Die Welt steht kurz vor dem Zweiten Weltkrieg, Peter Parker ist Privatdetektiv in New York City der späten 30er Jahre. Ein mysteriöser Fall, eine Reise in ferne Länder im Stil des „Indiana Jones“ und Spidey-Action bieten genügend, um ein unterhaltsames Abenteuer zu versprechen.
Die Idee des Noir-Verse besteht mit einzelnen Mini-Serien schon seit 2009. Hierzulande hat der geneigte Comicleser bisher nicht sehr viel davon mitbekommen. Der erst mit dem Film „Spider-Man: A New Universe“ zu Bekanntheit gelangte Detektiv Peter Parker Spider-Man hatte bereits einige abenteuerliche Episoden in verschiedenen Comics der letzten Jahre. Dieser Band, der die 2020 erstveröffentlichten Hefte bündelt, führt den Leser aus Deutschland an die Welt aus Korruption, Detektiven, Femme fatales und gefallenen Helden heran.
Die spoilerfreie Handlung
Die wahnwitzige Reise des Detektivs Parker beginnt mit dem Mord an einer Barfrau im „Black Cat“.
J. Jonah Jameson ist bereits in den Dreißigern in der Presse tätig und hat, ganz nach alter Gangster-Manier, Zugang zum Tatort über schwer zu erhaltene Tickets zum Polizeiball für die Wachdienste und untersucht mit Parker, der in dieser Welt öffentlich bekannt ist als Spider-Man, den Tatort. Sie finden einen seltsam antiken Anhänger in den kalten Fingern der Barkeeperin, dessen Ursprung unklar ist.
Die weiteren Recherchen gipfeln im Diebstahl eben dieses Anhängers und Parker muss sich mit der Wissenschaftlerin und Kuratorin der Wanderausstellung byzantinischer Kunst Dr. Huma Bergmann verbünden. Dr. Bergmann scheint etwas zu verheimlichen, denn Peters Spinnensinn klingelt durchgehend.
Sie begeben sich also auf eine abenteuerliche Reise ganz treu dem Titel des Comics: „Berlin bis Babylon“. Dabei werden sie von dem sich „Ironsides“ nennenden und reichen Mr. Stark, der meisterhaften Pilotin Harry und der Noir-Version der Black Widow begleitet, um zu Antworten über die Ermordung der Barkeeperin Helga Bergmann und den Ursprung der mystischen Kette zu gelangen. Sie werden während ihrer Suche nach Lösungen des Falls von Detektiv Parker von altbekannten und blitzenden Superschurken heimgesucht, von Handlangern der Nazis überfallen und von weiteren Figuren versucht, aus dem Weg geräumt zu werden. Sie stoßen auf antike Geheimnisse und Peter wird eine große Chance eröffnet, mit der das Blatt gewendet werden kann und sie möglicherweise Antworten zu ihrem Fall finden.
Der Noir-Stil
Die Spider-Man typischen Sprüche und Witze sind in diesem Comic ebenso zu lesen, jedoch haben sie einen eigenen Charme und adäquateren Witz, der überzeugend die Rollenbilder und Gesellschaftsnormen der 30er spiegelt.
Dabei bleiben Figuren wie Mary Jane auch ihrer Rolle als autonome und schlagfertige Frau treu, Tante May als fürsorgliche und verständnisvolle „Mutterfigur“ und Jameson, der seit jeher bekannte Populist und Hetzer gegen Spider-Man.
Die Autorin Margaret Stohl hat sich dabei, wie in den Nachbemerkungen am Ende des Comics zu lesen ist, mit filmischen Vorbildern wie Humphrey Bogart oder James Cagney auseinandergesetzt, um die Sprüche authentisch zu setzen. Das ist, in Kombination mit dem treffenden Stil Juan Ferreyras, ein wirklich gelungenes Stück Noir-Comic.
Schattierungen auf Figuren oder Hintergründen werden oft mit weißen Schraffuren gemacht, die Schlagschatten der Figuren selber sind kräftig und wirken fast immer wie mit Spotlights beleuchtete Sets.
Ebenso beispielhaft für die überzeugende Wirkung des Stils sind die Off-Erzähler-Boxen, die witzig, charmant und genügend rauchig düstere Atmosphäre zugleich bieten. Der Zeichner bedient sich außerdem solch ikonischen Bildern, wie der Indiana Jones typischen roten Reiselinie, die über den Globus gezogen wird.
Untypisch für Spider-Man ist der häufige Gebrauch von Handfeuerwaffen, die wiederum stilprägend sind für die Filme und Geschichten der amerikanischen Noir-Filme. Auch auffallend ist die häufige Verwendung des klassischen Spider-Man Credos, das der Held offensichtlich selber nicht mehr hören kann, da er entweder den Raum verlässt, während andere ihm etwas von Verantwortung und Kraft erzählen wollen oder sogar so antwortet:
Dr. Bergmann: „Wissen Sie, was man sagt, Mr. Parker? Mit großer Kraft—„
Spider-Man Noir Berlin bis Bablyson, Panini Comics
Parker: „kommt großer Hunger. Ein Freund hat ˋne Dogge. Bye-bye, Doc.“
und geht.
Kritik
Die Geschichte um den Detektiv Peter Parker und seine Reise von „Berlin bis Babylon“ ist witzig, gut erzählt, aber sehr einfach zu durchschauen und es bleibt bis auf einige Sprüche wenig davon hängen. Es kratzt an der Oberfläche von Spider-Man üblichen Themen und möchte offensichtlich mehr Noir-Feeling präsentieren, was dafür leider auch nur oberflächlich umgesetzt wird.
Die Plot-Twists der ersten zwei Akte sind keine Überraschungen, da man durch das so schablonenartige „Foreshadowing“ mehr auf den Zeitpunkt des Eintretens wartet und sich nicht fragen muss, warum und wie die Wendung kommen mag. Der letzte Akt dreht dann ziemlich ab, denn es treten Monster und mystisch verklärte Geschöpfe auf, die ihrer Wirkung nach wie ein sich selber Steigern und auf ein großes Action-Highlight der Mini-Serie zusteuern Wollen daherkommen, aber nicht ins Noir-Gefühl passen.