpfte Atmosphäre und gleichzeitig kräftige Outlines und minimalistische Szenerien lassen dieses Heft ambivalent in ihrer Wirkung und doch irgendwie stimmig daherkommen.
Allen vorigen Ausgaben gemein sind die seit Jonathan Hickmans X-Men Run beliebt gewordenen Seiten, auf denen Diagramme, Stammbäume, Dialoge in Textform und mehr zu finden sind.
Die „What if?“-Ausgaben der Zeichner Rick Buckler und Ron Wilson geben einem all das, was man von einem klassischen Comic erwartet: Breite Kinnpartien, hart voneinander getrennte Farbflächen, ausladend bunte Kolorierungen und Energiestrahlen. Unterhaltsam und auch wegen der knalligen Farben von Carl Gafford, Ed Hannigan und Nel Yomtov ein großer Spaß für das Auge mit Retro-Hunger.