Die späten 80er und anfänglichen 90er Jahre waren für vieles, was heute noch Popkultur ist, extrem prägend. In dieser Zeit entstanden die ersten Abenteuer des tierischen Samurai „Usagi Yojimbo“ (Hase Leibwächter).
Erst vor kurzem hat Stan Sakais erschaffener Held eine Netflix-Adaption erhalten. Stilistisch hat dies jedoch rein gar nichts mehr mit dem Original zu tun. Die mittlerweile 20-teilige Reihe um den Ronin Usagi und seine anthropomorphisierten Freunde erscheint beim Dantes Verlag in handlichen Softcover Paperbacks. Bevor man diesen vierten Band mit dem schmissigen Titel „Die Drachenschrei-Verschwörung“ beginnt, lohnt es sich, das Vorwort und die Anmerkung des Übersetzers zu lesen. Einige kulturhistorische Raffinessen werden darin in wenigen Worten erläutert, die der Lektüre eine weitere Ebene des Verstehens hinzufügt.
Ein Politthrillerin metaphorischen Gewand
Ein Unwetter naht. Das Nashorn Genosuke, der gesuchte Mörder Zato-Ino und der Ronin Usagi irren durch ein von Regen verwaschenes Japan. Genosuke will Rache, Zato-Ino seinen Frieden und Usagi wird in ein politisches Komplott verwickelt.
Der befreundete Gunshu-Clan, dessen Oberhaupt Usagi einst rettete, befürchtet eine Invasion vom benachbarten Fürsten. Die ausgesandte Tomoe, die die geneigten Leser:innen aus dem vorigen Band schon kennt, kehrt von ihrem Spionageauftrag nicht mehr zurück. So bleibt dem Daimyo des Gunshu-Clan nichts weniger übrig, als den kampferprobten und aufrichtigen Usagi zur Rettung und Klärung des Konflikts auszusenden.
Derweil gerät der von den vielen Kämpfen gezeichnete und schwer verwundete Zato-Ino in ein Dorf ausgebeuteter Bauern. Nach kurzer Regeneration verhilft er der Bevölkerung zu Mut und bekämpft die regelmäßig einfallenden Horden der Banditen. Ihm wird angeboten zu bleiben, sesshaft zu werden und das Leben, nun da es ihnen an nichts fehlt, dort zu genießen. Er wird sich diesen Wunsch nach Seelenfrieden nicht gönnen; er zieht weiter, um seinen Frieden woanders zu finden.
Die Infiltration der feindlichen Burg gelingt dem Samurai Usagi ohne Probleme. Er stellt sich in den Dienst des Fürsten und gewinnt so kurzweilig das Vertrauen des Generals. In deren Gespräch wird der Kodex des Samurai, das Verhältnis zum Dienst für einen Herren, Ehre und Schande in gewohnter Manier besprochen. Ganz nah dran und nie mit erhobenem didaktischen Zeigefinger.
Es kommt zum Gefecht der Fronten, es werden ungewöhnliche Allianzen geschlossen, Geheimnisse offengelegt und es sterben bereits lieb gewonnene Figuren. Dies geschieht kurz und schmerzlos, ohne viel Pathos oder übertriebene Inszenierung, ganz nüchtern, ganz würdevoll und doch nicht ohne einige rührselige Momente bei der Leserschaft zu erzeugen.
Kein Strich zu wenig
Die Zeichnungen des Stan Sakai sind präzise und aussagekräftig, humoristisch und kraftvoll zugleich. Im Stile einer Karikatur zeigt er seine anthropomorphisierten Helden mit viel Ausdruck und in Bildkompositionen, die an große japanische Samurai-Filme erinnern. Gerade weil die Szenerie dieses Bandes etwas düsterer scheint, wird klar, wie versiert und meisterlich leicht für Sakai die Perspektive und die Umgebung zur Handlung dazugehört. In einigen Bildern lassen sich wieder Anspielungen zu Kunst und Kultur oder Mystik finden, die den Geschehnissen eine weitere Ebene verleihen. Diese Zusammenhänge werden auch im Vorwort und der Anmerkung des Übersetzers treffend beschrieben.
Allgemein kann man sagen, dass der Zeichenstil von geometrischer japanischer Architektur bis zu expressiven weichen Figurendesigns alles bieten kann. Die Figuren brüllen mit aufgerissenen Mäulern ihre Kampfesschreie und schwingen in dynamischen Kämpfen ihre Katanas, dass es nur so kracht. Inmitten der liebevoll verspielten Figuren tritt immer wieder eine raue Härte auf, die mit harten Gesichtszügen, Anspannung und respektvoll ausgeführter Verachtung für den Gegner in präzisen Bildern eingefangen wird.
Es ist erstaunlich, wie weit sich Inhalt und Form voneinander unterscheiden können und trotzdem zusammen eine perfekt funktionierende Fusion ergeben.
[…] muss an dieser Stelle nicht mehr weiter beschrieben werden. Dafür lohnt sich ein Blick in die vorigen Rezensionen des Usagi Yojimbo. Sicherlich erwähnt werden muss allerdings die Adaption der Teenage Mutant Ninja […]
[…] Usagi Yojimbo 4 […]