Als 1970 die erste Ausgabe dieser Reihe in Japan veröffentlicht wurde, konnte noch keiner ahnen, dass „Lone Wolf & Cub“ ein Manga-Kult-Klassiker sondergleichen werden sollte. In nur sechs Jahren schufen der Autor Kazuo Koike und Zeichner Gôseki Kojima die 28 Bände umfassende Reihe, die bis heute als Meilenstein des „Samurai-Geschichten“-Genres gilt.
Der Panini Verlag hat sich dieses Werkes angenommen und wird nun alle Ausgaben in zwölf 1,7 Kilogramm schweren, mit Lesebändchen und farbigem Einschlag versehenen Hardcoverausgaben herausgeben.
Ein Glossar und einige kontextualisierende Fußnoten helfen bei der Einordnung der Begrifflichkeiten. Die Übersetzung dieser Ausgabe stammt wieder von John-Schmitt Weigand.
Rache, immer wieder Rache
Diese Ausgabe beginnt mit der Vorgeschichte des Protagonisten Ogami Itto. Als Sekundant des Shoguns fiel ihm die ehrenvolle Aufgabe zu, bei den rituellen Selbstmorden, den Seppukus, beizustehen. Seine Aufgabe, die viel Ansehen am Hof mit sich brachte, war es, den Kopf chirurgisch genau so abzuschlagen, dass dieser jedoch nicht vom Körper fiel.
Aus noch unklaren Gründen kommt er eines Tages vom Beten zurück und findet seine schwangere Frau im Sterben – als Opfer eines Anschlags. Die Geburt seines Sohnes Daigoro ist dennoch geglückt. Prompt trifft der Generalinspektor und Anhänger des Yagyu-Clans ein, die ihn wegen einer von dessen Handlangern platzierten Stele überführen wollen. Ogami Itto ist in einen Komplott geraten und er löst diesen Konflikt, wie er es immer tut, mit dem Schwert, unbesiegt und meist unverletzt. So beginnt die gemeinsame Reise.
Auf den folgenden knapp 650 Seiten erleben Itto und Daigoro diverseste Abenteuer, Kämpfe, Alltägliches und Sonderliches. So lernt man beispielsweise als Leser:in, dass die Zeit im späten 17. Jahrhundert (1689 Finanzkrise und Beginn der Genroku-Ära) von großer Armut in der Bevölkerung geprägt war. Daraufhin bildeten sich natürlich vermehrt kriminelle Tendenzen in derselben. Itto tritt Menschenhändler:innen in den Weg, nimmt es mit einer Bande bewaffneter Tagelöhner (Orisuke) auf und taucht in die Welt von Wanderkünstlern (Ogume) ein. Dabei wechseln sich Geschichten, die reich an Dialogen sind, ab mit jenen, die über das gemalte Bild zu erzählen wissen.
Immer wieder wird klar, in welcher ambivalenten Beziehung sich Ogami Itto und sein Sohn befinden. Sie haben gemeinsam den Pfad der Verdammnis eingeschlagen, sind also eines nahen Endes gewahr. Jedoch zeigt Itto regelmäßig ein gehöriges Maß an Respekt, Menschlichkeit und sicherlich der Eigenschaft, die man als ehrenvoll beschreiben würde. Selbst sein Sohn, noch keine vier Jahre alt, trägt schon einen Blick, den so mancher erfahrene Samurai schaudern lässt. So kalt und klar müssen diese Augen sein.
Gemalt und getuscht
Der recht klassisch anmutende Zeichenstil des Gôseki Kojima beweist, dass es nicht immer verrückte Designs, aufwendige Rasterfolien-Schattierungen oder eine unbändige Detailfülle bedarf. Vielmehr liegt die Kunst in der Linie, die mal kräftig dick, mal fein und grazil wie mit dem Pinsel gezogen wirkt. Dies lässt die Panels einzigartig werden.
Ebenso hervorzuheben sind die aufwendiger schattierten anfänglichen Kapitel zu Beginn eines neuen Handlungsbogens. Vermutlich sind dies Ausgaben, die im Original koloriert veröffentlicht wurden, nun jedoch im schwarz-weißen Druck dieser Panini Master Edition als besonders hochwertige Seiten daherkommen. Die Linienführung ist identisch, die Art zu inszenieren natürlich auch, nur eine Weichheit fährt in die Bilder. Die Weichheit entsteht durch die scheinbar aquarellbasierte Kolorierung, die die Hintergründe und Figuren nun in seichte Grautonabstufungen hüllt. Einige Seiten später zeigt sich dann wieder der harte Kern des Stils mit seinen doppelseitigen Panels, die häufig die Parteien eines beginnenden Kampfes gegenüberstellen. Close-ups, die detailreiche, fast schon Grimassen gleiche Gesichter zeigen und unzensierte Gewaltdarstellung kehren den Kern dieser Geschichte hervor. Es bleibt ein knallharter Samurai-Rachezug gegen seine Peiniger.