WE3

1. Dezember 2021
1 Min. Lesezeit

Als Grant Morrison und Frank Quitely 2004 diese Geschichte auf den Markt warfen, war klar, dass es eine emotionale wird. Die bei Panini Comics erschienene Hardcover Deluxe Edition umfasst eine Miniserie der anderen Art.

So viel sei gesagt: Wer empfindlich gegenüber Gewalt und ungehemmter Darstellung derselben ist, dem wird dieser Comic wahrscheinlich nicht zusagen. Jedoch geht es um mehr als die schiere Zurschaustellung von Verstümmelung. Es ist eine Geschichte von Moralität, Werten, der Achtung tierischen Lebens und dem sich eingestehen, einen Fehler begangen zu haben.

Die Handlung

Eine raffinierte Zoologin und Biotechnikerin hat in einem geheimen Projekt drei von der Straße entführte Tiere zu Kampfmaschinen ausgebildet und „umgebaut“. Und hier wird es bereits perfide. Die Tiere wurden dem einstigen Halter und Familienmitglied entrissen, um nach wochen- und monatelanger Prozedur als Killermaschinen auf Einsätze geschickt zu werden. Dies wird beeindruckend bei ihrem Einsatz auf den ersten Seiten sofort klar gemacht.

Diese Tiere sind nicht auf die leichte Schulter zu nehmen oder nur als „Tiere“ zu bezeichnen. Sie können in menschlicher Sprache kommunizieren, sie haben Luftabwehrraketen, Minen, vollautomatische Feuerwaffen und vieles mehr in ihrem um sie herum gebauten Körperpanzer. Ihnen muss zudem täglich eine Dosis gewisser Medikamente zugeführt werden, da sie andernfalls elendig verenden würden.

Die Forschung scheint erfolgversprechend, doch wird sie vom auftraggebenden Senator als unmoralisch und widerlich abgetan. Daraufhin sollen die drei (ein Hase, eine Katze und ein Hund) eingeschläfert werden. Gerade noch rechtzeitig gelingt es der leitenden Wissenschaftlerin, die Tiere zu befreien. Und sie löst damit eine Welle nicht berechenbarer Zerstörung und unerwarteter Wendungen aus.

Der Stil

Diese von Frank Quitley entworfene Welt hat viele äußerst interessante Aspekte.

Zum einen erinnern die Zeichnungen in ihrem Strich und in der Gestaltung der menschlichen Figuren sehr an einige thematisch „dunkleren“ Comics der 90er Jahre. Anderseits sind die Entwürfe der Kampfmaschinen so neuartig und extrem gut durchdacht, dass diese Kontraste alleine schon eine wunderbare Atmosphäre aufbauen.

Hinzukommt, dass die Strukturierung der Panels an vielen Stellen ganz außergewöhnlich ist. Das Spiel mit der Zweidimensionalität einer Papierseite wird ein ums andere Mal gebrochen, indem sich zu drehen scheinende, winklig schräg angestellte Panels einen gewissen 3D-Effekt erzielen. Dieser kreative Umgang mit Strukturen wird häufiger in diesem Werk gezeigt. Wie auch eine – sonst nur aus Thrillern bekannte – Szene, die sich ausschließlich über Sicherheitskameras und deren kleine Bildausschnitte erzählt.

Die enge Zusammenarbeit der Künstler Morrison und Quitley, wie im sehr umfangreichen und absolut empfehlenswerten Anhang nachzulesen, hat dieser Geschichte auf einigen Ebenen innovative und schlichtweg sehr gut funktionierende Aspekte verliehen.

Fazit
Die Miniserie „WE3“ ist tragisch schön. Die optische Umsetzung kann man als meisterhaft beschreiben, während die Erzählung und Emotionalität der Protagonisten bestechend sind. Der sowohl innerliche als auch auch in der Welt ausgetragene Kampf um Identität und Sinn wird wunderbar gelöst und hinterlässt ein subtiles Gefühl. Sollten Robot-Tiere nicht genügende Gründe sein, hier zuzuschlagen, so sind es spätestens die ausführlichen Entwürfe, Skizzen, Anmerkungen, Skriptideen und Hintergrundinformationen zur Entstehung dieses Comics.
Pro
Fesselnde Erzählung mit visuell beeindruckenden Kunstwerken und einem einzigartigen Konzept bewaffneter Tiere.
Kontra
Das potenzielle Unbehagen aufgrund der grafischen Gewalt und die emotionale Intensität könnten für einige Leser überwältigend sein.
8

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Lars Hünerfürst

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